Umsetzung der EU-Naturschutzrichtlinien in der Praxis muss besser werden
Der 21. Mai ist ab sofort offizieller „Europäischer Natura-2000 Tag“. Damit wird das einzigartige zusammenhängende Netz von Schutzgebieten innerhalb der Europäischen Union gewürdigt, das seit 25 Jahren nach den Vorgaben der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) und der noch länger geltenden EU-Vogelschutzrichtlinie errichtet wird. Seitdem hat es einen bedeutenden Beitrag für den Schutz von Arten und ihren Lebensräumen geleistet. Eine entsprechende Erklärung unterzeichneten die Europäische Kommission, das Europäische Parlament, der Ausschuss der Regionen und die maltesischen Ratspräsidentschaft am heutigen Montag in Brüssel. Die FFH-Richtline wurde zusammen mit dem LIFE-Programm, dem einzigen direkten Finanzinstrument der EU für Umwelt- und Naturschutzprojekte, am 21. Mai 1992 von den EU-Mitgliedstaaten zum Schutz der biologischen Vielfalt beschlossen. Der NABU begrüßt die Ausrufung des offiziellen „European Natura 2000 Day“ als wichtiges Signal. Damit die Richtlinien ihre volle Wirkung entfalten können, müssten sie allerdings noch besser umgesetzt und finanziert werden.
„Die FFH- und die Vogelschutzrichtlinie sind das Rückgrat des Naturschutzes in der EU. Biber, Fischotter, Kranich, Seeadler und viele andere Arten verzeichnen dank ihres EU-weiten Schutzes sogar spektakuläre Bestandszunahmen. Die Rückkehr des Wolfs nach Deutschland wäre ohne den Schutz der polnischen Wolfspopulation undenkbar“, sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Auch für viele Lebensräume, wie die Reste der verbliebenen Auwälder, Moore und Heidelandschaften seien Schutzgebiete eingerichtet worden. Jetzt müsse es darum gehen, diese Erfolgsgeschichte fortzuschreiben. Schutzgebiete existierten teilweise noch allein auf dem Papier und für viele weitere wurden immer noch keine Erhaltungsmaßnahmen beispielsweise in Form von Managementplänen festgelegt.
Neben vielen anderen Tierarten leiden auch Fledermäuse, wie z.B. die stark gefährdete Mopsfledermaus besonders unter dem stetigen Schwund von geeignetem Lebensraum. Jedoch ist der Naturschutz in der Europäischen Union eklatant unterfinanziert. Der NABU fordert deshalb gemeinsam mit anderen deutschen Umweltverbänden für den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen der EU nach 2020 die Einrichtung eines EU-Naturschutzfonds.
Zudem müsse die Agrarpolitik der EU mehr zur Erhaltung der Biodiversität beitragen.
„Auch wenn wir das Comeback einzelner Arten feiern, dürfen wir nicht die Augen vor den Problemen verschließen, die die intensive Landwirtschaft mit sich bringt. Der Rückgang vieler ehemaliger Allerweltsarten der Agrarlandschaft ist dramatisch. Zum Schutz und Erhalt der biologischen Vielfalt in Deutschland ist daher die grundlegende Reform der EU-Agrarpolitik sowie die Einrichtung eines eigenen EU-Naturschutzfonds zwingend erforderlich“, so Miller weiter.
Ein halbes Jahr zuvor hatte die Europäische Kommission eine umfangreiche Überprüfung der Naturschutzrichtlinien im Rahmen eines sogenannten „Fitness-Checks“ abgeschlossen und die Richtlinien als zentrale Elemente des Naturschutzes in Europa bestätigt. Einer Eurobarometer-Umfrage von 2015 zur „Einstellung der EU-Bürgerinnen und Bürger zur Biodiversität“ zufolge war lediglich einem Drittel der Befragten das darauf basierende EU-Schutzgebiets-Netzwerk „Natura 2000“ ein Begriff. Der infolge des „Fitness-Checks“ im April von der EU veröffentlichte Aktionsplan zur besseren Umsetzung der Rechtsvorschriften beinhaltet unter anderem den Schwerpunkt zur besseren Kommunikation und Sensibilisierung sowie zur Einbindung Öffentlichkeit. Damit will die Kommission mit verschiedenen Maßnahmen für mehr öffentliche Aufmerksamkeit für den EU-Naturschutz, Natura 2000 und den Artenschutz sorgen.
Hintergrund:
Die deutsche Bezeichnung der FFH-Richtlinie lautet: Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. Natura 2000 ist eine wesentliche Säule des EU-Naturschutzes. Dieses Schutzgebietsnetzwerk setzt sich aus den EU-Vogelschutzgebieten und den Schutzgebieten nach der FFH-Richtlinie zusammen. Europaweit zählen über 27.000 Flächen – von der nordischen Tundra bis zu den Mittelmeerstränden – zu dem Schutzgebietsnetzwerk, das die EU-Mitgliedstaaten gemäß den EU-Naturschutzrichtlinien aufbauen und unterhalten müssen. Übrigens: Kaum ein EU-Bürger wohnt weiter als 20 Kilometer von einem Natura 2000-Gebiet entfernt. |