Praktikabler Herdenschutz anstelle von Scheindebatten
Berlin/Bremen – Der NABU appelliert zum Treffen der Umweltminister an Bund und Länder, das Thema Herdenschutz endlich in den Fokus zu rücken, um eine möglichst konfliktarme Koexistenz von Mensch, Weidetier und Wolf zu ermöglichen.
„Wolf und Weidehaltung schließen sich nicht aus. Herdenschutz ist das A und O für das Zusammenleben mit Wölfen. Deshalb müssen Weidetierhalter, die in Herdenschutz investieren, grundlegend finanziell unterstützt und beraten werden. Das Wildtier Wolf kennt keine Landesgrenze. Wir erwarten, dass die Länder über ihre Grenzen hinaus zusammenarbeiten, um gemeinsame Standards im Herdenschutz zu entwickeln. Daneben ist die aktive Mitarbeit der landwirtschaftlichen Verbände notwendig, um den Herdenschutz auch praxisnah umsetzen zu können“, sagt NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller anlässlich der Umweltministerkonferenz in Bremen.
Weidetierhaltung ist aus Sicht des NABU unersetzbar für den Erhalt des Dauergrünlands und der biologischen Vielfalt. Dass heute aber immer weniger Kühe auf Weiden zu sehen sind, ist nicht dem Wolf, sondern der verfehlten Agrarpolitik geschuldet. Der Wolf ist in vielen Fällen, besonders für die Schäferei, der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Die grundlegend prekäre Situation der Weidehaltung darf durch den Wolf nicht vertuscht werden. Der NABU arbeitet beim Thema Wolf bereits aktiv mit Weidetierhaltern zusammen und sucht gemeinsam nach praktikablen Lösungen. Hier ist insbesondere das Bundeslandwirtschaftsministerium gefordert, neben bestehenden und bewährten Herdenschutzpraktiken auch die Erforschung neuer intelligenter Herdenschutzkonzepte zu fördern.
„Das Artenschutzrecht lässt es bereits heute zu, Wölfe, die von Experten als verhaltensauffällig eingestuft werden, zu entnehmen. Ständige Forderungen nach einer Bejagung von Wölfen schießen jedoch konsequent am Ziel vorbei und lenken von den eigentlichen Herausforderungen im Herdenschutz ab. Denn es ist unerheblich, ob sich ein oder zehn Wölfe in einem Gebiet befinden: solange Weidetiere ungeschützt bleiben, sind und bleiben sie leichte Beute“, so NABU-Leiterin Artenschutz Claudia Grünewald.
Wer als Gesprächspartner ernst genommen werden wolle, sollte bei den Fakten bleiben und dürfe nicht länger wissenschaftliche Erkenntnisse oder juristische Tatsachen im Sinne der eigenen Interessen verdrehen und instrumentalisieren. Die Bejagung der Wölfe in Finnland und Schweden sei EU-rechtswidrig. Gegenwärtig seien deshalb vom EuGH Verfahren gegen Schweden und Finnland anhängig bzw. eingeleitet worden Die Bundesrepublik Deutschland wäre schlecht beraten, diesen Beispielen blind zu folgen. Zumal damit den beteiligten Interessengruppen am wenigsten geholfen sei. „Bund und Länder dürfen bisherige Versäumnisse im Herdenschutz nicht länger ignorieren und müssen sich endlich für die Belange der Weidetierhalter einsetzen“, so Grünewald. |