Ohne Mehrwegquote und striktere Herstellerpflichten bleibt das Gesetz hinter seinen Möglichkeiten zurück
Bei der morgigen Abstimmung zum Verpackungsgesetz entscheiden die Abgeordneten des Bundestags über die Zukunft von Mehrweg für Getränkeverpackungen in Deutschland. Ebenso zur Debatte steht die Frage, wie viele Wertstoffe in Zukunft recycelt und zu neuen Produkten und Verpackungen verarbeitet werden sollen und wie die Sammlung und Entsorgung von Verpackungsabfällen besser kontrolliert werden kann. Aus Sicht des NABU bleibt das Gesetz mit unverbindlichen Quoten und geringen Anreizen für ein ökologisches Design von Verpackungen weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Nur ein wirkliches Wertstoffgesetz kann das erfüllen. Dies muss ein Schwerpunktthema für die nächste Legislaturperiode sein.
„Umwelt und Verbraucher verlieren. Das Verpackungsgesetz ist zu lasch, um beim Ressourcenschutz einen echten Schritt voranzukommen. Im vorliegenden Gesetzesentwurf fehlen nach wie vor eine verbindliche Mehrwegquote, ein strenges ökologisches Bonus-Malus-System für Verpackungshersteller sowie Mindestsammelmengen und dynamische Recyclingquoten“, sagt NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.
Bundesumweltministerin Hendricks wollte sich nach jahrelangem Streit zwischen privaten und kommunalen Entsorgern über die Sammelverantwortung der Abfälle mit voller Kraft den Umweltzielen im Gesetz widmen. „Seit dem ersten Entwurf des Gesetzes wurden Mindestsammelmengen gestrichen und Recyclingvorgaben kontinuierlich nach unten korrigiert. Das ist nicht volle Kraft, das ist Laufen auf Sparflamme,“ so Miller weiter. Ein wenig Hoffnung mache der aktuelle Änderungsantrag von SPD und CDU, der eine Mehrwegquote für Getränkeverpackungen von 70 Prozent vorsieht. „Wir begrüßen dieses wichtige Signal an die Getränkewirtschaft. Wirkung kann die Quote aber nur entfalten, wenn sie verbindlich ist und durch flankierende Maßnahmen wie eine Getränkeverpackungssteuer und klare Einweg-Mehrweg-Kennzeichnungen auf den Flaschen gestützt wird“, so Miller weiter.
Der NABU ist enttäuscht über fehlende Regeln und Anreize für Hersteller von Verpackungen. Recyclingquoten alleine funktionieren nicht. Genauso wichtig ist es, dass Produzenten Verpackungen recyclingfreundlicher gestalten und recycelte Wertstoffe wieder einsetzen. „Der Gesetzesplan, dass die Dualen Systeme zu diesem Zweck ihre Entgelte ökologischer gestalten, wäre grundsätzlich sinnvoll. Weil es aber keine konkreten Vorgaben dafür gibt, weil bei Nichthandeln keine Sanktionen folgen und weil die Systeme nicht öffentlich über die Ziele zum Erreichen ihrer Maßnahmen berichten müssen, wird ein Umdenken in der Verpackungsbranche ausbleiben. Ein erster Schritt hätte sein können, Hersteller für den Einsatz von Sekundärrohstoffen zu belohnen. Doch so bleibt das Gesetz weit hinter seinen Möglichkeiten zurück“, kritisiert Sascha Roth, NABU-Abfallexperte die Pläne der Regierungskoalition.
Wieder ist eine Bundesregierung an der Einführung einer bundeseinheitlichen Wertstofftonne gescheitert. Für die Bürger bedeutet das die Fortsetzung eines komplizierten Trennsystems, in dem eine Verpackung aus Kunststoff im Gelben Sack und die Küchenschüssel aus dem gleichen Material im Restmüll landen soll und dann verbrannt wird. So werden auch in Zukunft jährlich rund 450.000 Tonnen Wertstoffe aus so genannten stoffgleichen Nichtverpackungen für ein umweltfreundliches Recycling verloren gehen.
Abhilfe können nur die Kommunen schaffen, indem sie die Wertstofftonne freiwillig einführen. Der NABU appelliert an die Städte und Gemeinden, auf lokaler Ebene voranzugehen und sich für die verbraucherfreundliche gemeinsame Sammlung aller wertstoffhaltigen Abfälle in einer Tonne zu entscheiden. „Denn nur im Ausbau des Wertstofftonnensystems liegt die Zukunft. Das erlöst die Bundespolitik aber nicht von ihrer umweltpolitischen Pflicht, in der nächsten Legislaturperiode mit Hochdruck an einem ambitionierten Wertstoffgesetz zu arbeiten, das das Verpackungsgesetz ablösen muss,“ so Sascha Roth.
Der NABU lehnt darüber hinaus Pläne der Bundesregierung ab, die Kontrolle zur Lizenzierung von Verpackungen auf eine zentrale Stelle zu übertragen, die vom Handel und der Industrie geleitet wird. Solch eine Funktion müsse unter staatlicher Kontrolle bleiben und nicht der Wirtschaft überlassen werden – schon allein, um eine transparente unabhängige sowie ordnungsgemäße Lizenzierung und Entsorgung von Verpackungen zu gewährleisten. |