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Schlechte Grundwassersituation am Oberrhein
Die verdünnte Spitze der Grundwasser-Versalzungs-Fahne der elsässischen Kaliminen ist längst in Breisach angekommen, doch nicht die Verursacher tragen die Kosten für die bereits entstandenen, massiven Schäden und für die geplanten 4,7 Millionen Euro Anschlusskosten an den Brunnen in Hausen, sondern die Menschen in Breisach und das Land Baden-Württemberg.

Eine umfassende, aufwendige, grenzüberschreitende Studie "GRENZÜBERSCHREITENDE BESTANDSAUFNAHME DER GRUNDWASSERQUALITÄT IM OBERRHEINGRABEN", die in den Medien erstaunlicherweise fast keine Resonanz gefunden hat, zeigt die massiven Grundwasserprobleme überdeutlich.

"Insgesamt wurden 172 Parameter an über 1‘500 Messstellen von Basel bis Mainz analysiert.(...) Die Untersuchungen ergaben ein breites Spektrum von Schadstoffen menschlichen Ursprungs im Grundwasser. Bei wenigstens einem der gemessenen Parameter erfüllten 44 % der Grundwassermessstellen im Oberrheingraben die gemeinsamen Kriterien für Trinkwasserqualität nicht. Im Vergleich zu 2009 ist keine Verbesserung der allgemeinen Grundwasserbeschaffenheit festzustellen", schreiben die Verfasser der Studie in einer Pressemitteilung. "Nitrat ist nach wie vor der Stoff mit den meisten Grenzwertüberschreitungen im Grundwasser des Oberrheingrabens und nur hier gab es zumindest in Baden Württemberg minimale Verbesserungen. Die Räume nördlicher Kaiserstuhlrand und Markgräflerland, der Westrand des elsässischen Grundwasserleiters sowie der Norden des Untersuchungsgebietes sind hinsichtlich des Grenzwertes von 50 mg/Liter weiterhin problematisch. Pflanzenschutzmittel und ihre Abbauprodukte wurden im Untersuchungsgebiet flächendeckend nachgewiesen. Fast 90% der untersuchten Pflanzenschutzmittelwirkstoffe und Abbauprodukte, für die es einen Trinkwassergrenzwert gibt, wurden in einem Viertel des Messnetzes mindestens einmal gefunden. Neuartige Spurenstoffe wurden erstmals in dieser Größenordnung untersucht. Einige dieser Substanzen waren im Grundwasser des Oberrheingrabens häufig nachweisbar."

Für BUND-Geschäftsführer Axel Mayer zeigt diese Studie, dass in Sachen Grundwasser viel geredet und wenig gehandelt wird. In den letzten 50 Jahren hat der Druck des BUND und der Umweltbewegung dazu geführt, dass es in vielen Umweltbereichen große Fortschritte gegeben hat (Luftreinhaltung, Wasserqualität der Fließgewässer...), doch in Sachen Grundwasserqualität ist der ökologische Fortschritt langsamer als eine Schnecke.

Die massiven Probleme zeigen sich in Südbaden an vielen aktuellen Einzelbeispielen:

- Seit dem Jahr 1997 engagiert sich der BUND für die Sanierung der Salz-Abraumhalde in Buggingen. Die jetzt bekannt gewordenen Eintragsmengen von bis zu 2,5 Tonnen Salz/täglich(!) ins Grundwasser übertreffen bei weitem unsere schlimmsten Befürchtungen und werfen ein Schlaglicht auf das absolute Versagen der Behörden. An der skandalösen Verzögerung der Sanierung zeigt sich das geringe Interesse am Grund- und Trinkwasser überdeutlich.

- Erschreckend sind die gezielt ablenkenden Nischendebatten, die mit großer Heftigkeit geführt werden. Während wir reale, massive Probleme mit Nitrat, Salz, Pflanzengiften und neuartigen Spurenstoffen haben, wird im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald über die scheinbaren "Gefahren" von Windrädern für das Grundwasser heftigst diskutiert. Wir erleben nicht nur an diesem Beispiel, wie immer häufiger mit vorgeschobenen Umweltargumenten vollkommen andere Ziele verfolgt werden.

- Seit Dezember 2018 haben die Menschen in Wyhl endlich wieder trinkbares, nitratärmeres Wasser, aber das Grundproblem, die landwirtschaftsbedingte Nitratbelastung der Böden und des Wassers, wurde nicht gelöst. Jetzt wird das Wyhler Trinkwasser zu 100 Prozent vom Tiefbrunnen Sasbach bezogen.

- Vermischen und verdünnen ist das Grundprinzip der scheinbaren Sanierung, nicht nur in Wyhl. Der Oberrhein-Aquifer ist mit einem Volumen von geschätzt 45 Milliarden Kubikmetern einer der bedeutendsten Grundwasserspeicher Mitteleuropas und dennoch sind die Gemeinden Herbolzheim, Endingen, Rheinhausen, Sasbach und Weisweil gezwungen eine Ringleitung zu planen, um die Wasserversorgung zu sichern.

- Im Elsass könnte sich die marode Giftmülldeponie Stocamine zu einem großen Grundwasserproblem entwickeln. Es kommt die SteuerzahlerInnen schon jetzt teuer zu stehen, dass die frühen Warnungen von Alsace Nature und BUND in der Planungsphase der Giftmülldeponie nicht gehört wurden.

- In der Schweiz sehen wir mit wachsender Sorge die grundwassergefährdenden atomaren Endlagerpläne im Rheineinzugsgebiet in einer -im internationalen Vergleich- viel zu dünnen Schicht Opalinuston.

Die neue, fast unbeachtete Studie "GRENZÜBERSCHREITENDE BESTANDSAUFNAHME DER GRUNDWASSERQUALITÄT IM OBERRHEINGRABEN" bestärkt den BUND Regionalverband in seiner jahrzehntelangen Kritik. Ähnliche, zugegeben nervtötende Dauerkritik hat in vielen anderen Umweltbereichen den ökologischen und technischen Fortschritt beschleunigt. Vielleicht sind die angekündigten europäischen Bußgelder für Grundwassersünden hilfreich.

Wie immer wieder in den letzten Jahrzehnten drängen wir auf eine echte Sanierung der vielfältigen Probleme, auf Sanierungen, die bei den Schadstoffeinträgen in Buggingen, auf den Äckern und anderswo ansetzen müssen und auf eine Anwendung des Verursacherprinzips, auch bei den großen Grundwasserverschmutzern.

Wasser braucht auch in Südbaden und im Elsass eine stärkere Lobby. Die Ursachen der Belastungen sind zwischenzeitlich ausreichend bekannt. Jetzt braucht es Taten und Engagement von Politik und Behörden, um konsequenter gegen die Ursachen der Grundwasserbelastung vorzugehen und um zukünftige Gefährdungen zu vermeiden.

Axel Mayer, BUND-Geschäftsführer
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Eintrag vom: 01.05.2019  




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