Für Landwirte muss sich Naturschutz lohnen - Initiative "LivingLand" für eine bessere Landwirtschaft
Der NABU kritisiert den mangelnden Reformwillen der meisten Landwirtschaftsminister für die dringend notwendige Agrarwende. Das starre Festhalten am aktuellen System pauschaler Direktzahlungen für Landwirte sei nicht nachvollziehbar angesichts der enormen Umweltkosten, die die mit Steuermitteln geförderte Intensiv-Landwirtschaft verursacht. Im Interesse der Agrarminister steht derzeit lediglich der Bürokratieabbau und die Vereinfachung des Systems, von einer gezielteren Verteilung der Gelder für konkrete Umwelt-, Klima- und Naturschutzleistungen ist dagegen kaum die Rede. Als Mogelpackung kritisiert der NABU einen Vorstoß Bayerns, der zwar kleinere Betriebe stärker berücksichtigen will, aber weiter an den umweltschädlichen Pauschalzahlungen der sogenannten Ersten Säule festhält.
„Ausgeräumte Landschaften, Massentierhaltung, mit Gülle belastete Böden und Grundwasser sowie Pestizid-Rückstände in Lebensmitteln und im Körper der Menschen sind nicht das, was wir mit gesunder Ernährung und dem Erhalt unserer Kulturlandschaft verbinden. Blütenreiche Wiesen und Weiden verschwinden allerorts und mit ihnen Feldhamster, Feldhase, Feldlerche und viele andere ehemalige Allerweltsarten. Die Politik muss jetzt die Chance ergreifen, einen Kurswechsel vorzunehmen. Wir brauchen eine neue, faire und umweltfreundliche Landwirtschaftsförderung“, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke mit Blick auf die heute zu Ende gehende Agrarministerkonferenz in Hannover.
Die Diskussion über die künftige Landwirtschafts- und Ernährungspolitik dürfe nicht den Agrarpolitikern alleine überlassen werden. Der NABU-Präsident ruft alle an einer Reform interessierten Verbände und Unternehmen auf, sich spätestens bis Ende April der „LivingLand“-Initiative anzuschließen. Damit könne Einfluss genommen werden auf die Vorschläge des EU-Agrarkommissars zur Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik, die für November 2017 erwartet werden. Bereits über 200 Unternehmen, Institutionen und Verbände haben sich LivingLand angeschlossen.
Der NABU spricht sich dafür aus, die Agrarförderung künftig ausschließlich an konkrete öffentliche Leistungen, zum Beispiel für den Naturschutz zu knüpfen. „Für Bäuerinnen und Bauern muss sich Naturschutz lohnen und Steuergelder sollten tatsächlich dem Allgemeinwohl zu Gute kommen“, so Tschimpke weiter. Dass dies möglich ist – auch ohne finanzielle Einbußen für die meisten Landwirte – zeigt der NABU in der Studie „Fit, fair und nachhaltig – für eine neue Agrarpolitik“. Das von Agrarökonomen und -ökologen entwickelte Modell stellt echte Alternativen zur derzeitigen pauschalen EU-Förderpolitik vor. Bei gleich bleibender Fördersumme könnten künftig drei Viertel der deutschen Agrarfläche besonders naturverträglich bewirtschaftet werden. Gleichzeitig würden die Einkommen der teilnehmenden Betriebe gleich bleiben oder sogar steigen.
„Wer mehr Umweltleistung erbringt, soll dafür finanziell unterstützt werden. Betriebe, die künftig nur die Mindeststandards der Umweltgesetze einhalten wollen, können das weiterhin, erhalten dann allerdings kein Geld mehr vom Steuerzahler“, so Tschimpke.
Insgesamt fließen derzeit 40 Prozent des EU-Haushalts, und damit jährlich rund 60 Milliarden Euro, in die Landwirtschaft. Das entspricht im Durchschnitt 112 Euro pro EU-Bürger und Jahr. |