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Murks im Nahles-Gesetz

Am 7. Juli soll der Bundesrat das neue „Betriebsrentenstärkungsgesetz" (BRSG) absegnen. Damit soll der Weg freigemacht werden für Betriebsrenten – im Gesetz „Zielrenten“ genannt –, bei denen es keine Garantie für das von den Arbeitnehmern eingezahlte Kapital und die in Aussicht gestellte Rentenleistung gibt. Sogar laufende Betriebsrenten können noch gekürzt werden.

Betriebsrenten ohne Garantien soll es ab 2018 aber nicht nur bei Entgeltumwandlung geben. Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt hebelt das neue Gesetz auch die Kapitalerhaltgarantie für Riester-Verträge aus. Denn auch für betriebliches Riestern entfallen künftig alle Garantien.

Ob das gewollt oder ein handwerklicher Fehler im Gesetz ist, der von Politkern und Experten trotz der nunmehr fast zweijährigen Beratung schlicht übersehen wurde, darüber lässt sich derzeit nur spekulieren. Fakt ist: Der Kapitalerhalt zu Rentenbeginn ist bislang eines der wichtigsten Kriterien von Riester-Verträgen. Schließlich soll die staatlich geförderte Zusatzvorsorge wegfallenden staatliches Renteneinkommen ersetzen. Da ist Verlässlichkeit oberstes Gebot. Mehr noch: Ein Produkt, dass diese Zusage nicht erfüllt, ist derzeit gar nicht förderfähig. Dafür darf der Staat weder Zulagen noch Steuervorteile gewähren.

Weiteres Problem: Betriebliche Riester-Zielrenten werden für Arbeitnehmer sogar noch viel riskanter sein als Zielrenten aus Entgeltumwandlung. Denn wenn der Arbeitnehmer riestert, muss der Betrieb nicht einmal den sonst vorgeschriebenen Zuschuss in Höhe von 15 Prozent des Arbeitnehmerbeitrags spendieren. Arbeitnehmern bleibt daher nur die Wahl, betrieblich zu riestern und auf Zuschüsse zu verzichten oder Entgeld umzuwandeln, was allein deswegen unbeliebt und unattraktiv ist, weil sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer auf die spätere Betriebsrente die doppelten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil) zahlen müssen.

Attraktiv ist das von der SPD-Ministerin Nahles verantwortete neue Gesetz nur für die Arbeitgeber, die aus der Haftung für die Renten entlassen werden und mit der Riester-Zielrente zudem ein deutlich preiswerteres Modell geschenkt bekommen.

Welche Risiken in den neuen Zielrenten ohne Garantie darüber hinaus stecken, verrät ein Blick über die deutsche Grenze auf das holländische Pensionsfondssystem. Dort wurden vergleichbare kollektive Betriebsrenten schon vor Jahren eingeführt. Doch während sich die Fonds bis 2008 zunächst ausgesprochen gut entwickelten, gingen die Erträge in den Folgejahren spürbar zurück. Daher wies die niederländische Nationalbank 2013 erstmals 66 der insgesamt 415 Pensionsfonds an, auch bei den laufenden Renten zu kürzen - im Schnitt um zwei Prozent, vereinzelt aber auch um bis zu 6,3 Prozent.
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Eintrag vom: 22.06.2017  




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