WWF-Studie „Zukunftstrends Ostsee“: Übernutzung und Planungsmängel bedrohen Meeresumwelt
Hamburg - Es wird eng auf der Ostsee: Mit dem Wachstum verschiedener Wirtschaftszweige wie Schifffahrt, Windenergie, Fischerei und Tourismus in allen Anrainerstaaten wächst auch die Konkurrenz um Meeresflächen und Ressourcen. Der Druck auf das Ökosystem der Ostsee erhöht sich durch mangelhafte Planung der Meeresnutzung. Es droht eine hoffungslose Übernutzung. In einem heute veröffentlichen Report „Zukunftstrends in der Ostsee“ beleuchtet der WWF fünfzehn Wirtschaftbereiche und Nutzungsansprüche an den Ostseemeeresraum für die nächsten zwanzig Jahre. Der WWF warnt vor kollidierenden Ansprüchen einzelner Wirtschaftssektoren auch untereinander und fordert daher eine integrierte und umweltschonende Raumplanung für die Ostsee.
Zu den untersuchten Wachstumsbranchen zählen Schifffahrt und Hafenausbau. Die Anzahl der Schiffe auf der Ostsee wird sich laut WWF bis 2030 voraussichtlich verdoppeln. Dabei zählt die Ostsee zählt bereits jetzt zu den weltweit am stärksten befahrenen Meeresregionen und verkraftet bis zu 15 Prozent der Weltschifffahrt. Der Transport von Öl in Tankern hat sich allein in den letzten 10 Jahren verdoppelt. Ein weiterer Anstieg bis auf 400 Millionen Tonnen Öl im Jahr 2030 wird prognostiziert. Mit dem zunehmenden Schiffsverkehr steigt auch das Unfallrisiko. Der Sektor Offshore-Windenergie könnte seine Kapazitäten nach WWF-Angaben bis 2030 um 6000 Prozent erhöhen, wenn alle bestehenden Pläne für Windfarmen umgesetzt würden. Ostseeweit würden dann 67 Windparks insgesamt ca. 25.000 Megawatt Strom erzeugen. Die ca. 150 Meter hohen Turbinen würden eine Fläche von 2.500 Quadratkilometern einnehmen. Der wachsende Platzbedarf der Windparks wird zunehmend in Konkurrenz zu Ansprüchen anderer Sektoren wie Fischerei, Schifffahrt, Tourismus, Kabeltrassen oder Pipelinebau stehen. Alle Aktivitäten haben Auswirkungen auf die Meeresumwelt.
„In diesem Dickicht aus konkurrierenden Nutzungsinteressen droht die Ostsee zu ersticken, es bleibt kein Raum für die Gesundung des Meeres“ warnt Jochen Lamp, Leiter des WWF Ostseebüros. „Die Politik muss sich vom Planungsprinzip Flickenteppich verabschieden und Meeresraumplanung zur Chefsache machen.“ Die Regierungen der Ostseestaaten müssten ein verträgliches Meeresmanagement einführen und gegenüber ihren Sektorinteressen durchsetzen. Der WWF fordert die Regierungen zudem auf, realistische Kapazitätsgrenzen für die Ostsee zu setzen. Grundlage hierfür böte der HELCOM Aktionsplan und die Definition der EU für einen guten Umweltzustand der Ostsee.
Nicht nur die Umwelt würde von besserer Planung profitieren. Die EU Kommission hat in einem Report 2009 festgestellt, dass Meeresraumplanung im EU-Raum zwischen 170 Millionen und 1,3 Milliarden Euro bis 2020 einsparen könnte, bis 2030 zwischen 418 Millionen und 1,8 Milliarden Euro. |