Schlechte Luft auf Kreuzfahrtschiffen gefährdet die Gesundheit der Passagiere und belastet die Umwelt
Verdeckte Abgasmessungen des ARD-Verbrauchermagazins „Plusminus“ entlarven das „Vorzeigeschiff“ der Kreuzfahrtflotte von AIDA Cruises als Dreckschleuder. Die AIDA Prima ist keineswegs so sauber, wie das Unternehmen behauptet. Im Gegenteil: Aus dem Schornstein raucht es gewaltig. An Deck des Ozeanriesen wurde eine alarmierende Konzentration der als besonders gesundheitsgefährdend geltenden ultrafeinen Partikel gemessen: Bis zu 500.000 Partikel je Kubikzentimeter zeigte das Messgerät an der gut besuchten Kunsteislaufbahn an. Im Durchschnitt der halbstündigen Messung lagen die Werte dort mit 68.000 Partikeln je Kubikzentimeter rund 50mal höher als bei sauberer Seeluft zu erwarten wäre.
„Die Abgaswerte auf der AIDA Prima sind erschreckend hoch. Die Crew und die Passagiere an Bord werden Konzentration gesundheitsgefährdender Luftschadstoffe ausgesetzt, die weit über dem Niveau stark befahrender Straßen liegen. Die dokumentierten Messwerte sind zudem ein eindeutiger Hinweis darauf, dass der von AIDA angekündigte Partikelfilter auch fast ein Jahr nach der Jungfernfahrt immer noch nicht in Betrieb ist. Hier werden Kunden und Öffentlichkeit bewusst mit falschen Versprechungen über die tatsächlichen Umweltauswirkungen des AIDA-Flaggschiffs getäuscht“, sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.
Dass nun bereits auf einem weiteren Kreuzfahrtschiff die hohe Abgasbelastung an Deck belegt werden kann, weise klar darauf hin, dass es sich hier nicht um Einzelfälle, sondern ein grundsätzliches Problem der Kreuzfahrtbranche handele. „Erst im Januar veröffentlichte das französische TV-Magazin „Thalassa“ erstmals Ergebnisse verdeckter Abgasmessungen auf einem Kreuzfahrtschiff während einer Mittelmeerreise. Auch der NABU hatte zuvor bereits mehrfach die extreme Abgasbelastung in Hafenstädten und an Kreuzfahrtterminals nachgewiesen und die Reeder auf die gesundheitsgefährdende Wirkung hoher Feinstaubkonzentrationen aufmerksam gemacht. Bereits im vergangenen Jahr konnte der Umweltverband zudem aufdecken, dass das vollmundig angepriesene Filtersystem der AIDA Prima nicht in Betrieb war, was das Unternehmen darauf hin auch eingestand.
„Leider lehnen die Reeder nach wie vor das Angebot ab, mit dem NABU und unabhängigen Gutachtern offizielle Messungen auf ihren Schiffen durchzuführen und die Ergebnisse zu veröffentlichen“, sagte NABU-Leiter Verkehrspolitik Dietmar Oeliger. Die Branche weiß um das Problem, weigert sich aber aus Kostengründen, auf das giftige Schweröl zu verzichten und die nötigen Filter einzusetzen.
2013 hatte AIDA angekündigt, die gesamte Flotte bis zum Ende des Jahres 2016 mit Rußpartikelfiltern und Stickoxidkatalysatoren ausrüsten zu wollen. Dieses öffentliche Statement des deutschen Branchenführers wurde von Umweltverbänden wie dem NABU als wichtiges und überfälliges Zeichen gewertet, die niedrigen Umweltstandards auf See durch freiwillige Maßnahmen anzuheben. Auch auf die Verwendung von Schweröl wollte das Unternehmen auf seinen neuen Schiffen verzichten, Doch bis heute wurde keine dieser Ankündigungen realisiert.
Derweil raten sowohl die Deutsche Lungenstiftung wie auch der Pneumologenverband Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen, sich aufgrund der Abgasbelastung nur in bestimmten Bereichen an Deck von Kreuzfahrtschiffen aufzuhalten und das Einatmen von Schiffsabgasen zu vermeiden. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stufte Dieselabgase unlängst als ebenso krebserregend ein wie den Gefahrenstoff Asbest. |