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Samstag, 23. November 2024
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Keine Feste, kein Krippenspiel, viel Stress fürs Personal
Der Mundenhof blickt auf ein schwieriges Corona-Jahr 2021 zurück und geht mit großen Plänen in die Zukunft

Freiburgs Mundenhof bleibt ein Phänomen. Hier dösen keine Löwen, trompeten keine Elefanten, recken keine Giraffen ihre Hälse. Stattdessen sieht man ungekämmte Haustiere in ihrem Element. Es gibt keine Event-Gehege mit Hautnah-Feeling, sondern artgerechte Tierhaltung, bei der manch ein Tier nur aus der Mitteldistanz zu sehen ist. Trotzdem rennt das Publikum den Kamelen, Ziegen und Buntmardern wieder die Bude ein, seit die Corona-Lage das zulässt.

Zuvor musste Freiburgs Tier-Natur-Erlebnispark aber schwere Zeiten bewältigen, wie Forstamtsleiterin Nicole Schmalfuß und das Leitungs-Duo des Mundenhofs, Susanne Eckert und Marion Bosch, heute bei der Vorstellung der Jahresbilanz 2021 bekanntgaben. Neben Veränderungen im Personal und im Tierbestand hielten vor allem wechselnde Corona-Bestimmungen den Mundenhof in Atem. Wie schon 2020 konnte auch im vergangenen Jahr keines der beliebten Mundenhoffeste stattfinden und auch kein Krippenspiel.

Zudem waren die zeitweise Auflösung der Erdmännchenhaltung und der Abgang des letzten Uhus eine Belastung für das Team der Tierpflegekräfte. Verluste eröffnen aber auch Möglichkeiten. So sind die Planungen zu einer Erneuerung und Weiterführung der Erdmännchen- und Straußenhaltung voll im Gange. Die Arbeitszeit, die durch den Ausfall der Feste, Führungen und Veranstaltungen frei wurde, hat der Mundenhof für konzeptionelle Fragen und die Weiterentwicklung betrieblicher und struktureller Voraussetzungen genutzt. Die Ausgestaltung des Betriebshofes und das Anlegen von Betriebswegen erleichtert nun besonders an besucherstarken Tagen die Arbeit und fördert die Zusammenarbeit der Bereiche.

Forstamtsleiterin Schmalfuß verwies auf die vielen krankheits- oder verletzungsbedingten Ausfälle, die die Tierpflegerinnen und -pfleger auffangen mussten: „Es tut gut zu sehen, wie stark dieses Team zusammensteht und sich gegenseitig unterstützt.“ Besonders die Betreuung des Publikums, das den Mundenhof je nach Corona-Lage als eines der wenigen offenen Freizeitangebote nutzte, erforderte viel Geschick und stellt eine Belastung für die Mitarbeitenden dar.

Baumaßnahmen

Großprojekte wie der Neubau des Buntmardergeheges sind nicht nur finanziell, sondern auch personell, organisatorisch und planerisch Herausforderungen für den Mundenhof. Umso größer war die Freude, dass 2021 die Preisverleihung des „BDZ-Bibers“, quasi des Oscars für herausragende Tierhaltungen, auf dem Mundenhof stattfinden konnte. Neben dem Gehege der Javaneraffen hat nun auch seine Buntmarderanlage diese Auszeichnung erhalten. Damit ist der Mundenhof erst der zweite deutsche Zoo, der zweimal den Biber gewonnen hat.

Nach dem Bau ist aber vor dem Bau: Die Planung für die neue Erdmännchen- und Straußenhaltung läuft längst auf Hochtouren – und ist eine diffizile Sache, da Erdmännchen in einem strengen Matriarchat leben und die Sozialstruktur der Gemeinschaft seit dem Tod der „Chefin“ auseinanderfiel. Verwandte Gruppenmitglieder paaren sich nicht weiter, fremde Tiere werden als Bedrohung wahrgenommen und sind nur schwer in die Gruppe zu integrieren. Für den Mundenhof bedeutet artgerechte Tierhaltung aber, dass alle Tiere, die zur Gruppen gehören, „Bestandsschutz“ haben: sie können bis zu ihrem Lebensende hier bleiben. Damit gab es seit Jahren keinen Nachwuchs mehr, und die Gruppe wurde altersbedingt immer kleiner. Nun hat das schnelle Ende der Haltung dieses Thema plötzlich an die Spitze der Projektplanung gerückt.

Beinahe zeitgleich verstarb der letzte verbliebene Uhu in hohem Alter. Damit geht wieder eine Ära zu Ende. Uhus haben das Bild des Mundenhofs über 40 Jahre geprägt. Das Ende der Erdmännchen-Haltung und der Tod des Uhus eröffneten nun die Möglichkeit, ganz neu zu denken, was das Mundenhof-Team auch tat. Da die Strauße dringend eine neue Stallung benötigen und die ehemalige Anlage der Erdmännchen für deren Haltung nicht optimal geeignet ist, fiel die Entscheidung für den Bau eines neuen Gebäudes, in dem Erdmännchen und Strauße, zwar getrennt in eigenen Anlagen, aber dennoch „unter einem Dach“ ein Zuhause finden. Damit rücken die afrikanischen Tiere thematisch wie räumlich zusammen, die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird optimiert und es können moderne Haltungskonzepte verwirklicht werden.

Im Zentrum des Mundenhofs stand nun die ehemalige Anlage der Erdmännchen leer. Daher fiel die Entscheidung, diese Anlage umzubauen und die Kaninchen dort einzusetzen – ein sehr schönes Projekt, verwirklicht in Eigenregie und als Gemeinschaftsarbeit von Tierpfleger/innen und Gärtner/innen. Eines Tages soll eine neue, attraktive Anlage für die Kaninchen und Meerschweinchen in der Exotischen Mitte folgen. Auch in der Kaninchenfrage ging der Mundenhof indes neue Wege. Statt der Zwergkaninchen werden nun Deutsche Riesenschecken gehalten, gemäß der Ausrichtung als Haus- und Nutztierpark. Schecken sind eine alte Haustierrasse, die in der Bevölkerung kaum bekannt ist. Dank ihrer Größe und ihrer schönen Färbung haben sie sich schnell zu Publikumsmagneten entwickelt und überraschend schnell ersten Nachwuchs produziert.

Ein Langzeitprojekt, das dank des Fördervereins verwirklicht werden konnte, ist die Krankenstation im Gebäude der Futterküche. Mit der Installation einer modernen Heizung, dem Einbau neuer Fenster und einem Tordurchbruch Richtung Nistplatz, damit kranke Tiere den Zugang zu frischer Luft und Sonne genießen können, ist der Umbau nach vielen Jahren nun weitgehend abgeschlossen. Nun fehlt noch der Bau eines Außengeheges für die Tiere, der ans neue Tor anschließt.

In der Mundenhof-Prärie wurde 2021 der Bisonzaun erhöht und die dazugehörige Präriefläche weitergestaltet. Nun blickt der Hof dem baldigen Einzug eines jungen Bisonbullens und der Wiederaufnahme der Zucht entgegen.

Tierische Entwicklungen

Die stetig steigenden Anforderungen an die Tierhaltung stellen eine immer größer werdende Herausforderung für alle Beteiligten dar. Besonders die Vorgaben zu Dokumentation und Durchführung sind für Tierärzte in mancher Hinsicht kaum noch praktikabel. So prägen regelmäßige Untersuchungen, Impfungen, Behandlungen und Begehungen samt der dazugehörigen Nachweise den Jahreslauf. Zudem ist die Tierhaltung zunehmend von Seuchen und Krankheiten betroffen, die sich international ausbreiten. Wegen der Vogelgrippe muss der Mundenhof seine Tiere zu bestimmten Jahreszeiten zurücksperren bzw. engmaschige Untersuchungen durchführen. Die Auswirkungen der nahenden Afrikanischen Schweinepest auf das Tiergehege sind nicht absehbar. Zugleich werden Rinderhaltung, Aufzucht und Transport durch die Tatsache erschwert, dass Baden-Württemberg noch im Sperrgebiet der lauzungenkrankheit liegt.

Allgemein lässt sich sagen, dass das feucht-warme Wetter zwar der Vegetation zu Gute kam und damit auch den Tieren, aber auch den Parasitendruck erhöhte. Besonders Fell- und Hautprobleme, Juckreiz und Läsionen durch Fliegen, Milben, Läuse, etc. machen dem Mundenhof zu schaffen.

Neben den Problemen gab es 2021 natürlich auch viele schöne Ereignisse. So wurde der Mundenhof wieder mit zahlreichen Lämmern beschenkt; bei den Kaschmirziegen und den Zwergziegen gab es sogar Drillinge. Das Team kümmerte sich rund um die Uhr um den Nachwuchs, sodass die meisten Aufzuchten problemlos gelangen. Das kleinste Junge bei den Zwergziegen litt an einer Entzündung am Hinterlauf, die das Bein und die Klaue angriff. Es konnte bald nur noch auf drei Beinen laufen und die Behandlung zeigte zunächst kaum Erfolg. Doch tägliches Waschen, Eincremen, Verbinden und ein langer Atem der Pflegekräfte führte zum Schluss doch zu einer Heilung. Nachdem das Zwergzicklein wieder laufen konnte, wurde es „Stampfi“ getauft und an einen schönen Platz, in einer privaten Haltung, mit viel Auslauf vermittelt. Stampfi hat gelernt, ihren Weg zu gehen.

Solche Erfolgsgeschichten helfen, die negativen Ereignisse zu verarbeiten. Denn auch davon hatte 2021 leider einige zu bieten. Im März zeigten sich beim Straußenhahn Ikarus Schwächeanzeichen. Er schwankte, fraß immer weniger und wirkte apathisch. Sofort wurden ein Tierarzt und Vogelspezialisten konsultiert, es folgten verschiedenste Untersuchungen, von Kotentnahmen bis zu Blutbildanalysen. Nichts brachte Erkenntnis. Infusionen und Medikamente zeigten keine Erfolge. Die Tierpfleger/innen versorgten ihn über viele Wochen mit Flüssignahrung, gaben ihm Spritzen und halfen ihm auf, auch an Wochenenden. Schließlich musste er dennoch leider eingeschläfert werden. Die Untersuchung ergab eine Herzschwäche mit einer damit verbundenen Entzündung.

Da die Strauße gerade in der Balz waren, führte dies bei den Hennen zu Problemen, denn sie befanden sich in der Eiablage. Trotz des Verlustes musste schnell ein anderer Hahn gefunden werden, damit die Damen keine Probleme davon trugen. Anfang Juli war es dann soweit: Kito hielt auf dem Mundenhof Einzug. Er stürzte sich gleich in die Balz und lebte sich rasch gut ein. Im neuen Stall dürfen Kito und die Seinen bald auf mehr Komfort hoffen.

Auch von der Watussi-Kuh Agathe musste sich der Mundenhof trennen. Sie erlag im Februar altersbedingten Schwächen. Dafür hat sich der Jungbulle, der im Dezember 2020 hinzukam, gut eingelebt; im Oktober kam prompt das erste Stierkalb auf die Welt. Matinga kam aus Löffingen, um die Herde der Watussi-Rinder zusätzlich zu verstärken.

Bei den Javaneraffen ging unterdessen eine Ära zu Ende – diesmal zum Glück ohne dass tote Tiere zu beklagen waren. Was aber nicht heißt, dass es besonders friedlich zuging. Das ganze Jahr über lag Unruhe in der (ansonsten stabilen) Gruppe. Immer wieder kam es zu Auseinandersetzungen, die zum Teil auch die Besucher/innen erschreckten. Der Hintergrund ist, dass die Führungsriege der Affengesellschaft ihr Rentenalter erreicht hat. Viele von ihnen sind bereits über 20 Jahre alt. So war es nur eine Frage der Zeit, bis der Nachwuchs die Machtfrage stellen würde. In solchen Zeiten ist es nicht einfach, im Hin und Her den Überblick zu behalten und sich um Jung und Alt gleichermaßen zu kümmern. Das erfordert spezielle Kenntnisse, viel Zeit und Geduld bei den Tierpflegerinnen der Exotischen Mitte. Nun ist Nyamuk, der noch zu den ersten Tieren gehört, die einst aus Basel ins damals neue Affengehege kamen, im wohlverdienten Ruhestand, und Cowok, der auf dem Mundenhof geboren wurde, hat das Ruder übernommen. Gerade ist er damit beschäftigt, seinen neuen Hofstaat zu formen.

So liegen Licht und Schatten immer nah beieinander. Die Verjüngung des Tierbestandes wird den Mundenhof auch künftig beschäftigen. Alte Tiere werden gehen, junge dazukommen. Ein schönes Signal ist die Geburt eines Javaneraffen, der genau am 1. Januar 2022 zur Welt kam. Auf dem Mundenhof wird das als gutes Omen für ein schönes Neues Jahr gewertet.

KonTiKi (Kontakt Tier Kind)

Größer denn je ist die Begeisterung in jenem Bereich, wo Kinder die Tiere nicht nur sehen, sondern auch striegeln, streicheln, füttern dürfen. Im KonTiKi stehen dafür Alpakas, Hausesel, Ziegen, Pferde (neuerdings mit „Willi von Wildbach“) und Hühner bereit. Und diese tiergestützte Pädagogik hat Corona gut überstanden: Insgesamt kamen im Vorjahr an 82 Nachmittagen 2.596 Kinder und Jugendliche; im ersten Corona-Jahr 2020 waren es 2.097 gewesen.

Wochentag / Kinder / Durchschnitt
Dienstag / 773 (767) / 28 (27)
Mittwoch / 993 (466) / 35 (17)
Donnerstag / 830 (864) / 32 (32)
Gesamt / 2.596 (2.097) /32 (25)
(In Klammern die Vorjahreswerte)

Diese Werte wurden trotz schwierigster Bedingungen erzielt: Bis Ende März 2021 blieb das KonTiKi nämlich geschlossen. Danach gab es (wie bei anderen Freizeitangeboten) Verunsicherungen, wie es weiter geht. Es dauerte jeweils Wochen, bis auch das KonTiKi wieder rund lief. Vor und nach den Sommerferien gab es dann aber viele neue Kinder und Neuanmeldungen. Offenbar hatte sich herumgesprochen, dass gerade jüngere Kinder unter den Folgen der Pandemie psychisch und physisch leiden. Einrichtungen wie das KonTiKi können diese Effekte immerhin abmildern.

An den KonTiKi-Angeboten für Schulklassen (i.d.R. Mittwoch- und Donnerstagvormittag) nahmen 54 Gruppen (Vorjahr 38) mit 835 Teilnehmenden (Vorjahr 547) teil. Da in den letzten zwei Schuljahren viele Termine ausfielen oder verschoben wurden, buchen Lehrkräfte neue KonTiKi-Termine inzwischen weit im Voraus. Bereits heute sind die Angebote für Schulklassen bis weit ins nächste Schuljahr ausgebucht
 
Eintrag vom: 03.05.2022  




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