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 |  |  |  |  |  | Win-Win-Situation für Kommunen, Landwirte und Ökologie |  | Freiburg und Vogtsburg schließen eine modellhafte Stadt-LandPartnerschaft 
 Ökologische Ausgleichsmaßnahmen auf Vogtsburger Böschungen für Bauvorhaben der Stadt Freiburg
 
 Für die dringend benötigten Wohnbauflächen in Freiburg werden für
 deren Bau in Naturflächen eingegriffen, für die die Stadt Freiburg an
 anderer Stelle Ausgleich schaffen muss.
 
 Dafür hat sie nun mit der Stadt Vogtsburg im Kaiserstuhl einen
 starken Partner gefunden. Vogtsburg stellt Freiburg eigene
 Böschungsflächen zur Verfügung, damit Freiburg „ökologische
 Ausgleichsmaßnahmen“ vornehmen und damit Ökopunkte
 generieren kann. Die Grundlage dafür bildet ein Pflege- und
 Entwicklungskonzept, das der Landschaftserhaltungsverband
 Breisgau-Hochschwarzwald (LEV) erarbeitet hat.
 
 Durch die Aufwertung der Böschungen in Vogtsburg kann die Stadt
 Freiburg 1,972 Millionen Ökopunkte (ÖP) generieren. Feststeht
 bereits, dass diese zur teilweisen Deckung des durch den
 Bebauungsplan des SC-Stadions erforderlichen Ausgleich verwendet
 werden.
 
 Modellhafte Partnerschaft in der Region
 Diese Stadt-Land-Partnerschaft haben Vertreter und Vertreterinnen
 der Städte Freiburg und Vogtsburg, des Landkreises BreisgauHochschwarzwald
 und des Badischen Landwirtschaftlichen
 Hauptverbandes heute bei einem Pressetermin in Vogtsburg
 vorgestellt. Dabei hob Otto Neideck, Erster Bürgermeister der Stadt
 Freiburg, hervor, dass es sich hier „um eine erstmalige und bisher
 einzigartige Zusammenarbeit in unserer Region handelt“.
 
 Der Bürgermeister von Vogtsburg im Kaiserstuhl, Benjamin Bohn,
 war im September 2015 auf Freiburger Vertreter zugekommen und
 hatte angezeigt, dass die Böschungsflächen in seiner Stadt viel
 Potential zur ökologischen Aufwertung bieten. „Für Vogtsburg stellt
 die Pflege der kommunalen Böschungen eine große
 Herausforderung dar“, sagt Bürgermeister Bohn. Für Freiburg sind
 sie aber interessant, so EBM Neideck: „Wir suchen ja stetig Flächen
 für Ausgleichsmaßnahmen, die sich aus unserer Bauleitplanung
 ergeben. Auch der Bebauungsplan zum SC-Stadion am Flugplatz
 macht einen umfangreichen Ausgleich für den Eingriff in Natur und
 Landschaft erforderlich.“
 
 Das Freiburger Amt für Liegenschaften und Wohnungswesen hatte
 daraufhin in Abstimmung mit dem Stadtplanungsamt und dem
 Umweltschutzamt die Kooperation zwischen Vogtsburg und Freiburg
 vertraglich entwickelt und ausgearbeitet. Sie sieht vor, dass
 Vogtsburg der Stadt Freiburg 33 Hektar gemeindeeigene WeinbergBöschungen
 für den Öko-Ausgleich zur Verfügung stellt.
 
 Die Böschungen liegen am Badenberg auf der Gemarkung
 Bischoffingen, Oberbergen und Oberrotweil sowie am Scheibenbuck
 bei Schelingen. Ein Betrieb des Landschaftserhaltungsverbands
 (LEV) wird die Herstellung, Aufwertung und Pflege begleiten und ihre
 Entwicklung überwachen. Die Stadt Freiburg wird mit dem LEV die
 Maßnahmen koordinieren. Die Gesamtlänge der betroffenen
 Böschungen beträgt nach Schätzung des LEV knapp 20 Kilometer.
 
 Für die ersten 30 Jahre sind Kosten von ca. 2,1 Millionen Euro
 veranschlagt, Vogtsburg erhält eine Entschädigung infür die
 Bereitstellung der Böschungsflächen.
 
 Stimmen zur neuen Partnerschaft
 Vor Ort wurde heute hervorgehoben, dass diese Stadt-LandPartnerschaft
 viele Nutznießer habe. Insgesamt können damit
 Konflikte mit Landwirten vermieden werden, da keine für die
 Landwirtschaft wertvollen Flächen, sondern nicht nutzbare
 Böschungsflächen in Anspruch genommen werden. Zudem ist der
 Kaiserstuhl als Naherholungsgebiet auch bei der Freiburger
 Bevölkerung beliebt, die sich dann an den aufgewerteten
 Böschungen erfreuen kann.
 
 Bürgermeister Benjamin Bohn sagte: „Das Ergebnis dieser
 interkommunalen Vereinbarung ist eine Stadt-Land-Partnerschaft,
 von der beide Seiten profitieren. Es ist eine Win-Win-Situation für
 beide Kommunen, aber auch für die Landwirtschaft und die
 Artenvielfalt am Kaiserstuhl. Dies kann gerne der Anfang einer
 Partnerschaft mit weiteren Kooperationen dieser Art werden.“
 
 Landrätin Dorothea Störr-Ritter, die auch dem erwähnten
 Landschaftserhaltungsverband des Landkreises BreisgauHochschwarzwald
 vorsitzt, betont: „Dass diese für alle Seiten nur
 gewinnbringende Partnerschaft zwischen Stadt und Umland
 entstehen konnte, ist vor allem dem Einsatz des
 Landschaftserhaltungsverbandes zu verdanken. Darauf bin ich stolz.“
 
 Werner Räpple, Präsident des Badischen Landwirtschaftlichen
 Hauptverbands (BLHV), wies darauf hin, dass hier im Interesse der
 Landwirtschaft erstmalig ein besonders flächenschonendes
 Verfahren zum Einsatz komme: „Das ‚Vogtsburger Modell‘ entspricht
 der Überzeugung des südbadischen Bauernverbandes, dass für
 erforderliche Ausgleichsmaßnahmen keine für die Landwirtschaft
 wertvollen Flächen wegfallen sollen.“ Durch die Pflege der
 Weinbergböschungen werden die Flächen naturschutzfachlich
 aufgewertet, anstatt wertvolle Ackerflächen in Anspruch zu nehmen.
 Die Linie des BLHV sei bekannt: „Landwirtschaftlich genutzte
 Flächen sind die Basis unserer Lebensmittelproduktion und unserer
 Familienbetriebe. Deshalb sollte der Naturschutzausgleich stärker
 durch die Aufwertung und Folgepflege solcher Flächen bereitgestellt
 werden.“
 
 Premiere für diese Art der Stadt-Land-Partnerschaft
 Mit dem „Vogtsburger Modell“ einer direkten bilateralen Stadt-LandPartnerschaft
 betreten die Kommunen im Südwesten Neuland. Eine
 ähnliche Kooperation ist aus dem östlichen Bodenseeraum bekannt.
 Zwischen Ravensburg und Friedrichshafen haben sich mehrere
 Gemeinden zum „Regionalen Kompensationspool BodenseeOberschwaben
 GmbH“ zusammengeschlossen und planen
 Ausgleichsprojekte übergreifend (Näheres auf
 www.friedrichshafen.de).
 
 Grundsätzlich sind solche Partnerschaften zwischen Freiburg und
 Umlandgemeinden auch künftig für Ausgleichsmaßnahmen weiterer
 Bauvorhaben in Freiburg denkbar und für alle Beteiligten
 zweckmäßig. Allerdings sind bei jedem Vorhaben dessen besondere
 Belange zu berücksichtigen. In jedem Fall sind sich Freiburg und
 Vogtsburg darin einig, dass man hierzu weiter im Kontakt bleibt, um
 zu versuchen, weitere solche Projekte zu realisieren.
 
 Warum muss man Böschungen „aufwerten“?
 Nach Auskunft des Landschaftserhaltungsverbandes BreisgauHochschwarzwald
 (LEV) ist die Artenvielfalt auf den Rebböschungen
 im Kaiserstuhl geringer als auf gleich exponierten Hanglagen im
 Bereich Alt-Vogtsburg. Das hatte jüngst auch eine Masterarbeit der
 Uni Freiburg gezeigt. Dies liegt an fehlenden Arten und fehlender
 Aufwertungspflege. Die Natur im Kaiserstuhl, einer sehr alten
 Kulturlandschaft, hängt vom Einfluss des Menschen ab. Daher
 umfassen die jetzt vom LEV vorgesehenen Maßnahmen nicht nur
 eine einfache Pflege, sondern auch die Mahd, Beweidung und
 selektive Gehölzpflege. Ziel ist der Übertrag von Arten von
 angrenzenden Naturschutzgebieten.
 
 Bisher werden die Böschungen nur im nötigsten Maße gepflegt. Eine
 gezielte Erhaltung und Förderung der Artenvielfalt findet (noch) nicht
 statt.
 
 Die Steilheit der Hänge erschwert die Pflege, ist aber gerade für
 wärmeliebende Tier- und Pflanzenarten besonders attraktiv. Ohnehin
 ist der Kaiserstuhl für seine seltenen, wärmeliebenden Arten
 bekannt. Einige davon können nur bei entsprechender Aufwertung
 der Flächen leben. Der LEV ist in der differenzierten
 Böschungspflege bewandert und gewährleistet die dauerhafte
 fachliche Betreuung der Maßnahmen in seinem Zweckbetrieb.
 
 Derzeit sind die Böschungen noch nicht sehr artenreich oder gut
 ausgebildet. So gibt es auf vielen Flächen große Bestände der
 nordamerikanischen Riesen-Goldrute, einem Neophyt, der durch
 Mahd und Samenübertrag gut ersetzt werden kann. Ziel ist die
 Entwicklung großflächiger artenreicher Magerrasen durch Mahd,
 Samenübertrag und teils auch Beweidung mit Schafen. Dafür will der
 LEV samenreiches Heu und Samen, die bei der Pflege der
 Naturschutzgebiete im Kaiserstuhl entstehen, gezielt auf diese
 Böschungen übertragen. So können sich dort künftig Arten wie
 Kugelblume, Wiesen-Salbei, Kartäusernelke, Sonnenröschen,
 Goldhaar-Aster und Kleiner Wiesenknopf ansiedeln, die als typisch
 für die Mager- und Trockenrasen gelten und auf den Rebböschungen
 an vielen Stellen noch fehlen.
 |  |  |  |  | Eintrag vom: 27.07.2017 |  |  | 
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