Rettet Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg das umkämpfte Langmattenwäldchen mit der Stadtbahntrasse des VGH?
Uns wurde dieser Tage eine offenbar nichtöffentlich verbreitete Mitteilung der Stadt Freiburg vom 17.1.2023 zugespielt, erstellt aus Anlass unserer Medienmitteilung vom 16.1.2023 zum Betreff faktiÂsches Vogelschutzgebiet (VSG) in Dietenbach. Wir haben deshalb kürzlich erneut an das RegieÂrungsÂpräsidium Freiburg geschrieben. Dabei widersprachen wir in mehreren Punkten der irrefühÂrenden Darstellung der Stadt vom 17.1.2023, die in der Badischen Zeitung am 18.1.2023 verwendet wurde.
Erstens hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in seinem Dietenbach-Urteil von 2021 eine konkreÂte Entscheidung über das Ja oder Nein zum Vorliegen eines faktischen VSG im Fall des Dietenbacher Langmattenwäldchens geschickt umgangen. Stattdessen schlug der VGH vor, ggf. eine andere Stadtbahntrasse ins Dietenbach-Gebiet zu wählen, nämlich konkret eine Abzweigung nahe der Westrandstr. vom Ostende des Stadtteils Rieselfeld her. Das wurde bestätigt vom BundesverÂwalÂÂtungsÂgericht in 2022. Die Gerichte haben also das faktische VSG als heißes Eisen erkannt. Die „VGH-Trasse“, die das umkämpfte für seltene Vögel und Fledermäuse sehr wertvolle Langmattenwäldchen vor der Stadtbahn nebst Begleitwegen rettet, führt allerdings je nach Details der Trasse durch anderen Wald an der MundenÂhoferÂstraße. Dieser hat eine wichtige auch formelle Ausgleichsfunktion zum Bau des StadtÂteils Rieselfeld und könnte ebenfalls ein faktisches VSG sein, was zu untersuchen wäre. Laut Dietenbach-Planungen der Stadt sind für Bebauungen bei den Wäldchen weitere schädliche Rodungen vorgesehen.
Zweitens ist anders als die Stadt in ihrer Mitteilung vom 17.1. behauptet, das Thema faktisches VSG in der mündlichen Verhandlung des VGH nicht erörtert worden, dies ausweislich des VGH-Protokolls und einer umfangreichen privaten Mitschrift. Drittens sind anders als in der Mitteilung der Stadt bzw. in der Folge in der Badischen Zeitung 18.1. entnommen werden kann, ECOtrinova e.V. und dessen VorsitzenÂder Dr. Georg Löser als Privatperson weder Kläger gegen die städÂtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) Dietenbach noch klageberechtigt. Die Klage und die Schriftsätze für Landwirte als Kläger sind auch zum faktischen VSG Langmattenwäldchen von der Kanzlei der Kläger gestaltet und verantwortet.
Richtig ist dagegen, dass ECOtrinova e.V. und der NABU Freiburg e.V. mit einigen Privatpersonen vor der SEM-Klage mehrerer Landwirte die erforderliche Jederman-Rüge nach Baugesetzbuch Mitte 2019 umÂfangreich an die Stadt eingebracht haben und in der Rüge der Punkt faktisches VSG kurz enthalten ist.
Außerdem hat die Badische Zeitung leider in Ihrer Meldung vom 18.1.2023 den für die ÖffentÂlichkeit wichtigen Teil unserer Medienmitteilung 16.1.2023 zu zwei Präzedenzurteilen des BundesverÂwalÂtungsÂgerichts und des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs pro Vorliegen faktischer VSGs nicht gebracht:
Ein höchstrichterliches Urteil in 2014 gegen eine Straße durch ein faktisches Vogelschutzgebiet in einem Wald besagt: Ein Bebauungsplan für eine Straßentrasse in einem solchen Gebiet verstößt gegen das BeeinÂträchtigungsverbot der EU-VogelschutzÂrichtlinie (AZ BverwG 4 CN 3.13 ). Bei Dietenbach wären es anaÂlog die Stadtbahn mit begleitenden Rad- und Fußwegen sowie große Teile einer Haltestelle im LangÂmatÂtenwäldchen. Außerdem liegt das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Hessen von 2021 vor, mit dem der BUND-Hessen ein faktisches Vogelschutzgebiet durchsetzte (AZ 3 C 1465/16.N). Die EU-Vogelschutz-Richtlinie gilt in faktischen Vogelschutzgebieten unmittelbar und will sämtliÂche wild lebenden VogelÂarten, die in der EU heimisch sind sowie ihre Lebensräume langfristig erhalten. |