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NABU: Stopp des Artenschwunds muss Kanzlersache werden
Neuer EU-Naturschutzfonds muss Landwirte für Anstrengungen im Naturschutz belohnen

Anlässlich des heute von der Bundesregierung veröffentlichten zweiten Rechenschaftsbericht zur Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt weist der NABU auf gravierende Versäumnisse der Großen Koalition beim Schutz von Arten und Lebensräumen hin. Insbesondere in der Agrarlandschaft befänden sich viele Arten im freien Sinkflug. Dazu NABU-Präsident Olaf Tschimpke:

„Die von der Regierung herausgestellten Naturschutz-Erfolge dürfen nicht darüber hinwegtäuschen: Wir verlieren weiter Vögel, Insekten und ihre Lebensräume in atemberaubenden Tempo. In Deutschland steht etwa das früher häufige Rebhuhn kurz vor dem Aussterben. Auch Hummeln, Schmetterlinge und artenreiche Wiesen werden immer seltener. Mit jeder Art, die verschwindet, löst sich eine weitere Masche aus dem Netz der Natur. Doch von diesem funktionierenden Netz sind wir Menschen und die Wirtschaft hochgradig abhängig. Statt diese tickende Zeitbombe zu entschärfen, hat sich die Große Koalition in Ressortkonflikten verstrickt.“

Zwar habe die Umweltministerin das wichtige EU-Naturschutzrecht erfolgreich verteidigt und gute Konzepte für die Agrarpolitik und die Finanzierung des Naturschutzes vorgelegt. Doch ihre Kollegen aus dem Landwirtschafts- und Verkehrsministerium seien dazu in Blockadehaltung gegangen. „Dieses Gerangel hat Geld und Zeit gekostet, die wir nicht haben. Arten, die aussterben, kommen nicht zurück. Die Rettung unserer Artenvielfalt muss daher künftig zentral vom Kanzleramt koordiniert werden“, forderte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Die Umwelt- und Naturschutzpolitik in Deutschland müsse endlich stärker als Querschnittsaufgabe verstanden werden.

Es führe auch kein Weg daran vorbei, dass die Bundeskanzlerin den Landwirten reinen Wein einschenke. „Ohne eine echte Wende in der Agrarpolitik verlieren wir nicht nur Arten, sondern auch immer mehr Höfe. Daran kann keiner ein Interesse haben“, so Tschimpke.

Der NABU fordert daher, die EU-weit rund 60 Milliarden Euro an Subventionen für die Landwirtschaft künftig nicht mehr per Gießkanne zu verteilen. Das bisherige System habe den Artenschwund weiter befeuert und zu einer noch stärkeren Ausbeutung der Natur geführt. Stattdessen sollten die vorhandenen Gelder sinnvoll umgeschichtet und zum Vorteil von Natur und Landwirtschaft gleichermaßen genutzt werden. So könnten mithilfe eines neuen EU-Naturschutzfonds in Höhe von 15 Milliarden Euro Landwirte durch konkrete Umweltschutzleistungen ein zusätzliches Einkommen erzielen. „Die künftige Bundesregierung muss sich für eine solche Änderung auf EU-Ebene einsetzen. Was hierzu im neuen Koalitionsvertrag steht, hat Signalwirkung für die gesamte EU“, so Tschimpke.

Mit Blick auf die alarmierenden Hinweise, dass derzeit ein massives Insektensterben vor sich geht, fordert der NABU erstmals ein bundesweites Insekten-Monitoring aufzubauen. Dieses müsse flächendeckende Erkenntnisse liefern, wie es der Insektenwelt in Deutschland geht, um auch entsprechende Schutzmaßnahmen ableiten zu können. Zudem müsse der Einsatz von Pestiziden dringend verringert werden.

Der NABU fordert darüber hinaus, künftig auch den Handel und Verbraucher stärker in der Agrarpolitik einzubeziehen. Zielgerichtete Investitionen sollten dazu beitragen, dass Landwirte hochwertige Lebensmittel naturverträglich produzieren und auch zu fairen Preisen verkaufen können.
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Eintrag vom: 03.08.2017  




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