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NABU: Verspielt der Bauernverband die Zukunft seiner Mitglieder?
Miller: EU-Agrarverhandlungen bieten Chance für natur- und sozialverträglichen Umbau der Landwirtschaft - Fahrplan für Umbau der Subventionen nötig

Berlin – Der NABU fordert den Deutschen Bauernverband zum Start des Deutschen Bauerntages in Sachsen auf, endlich die Chancen für einen sozial und umweltverträglichen Wandel der Landwirtschaft zu nutzen. Diese würden bei den laufenden EU-Agrarverhandlungen geradezu auf dem Silbertablett präsentiert. Ein Fahrplan zum ökologischen Umbau der milliardenschweren Subventionen könnte den meisten Betrieben Planungssicherheit, eine wirtschaftliche Perspektive und gesellschaftliche Wertschätzung zurückgeben. Das diesjährige Motto „Wandel braucht Verlässlichkeit“ führe der Bauernverband mit seiner Blockadehaltung jedoch bisher ad absurdum.

„Viele Branchen müssen sich in Zeiten von Klimakrise und Artensterben neu aufstellen. Aber wohl kaum eine hat dafür so viel Steuergeld zur Verfügung wie die Landwirtschaft. Leider nur theoretisch – denn statt in Lösungen für den Wandel zu investieren, verhindert der Deutsche Bauernverband eine Umverteilung der derzeit knapp 60 Milliarden Euro EU-Subventionen“, sagt NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. „Durch sein Festhalten am verschwenderischen und umweltschädlichen System der pauschalen Flächenprämien verspielt der DBV die Zukunft vieler seiner Mitglieder.“ Der NABU wirft dabei der Bundesregierung vor, bei den Haushalts- und Agrarverhandlungen in Brüssel der Linie der von DBV-Präsident Rukwied zu folgen und den Rat ihrer wissenschaftlichen Berater und der Rechnungshöfe zu ignorieren.

Bundesagrarministerin Julia Klöckner müsse nun den Mut haben, auch ohne Zustimmung des mächtigen Lobbyverbands DBV einen klaren Fahrplan für die Umwandlung der pauschalen Flächensubventionen vorzulegen und auf EU-Ebene zu vertreten. Jährlich 15 Milliarden Euro müssten dabei konkret für Naturschutzmaßnahmen fließen, damit sich der Erhalt der Artenvielfalt für Landwirte auch lohne. Hierfür müssten sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Olaf Scholz in Brüssel einsetzen, wo im Herbst über den EU-Haushalt für das nächste Jahrzehnt verhandelt wird.

Ein Fahrplan für eine zukunftsfähige und nachhaltigere EU-Agrarpolitik, die künftig die Leistung für den Naturschutz statt rein pauschal die Fläche honoriert, könne sich zudem positiv auf den Stellenwert der Landwirtschaft in der Gesellschaft auswirken, indem ihre wichtige Funktion für den Erhalt der Kulturlandschaft wieder in den Blickpunkt rückt. Vermutlich würden sich die Landwirtinnen und Landwirte dann auch wieder besser vom DBV und der Landwirtschaftsministerin vertreten fühlen. Eine forsa-Umfrage unter Landwirten zeigt, dass sich nur zwei Prozent der Bäuerinnen und Bauern vom DBV gut vertreten fühlen, 56 Prozent hingegen fühlen sich schlecht oder eher schlecht vertreten. Doch auch von Julia Klöckner fühlen sich zwei Drittel der Landwirte schlecht repräsentiert. Die Umfrage zeigt ebenfalls auf, dass 87 Prozent der Landwirte bereit wären, mehr für den Naturschutz zu tun, wenn dies entlohnt würde.

Dass der DBV die Zukunft der Betriebe durch immer weitere Produktionssteigerungen sehe und Umweltproblemen vor allem mit technischen Hilfsmitteln begegnen wolle, werde laut NABU den Ansprüchen der Gesellschaft und auch vieler Landwirte nicht mehr gerecht. Zu einer nachhaltigen Bewirtschaftung von Grün- und Ackerland seien pro Betrieb mindestens zehn Prozent nicht-produktiver naturnaher Flächenanteile notwendig. Zusätzlich müssten Extensivierungsmaßnahmen gefördert werden. In diesem Zusammenhang hat der NABU konkrete Forderungen an die zukünftige Ackerbaustrategie der Bundesregierung formuliert.

NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller: „Der DBV hat jetzt die Möglichkeit zu zeigen, dass er die Erwartungen und Wünsche der Gesellschaft verstanden hat und sich auf den Weg hin zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft machen will. Dies bedeutet, dass wir vor allem mehr Raum für die Natur in Form von Brachen, Säumen und Hecken brauchen. Außerdem muss das Problem der Überdüngung und zu hoher Pestizideinsätze schnell und ehrgeizig angegangen werden. Bisher hat sich, wenn überhaupt, nur die Rhetorik des DBV verändert. Grundsätzlich schwingt bei allem aber immer noch eine Anspruchshaltung mit, die von gestern ist. Der Steuerzahler kann für sein Geld mehr Umweltleistungen erwarten, nicht der Agrarsektor noch mehr Geld frei Haus vom Staat.“
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Eintrag vom: 27.06.2019  




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