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Dobrindts Bundesverkehrswegeplan
Als Beschlussgrundlage für das Parlament ungeeignet

Umweltverbände fordern grundlegende Nachbesserungen durch Bundestag und Länder

Die Umweltverbände Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Germanwatch, Naturschutzbund Deutschland (NABU), der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) und der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR) haben den von der Bundesregierung in den Bundestag eingebrachten Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP) als katastrophal für Deutschland bezeichnet. Sämtliche Eingaben und Vorschläge der Umweltseite seien ignoriert worden, substanzielle Korrekturen hätten nicht stattgefunden. Da die zwölf im begleitenden Umweltbericht des BVWP aufgeführten Umweltziele verfehlt werden und bei keinem der 1281 geplanten Fernstraßenprojekte Alternativen geprüft wurden, bewerten die Umweltverbände die vorliegende Fassung des BVWP als EU-rechtswidrig und fordern erhebliche Nachbesserungen in Bundestag und Bundesrat.

Ludwig Wucherpfennig, DNR-Präsidiumsmitglied: „Die Anwendung des Struck‘schen Gesetzes, wonach kein Gesetz aus dem Parlament so herauskommt, wie es eingebracht worden ist, hat beim BVWP eine entscheidende Bedeutung. Denn der Plan muss deutlich überarbeitet werden, um überhaupt als solide Grundlage für eine Beratung im Bundestag dienen zu können. In der Beteiligung sind fast alle aus Umweltsicht kritischen Punkte abgebürstet worden. Das gesamte Verfahren ist damit zu einer völligen Farce verkommen.“

Werner Reh, Leiter Verkehrspolitik beim BUND: „Die Straßenbauverwaltungen der Länder, die heute schon überfordert sind, sollen nun noch 1281 neue Fernstraßen planen und zugleich massiv in die Brückenerneuerung und Engpassbeseitigung einsteigen. Es ist bereits jetzt klar, dass Neubau-Prestigeprojekte dem Brückenerhalt und der Engpassbeseitigung vorgezogen werden, denn deren Vorrang ist im Bundesverkehrswegeplan und den Ausbaugesetzen nicht gesichert. Die Priorisierungsstrategie steht nur auf dem Papier, stattdessen werden die politischen Wunschprojekte gebaut. Überdimensionierte Autobahnen und mehr als 500 überflüssige Ortsumfahrungen, die keine nennenswerte Entlastung bringen, belasten die Umwelt und die Steuerzahler. Die Umweltzerstörung durch Straßenbau ist systemimmanent, denn Bundesländer, die umweltverträgliche und kostengünstige Alternativen ignorieren, bekommen mehr Geld aus dem Bundeshaushalt.“

Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch: „Der BVWP-Entwurf führt das Versagen der Bundesregierung beim Klimaschutz im Verkehr fort. Der Verkehrssektor ist der große Hemmschuh für Klimaschutz in Deutschland. Mit dem vorliegenden BVWP tut die Bundesregierung sehr viel dafür, dass das auch so bleibt. Einige gute Ansätze beim Ausbau der Schiene konterkariert der Plan durch den stark überdimensionierten Ausbau von Fernstraßen. Wer hofft, dass Deutschland beim Klimaschutz auf einen Umbau seiner Verkehrsinfrastruktur verzichten und ganz überwiegend auf Elektroautos und Motoreneffizienz setzen kann, verhält sich so naiv wie das Kraftfahrtbundesamt im Abgasskandal.“

Dietmar Oeliger, Leiter Verkehrspolitik beim NABU: „Der Umweltbericht des BVWP dokumentiert zwar die Eingriffe in Natur und Umwelt, nennt aber keine Beispiele, wo eine grundsätzliche Änderung eines Projekts erfolgen sollte. Damit werden alle zwölf aufgeführten Umweltziele verletzt. 170 Natura-2000-Gebiete würden durch den Straßenbau erheblich beeinträchtigt und 250 noch unzerschnittene Großräume und bundesweite Achsen zerstört. Auch die Auswirkungen auf den Flächenverbrauch widersprechen den Zielen der Bundesregierung, denn mit der Umsetzung des Plans müssten täglich drei Hektar Flächen zusätzlich verbraucht werden.“

Michael Ziesak, VCD-Bundesvorsitzender: „Der BVWP ist für den Verkehrsträger Schiene bis heute noch nicht einmal zur Hälfte fertiggestellt. 26 Maßnahmen sind im neuen Plan als vordringlich gekennzeichnet worden, doch für 40 weitere Vorhaben im ‚Potentiellen Bedarf‘ gibt es trotz jahrelanger Vorbereitung noch keine Bewertung. Gerade hier befinden sich noch viele Projekte, die für die Verkehrsverlagerung und damit für mehr Klimaschutz dringend benötigt werden. Hierzu gehören die Engpass-Beseitigung in den Knoten, wo mindestens 5 Mrd. Euro fehlen, oder auch die Kapazitätserweiterung des Netzes durch Schaffung von Korridoren für 740 m lange Güterzüge. Gerade für diese Vorhaben wie auch für den Deutschland-Takt fehlt schon jetzt die Finanzierung in den kommenden Jahrzehnten. Denn eine Realisierung allein der bereits bewerteten und als vordringlich gekennzeichneten Projekte wird selbst beim Hochfahren der Investitionsmittel mindestens 20 Jahre benötigen. Ohne eine deutlich höhere Anpassung der Investitionen bleiben viele Vorhaben auf der Schiene auf lange Sicht Wunschträume – und damit auch der Klimaschutz“.
 
Eintrag vom: 08.09.2016  




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