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Umstrittener Freiburger Riesen-Neubaustadtteil Dietenbach
Rechtliche Expertise beanstandet verbotenes Umgehungsgeschäft beim Grunderwerb und zu hohes Schuldenrisiko für die Stadt

Der Kauf der Gesellschaft Entwicklungsmaßnahme Dietenbach (EMD) der Sparkasse Freiburg Nördlicher Breisgau durch die Stadt Freiburg i.Br., wie am 31.1.2023 vom Gemeinderat gemäß Drs. G-23/024 beschlossen, ist verwaltungsrechtlich nach dem Baugesetzbuch und nach dem bürgerlichen Gesetzbuch BGB als ein verbotenes Umgehungsgeschäft einzustufen und daher beim Vertrag nichtig. Das folgt aus einer neuen rechtlichen Expertise einer angesehenen auswärtigen Kanzlei für ECOtrinova e.V., die vom RegioBündnis pro Landwirtschaft, Natur und ökosoziales Wohnen dem Regierungspräsidium Freiburg als zuständiger Kommunalaufsicht Ende März 2023 vorgelegt wurde. Oberbürgermeister Horn und der Gemeinderat der Stadt Freiburg i.Br. wurden ebenfalls angeschrieben.

Umgehungsgeschäfte, die ein gesetzliches Verbot umgehen, sind nichtig nach BGB § 134:
„Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.“

Gesetzlich verboten ist der Stadt Freiburg i.Br. nach Bundes-Baugesetzbuch § 153 Absatz 3, den Boden­eigentümern in Dietenbach Preise zu zahlen, die wesentlich über dem aktuellen Gutachterwert von 16,5 € pro Quadratmeter (qm) unerschlossenem Land liegen. Die Eigentümer wollten zu diesem Betrag fast sämtlich nicht verkaufen. Die Stadt will nun mit einer zu 100% stadteigenen Gesellschaft 64 € pro qm zahlen. Das ist der Betrag, den die Sparkasse als Dritter gezahlt hätte, wenn diese nicht kürzlich aus dem Projekt Neubaustadtteil Dietenbach ausgestiegen wäre aufgrund des ihr zu groß geworde­nen wirtschaftlichen Risikos. Eine ebenfalls verwaltungsrechtliche Stellungnahme, welche die Stadt selber in 2022 einholte, wird mit der neuen Expertise in den hier zu beachtenden Punkten widerlegt.

Außerdem ergibt sich laut der neuen Expertise kommunalrechtlich, also nach der Gemeindeordnung Baden-Württembergs ein Gebot, das Vorhaben Neubaustadtteil Dietenbach nun zu stoppen, weil das finanzielle Risiko für die Stadt viel zu groß würde. Dieser Aspekt wurde im Gutachten der Stadt nicht untersucht.
Die in Dietenbach extrem hohen Erschließungskosten bedeuten beim Maximum etwa in 2033 laut Angaben der Stadt eine neue Verschuldung von voraussichtlich rund 550 Mio. Euro. Die Gesamtschulden des „Konzerns Stadt“ würden auf deutlich über 2 Milliarden Euro steigen (DRUCKSACHE G-23/025 zum 31.1.2023, Seite 5). Es gilt als keineswegs sicher, dass aus dem Verkauf von Flächen in Dietenbach schnell genug oder überhaupt genug Einnahmen kommen, um die gewaltigen vorlaufenden Investitionen der Stadt für die Erschließung Dietenbachs zu refinanzieren. Mit Stand Anfang 2023 wären das 1,248 Milliarden Euro, rund doppelt so viel wie noch 2018 beim Beschluss für den Neubaustadtteil, mit der Tendenz, in 2023/24 um weitere 20% anzusteigen laut einer 2022er Studie von PwC Deutschland.

Schon im Juli 2022 noch vor dem weiteren steilen Anstieg der Bau- und Erschließungskosten, hatten laut Freiburger Magazin Chilli große Unternehmen der Freiburger Wohnungswirt­schaft Dietenbach mindestens für den 1. Bauabschnitt abgewunken. Die Baugrundstücke wären viel zu teuer. Die erwarteten Dietenbacher Kostenmieten von 25 €/qm – eine unbestrittene Aussage in der Ratssitzung 31.1.2023 - bzw. Ende 2024 voraussichtlich von ca. 30 €/qm wären ein Mehrfaches des Freiburger Mietspiegels von rund 10 €/qm. Sie würden über künftige Mietspiegelerhöhungen fast allen Freiburger Mieterinnen und Mietern schaden.

Die Vereinigungen des RegioBündnisses wollen mit ihrem Schritt die Natur, die Umwelt und die Landwirtschaft in Dietenbach retten sowie die Stadt und Bürgerschaft vor dem untragbaren Finanz-Risiko des Mega-Neubaustadtteils Dietenbach bewahren. Dieser würde die finanziellen und personellen Möglichkeiten für den klimaschützenden, sozialen und Wohnungen schaffenden Umbau der Stadt Freiburg i.Br. entscheidend schwächen.
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Eintrag vom: 06.04.2023  




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