Neue Bundesregierung muss Kohleausstieg beschließen
Berlin, 09.11.2017. Über 60 Umwelt- und Entwicklungsverbände sowie Landeskirchen fordern von den heutigen Jamaika-Sondierern ein klares Bekenntnis zum schnellen Ausstieg aus der Kohle. In ihrem jüngst vorgelegten Klimaschutz-Sofortprogramm verlangt das zivilgesellschaftliche Bündnis von der neuen Bundesregierung sofortige Maßnahmen, um das Klimaziel bis 2020 zu erreichen und 40 Prozent weniger Treibhausgase als 1990 auszustoßen. Geschieht in den kommenden zwei Jahren nichts, so wird Deutschland nach Berechnungen des Bundesumweltministeriums seine Ziele um mindestens acht Prozentpunkte verfehlen. Dies wäre ein klimapolitischer Offenbarungseid, mit dem auch die internationale Glaubwürdigkeit Deutschlands endgültig verspielt würde.
„In Bonn wie in Berlin stehen in diesen Tagen entscheidende Weichenstellungen an: Auf der internationalen Bühne der Weltklimakonferenz ist ein klares Bekenntnis für die Umsetzung des Pariser Klimavertrags erforderlich, während bei den Sondierungen die Einhaltung der nationalen Klimaziele Priorität haben muss. Nur durch einen sehr steilen CO2-Minderungspfad und ein Klimaschutz-Sofortprogramm können wir das Ziel für 2020 noch erreichen. Tun wir das nicht, machen wir uns gegenüber kommenden Generationen schuldig“, sagt DNR-Präsident Kai Niebert.
Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger erklärt: „Wir nehmen die Bundeskanzlerin beim Wort, dass das Klimaziel 2020 eingehalten wird. Das hat klimapolitische Konsequenzen für die Kohleverstromung. Wir schlagen vor, alle Kohlekraftwerke, die vor 1990 ans Netz gegangen sind, in den nächsten zwei Jahren stillzulegen. So werden die Kohlekapazitäten im Jahr 2020 halbiert und kurzfristig so viel CO2 eingespart wie nötig. Eine Jamaika-Koalition darf nicht ohne die Festlegung eines zeitnahen Kohleausstiegs besiegelt werden, sonst werden auch alle künftigen Klimaziele zur Makulatur.“
Michael Schäfer, Leiter Energie und Klima beim WWF, sagt: „Deutschlands CO2-Ausstoß ist seit acht Jahren nicht mehr gesunken. Ein Koalitionsvertrag ohne Kohleausstieg wäre inakzeptabel. Das Pariser Klimaziel bedeutet konkret: Die Bundesregierung muss allein im Kohlesektor bis 2020 100 Millionen Tonnen CO2 einsparen.“
NABU-Präsident Olaf Tschimpke erklärt: „Der Kohleausstieg ist unverzichtbar, weil in den vergangenen Jahren im Verkehrs- und Wärmesektor keine wirksame Klimaschutzpolitik erkennbar war. Auch in diesen Sektoren müssen nun dringend die richtigen Weichen gestellt werden, um die Sanierungsquote endlich substanziell zu steigern und die Verkehrswende einzuleiten.“
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), äußert sich wie folgt: „Das Ausbautempo der Erneuerbaren Energien muss bis 2020 verdoppelt werden. Außerdem müssen sich die Koalitionspartner auf eine steuerliche Förderung der Gebäudedämmung und die Einführung eines CO2-Preises einigen. Diese Sofortmaßnahmen sind die Voraussetzung dafür, dass die Klimaziele erreicht werden und der neue Koalitionsvertrag den Klimatest besteht.“
Der politische Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph Bals, erklärt: „Neben dem schnellen Einstieg in den Kohleausstieg muss die neue Bundesregierung ein Modernisierungsprogramm für eine zukunftsfähige Wirtschaft vorlegen. Dieses muss den Rahmen vorgeben und die Instrumente benennen wie die Klimaziele 2030 der einzelnen Sektoren zu erreichen sind. Dies forderten auch jüngst über 50 Unternehmen der deutschen Wirtschaft, die davon überzeugt sind, dass ökologisches Handeln und ökonomische Chancen zusammengehören.“
Neben der zusätzlichen Abschaltung von 50 Prozent der Kohlekraftwerkskapazitäten bedarf es auch eines Schnellstarts in allen anderen Sektoren. Die kommende Regierung muss den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen, eine echte Effizienz- und Wärmewende auf den Weg bringen und die Landwirtschafts- wie Verkehrspolitik neu ausrichten. |