Die Anti-AKW Bewegung von Wyhl bis heute
Auf reges Interesse stieß ein Filmabend mit Podiumsdiskussion und musikalischer Umrahmung über die Geschchte der Anti-AKW-Bewegung am Kaiserstuhl. Im vollbesetzten Café Velo hatten sich über 100 Besucher eingefunden, um anlässlich einer nunmehr 40jährigen Geschichte auf die Anfänge der Bürgerinitiativen und AKW-Bewegung am Kaiserstuhl zurückzublicken. Zur Veranstaltung eingeladen haten der fesa e.V., der BUND-Regionalverband SüdlicherOberrhein, die Anti-Atomgruppe Freiburg und ECOtrinovae.V.
Nach einer Einstimmung mit historischen Anti-AKW-Liedern von Liedermacher Roland „Buki“ Burkhart, damals und heute aktiv in der Antiatom-Bewegung, war der Höhepunkt des Abends die Vorführung des fast zweistündigen Dokumentarfilmes „´s Weschpenäscht - Die Chronik von Wyhl (1970 –1982)“ von Walter Moßmann. Wer Befürchtungen ob der Überlänge hatte, wurde positiv überrascht: Die im Film eindrucksvoll dokumentierten Bilder des sich entwickelnden Widerstandes, der Zivilcourage und des zivilen Ungehorsams und die damit verbundenen Emotionen sprang nach wenigen Minuten auf das Publikum über, an vielen Stellen wurde spontan applaudiert und immer wieder lauthals gelacht.
Hier wurde ein Stück Geschichte geschrieben und dokumentiert, in dem die Menschen im Dreyeckland die Hauptrolle spielen und das erste Mal in der deutschen Nachkriegsgeschichte die von oben verordnete energiepolitische Entwicklung der Region kritisch hinterfragen. Ein Lehrstück in Sachen bürgerschaftliches Engagement, auch bezüglich des Umgangs der Politik und der Interessensvertreter der Energiewirtschaft mit den Menschen, die ihren Interessen im Weg stehen.
Pointierter als manch eine geschliffene Rede brachten die einfachen O-Töne der Kaiserstühler auf den Punkt, dass es bei der geplanten Industrialisierung des Oberrheins um ihre nackte Existenz ging. Als Bonbon obendrauf: Ein Hochgenuss, die Kleidung, Frisuren, Autos und Straßenzüge aus den 70er Jahre zu sehen. Und während man vergnügt über die alten Bilder gluckste, fragte sich manch einer, wie den Bürgern heute die Reaktortechnik aus den 1960er und 70er Jahren, als „modern“ und „neuester Stand der Sicherheitstechnik“ verkauft werden soll.
Manch einem aus dem Publikum, und auch Jean-Paul-Lâcote als Podiumsgast hat es vor Rührung fast die Sprache verschlagen. Der Film ist ein Stück regionale Energiegeschichte, das es verdient hätte, den Weg auch in die Klassenzimmer zu finden. In der anschließenden Podiumsdiskussion mit Jean-Paul-Lâcote (BUND Regionalverband), Dr. Eva Stegen (Elektrizitätswerke Schönau) und Ingo Falk (Anti-Atomgruppe Freiburg) wurde dann der Bogen vom Widerstand in Wyhl zum heutigen Kampf gegen Atomkraft gespannt. Die Thematik ist immer noch hochaktuell angesichts von Laufzeitverlängerungen und dem geplanten Neubau eines AKWs in der Schweiz. So manches Zitat im Film, sei es von Regierungsseite, sei es von Seiten der protestierenden Bürger könnte durchaus aus der Gegenwart stammen. Vielfältige Protestformen von der Bauplatzbesetzung über Menschenketten, Anti-Atom-Spaziergänge und Internetkampagnen bis hin zum hartnäckigen Anrufen der Justiz sind nach wie vor gefragt. Nicht zuletzt kann auch ein Wechsel des Stromanbieters den Atomkonzernen die Grundlage entziehen. Denn: „Hundert Euro weniger für die Bösen und hundert Euro mehr für die Guten sind ja schon 200 Euro“, wie Eva Stegen von den Schönauer Stromrebellen bemerkte. Der gestrige Abend hat sicherlich zu neuem Elan bei den bereits Aktiven im Publikum beigetragen und die noch nicht Engagierten ermutigt. |