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NABU und LBV: Turteltaube ist der Vogel des Jahres 2020
Der gefiederte Liebesbote steht auf der globalen Roten Liste

Berlin/Hilpoltstein – Sie ist ein Symbol fĂŒr die Liebe, ihre Lebensbedingungen sind aber wenig romantisch: Die Turteltaube wurde vom NABU und seinem bayerischen Partner LBV (Landesbund fĂŒr Vogelschutz) zum „Vogel des Jahres 2020“ gewĂ€hlt. Damit wollen die VerbĂ€nde darauf aufmerksam machen, dass die Turteltaube stark gefĂ€hrdet ist. „Seit 1980 haben wir fast 90 Prozent dieser Art verloren, ganze Landstriche sind turteltaubenfrei“, so Heinz Kowalski, NABU-PrĂ€sidiumsmitglied. „Unsere kleinste Taube findet kaum noch geeignete LebensrĂ€ume. Zudem ist sie durch die legale und illegale Jagd im Mittelmeerraum bedroht.“

„FrĂŒher hat man das markante Gurren der Turteltaube an jedem Dorfrand oder Flussufer gehört“, sagt Dr. Norbert SchĂ€ffer, LBV-Vorsitzender. „WildkrĂ€utersamen an Feldwegen und FeldfrĂŒchte aus Zwischensaaten boten ausreichend Nahrung. Heute brĂŒten Turteltauben hĂ€ufig auf ehemaligen TruppenĂŒbungsplĂ€tzen oder in Weinbauregionen, wo sie noch geeignete Lebensbedingungen vorfinden.“

Die Turteltaube ist der erste vom NABU gekĂŒrte Vogel, der als global gefĂ€hrdete Art auf der weltweiten Roten Liste steht. Heute brĂŒten bei uns nur noch 12.500 bis 22.000 Paare. Die meisten der höchstens 5,9 Millionen Paare Europas leben in Spanien, Frankreich, Italien und RumĂ€nien. Turteltauben sind die einzigen Langstreckenzieher unter den Taubenarten Mitteleuropas. Sie verlassen zwischen Ende Juli und Anfang Oktober Europa, um sĂŒdlich der Sahara zu ĂŒberwintern.

Die 25 bis 28 Zentimeter großen Vögel mit ihrem farbenfrohen Gefieder ernĂ€hren sich fast ausschließlich vegan. Sie bevorzugen WildkrĂ€uter- und Baumsamen. Dem Jahresvogel schmecken Samen von Klee, Vogelwicke, Erdrauch und Leimkraut. Diese Pflanzen wollen Landwirte nicht auf ihren Feldern haben. Darum hat sich die Taube seit den 60er Jahren angepasst und ihre Nahrung umgestellt. Der Anteil von SĂ€mereien aus landwirtschaftlichen Kulturen macht nun in weiten Teilen ihres Verbreitungsgebiets mehr als die HĂ€lfte der Nahrung aus statt wie frĂŒher nur 20 Prozent. Im Gegensatz zu Wildkrautsamen stehen diese aber nur fĂŒr kurze Zeit bis zur Ernte zur VerfĂŒgung und fehlen wĂ€hrend der kritischen Phase der Jungenaufzucht.

Die Intensivierung der Landwirtschaft verschlechtert die Lebensbedingungen der Turteltauben enorm – ein Schicksal, das sie mit vielen anderen Jahresvögeln teilt. Die Ausweitung von AnbauflĂ€chen geht mit einem Verlust von Brachen, AckersĂ€umen, Feldgehölzen und KleingewĂ€ssern einher. Damit verschwinden NistplĂ€tze sowie Nahrungs- und Trinkstellen. Viele Äcker werden außerdem mit Herbiziden von „Unkraut“ befreit. Doch von genau diesen AckerwildkrĂ€utern ernĂ€hrt sich die Turteltaube. Außerdem ist chemisch behandeltes Saatgut vergiftete Nahrung fĂŒr die Tauben. Der NABU kĂ€mpft seit Jahren fĂŒr eine EU-Förderung der Landwirtschaft, die Natur erhĂ€lt statt sie zu schĂ€digen.

Eine zusĂ€tzliche Bedrohung ist die Vogeljagd im Mittelmeerraum. „Wissenschaftler konnten nachweisen, dass die jĂ€hrlich mehr als 1,4 Millionen in der EU legal geschossenen Turteltauben von der Art nicht mehr verkraftet werden können. Besonders skandalös: In manchen LĂ€ndern gilt das Schießen der stark gefĂ€hrdeten Turteltauben als ,Sport‘ zum eigenen VergnĂŒgen“, so Eric Neuling, NABU-Vogelschutzexperte. Gegen Spanien und Frankreich wurden im Juli bereits Vertragsverletzungsverfahren der EuropĂ€ischen Kommission wegen des schlechten Erhaltungszustands der Art eingeleitet. Gegen vier weitere EU-LĂ€nder liegen offizielle Beschwerden vor. Dies ist notwendig, obwohl auf einem Treffen aller Mitgliedsstaaten im Mai 2018 ein Aktionsplan zum Schutz der EuropĂ€ischen Turteltaube verabschiedet wurde.

Um den gefiederten Liebesboten zu schĂŒtzen, fordert der NABU Bundesumweltministerin Svenja Schulze mit einer Petition (www.vogeldesjahres.de/petition) auf, sich neben einer verbesserten Landwirtschaftspolitik auch fĂŒr das dauerhafte Aussetzen der Abschussgenehmigungen in den EU-Mitgliedsstaaten einzusetzen.
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Eintrag vom: 11.10.2019  




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