590.000 Mitglieder und Förderer unterstützen Verband beim Einsatz für die Natur
Kampf gegen Artensterben bleibt größte Herausforderung - Energiewende in Deutschland naturverträglich umsetzen
Trotz vieler globaler Krisen war das Jahr 2015 mit dem Pariser Klimaschutzübereinkommen und der Verabschiedung weltweiter Nachhaltigkeitsziele ein entscheidendes für den Umweltschutz. Der NABU engagierte sich mit zahlreichen Projekten für den Schutz von Lebensräumen, Arten und Umwelt und machte öffentlich deutlich, dass an ambitionierten Klimazielen, dem Stopp des Artenverlustes und einer nachhaltigen Wirtschaftsweise kein Weg vorbei führt. In diesem Engagement konnte Deutschlands größter Umweltverband auch im vergangenen Jahr auf eine breite Unterstützung aus der Bevölkerung bauen und seine positive Entwicklung fortsetzen.
590.000 Mitglieder und Förderer unterstützten den NABU, inklusive seines bayerischen Partners, Landesbund für Vogelschutz (LBV), im Jahr 2015 beim Einsatz für Natur und Umwelt. Dies waren rund 30.000 mehr als im Vorjahr, wie der NABU anlässlich der Veröffentlichung seines Jahresberichtes mitteilte. Positiv fiel auch die Entwicklung der Einnahmen aus: So verzeichnete der NABU im Jahr 2015 Gesamterträge von 38 Millionen Euro und damit einen Zuwachs von fast zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mit ihnen konnten die Naturschützer zahlreiche konkrete Projekte für den Natur- und Umweltschutz im In- und Ausland umsetzen.
Das finanzielle und ideelle Rückgrat des NABU bleiben weiterhin seine Mitglieder, ihre Beiträge machen fast 50 Prozent der Gesamteinnahmen aus. Erfreulich viele Menschen wollten 2015 auch für den Erhalt der Natur spenden: Mehr als 6,4 Millionen Euro gingen dem NABU aus Spenden zu, weitere 1,8 Millionen Euro aus Erbschaften.
Wichtigste Basis des NABU bleibt die ehrenamtliche Naturschutzarbeit vor Ort. In mehr als 2.000 Orts- und Kreisgruppen setzten sich insgesamt 37.000 NABU-Mitglieder aktiv für die Natur ein und leisteten dabei rund 2,5 Millionen Stunden ehrenamtliche Arbeit. „Mit seinen Aktiven prägt der NABU vielerorts in Deutschland den Naturschutz, ganz nach dem Motto ‚Wir sind, was wir tun‘. Es freut uns sehr, dass uns bei dieser wichtigen Aufgabe immer mehr Menschen unterstützen wollen. Das zeigt auch den wachsenden Stellenwert des Naturschutzes in der Bevölkerung, der in Teilen der Politik bislang leider noch nicht ausreichend angekommen ist. Mit dem Rückenwind von bald 600.000 Mitgliedern werden wir auch weiter die großen Herausforderungen für Natur und Umwelt angehen“, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke.
Als eines der wichtigen Ziele bezeichnete der NABU-Präsident das Engagement gegen den Verlust an biologischer Vielfalt. Wie enorm die Herausforderungen hier seien, zeige allein der Blick auf die von Jahr zu Jahr länger werdenden Roten Listen. So galten 2015 von den weltweit 79.800 untersuchten Tieren und Pflanzen mehr als 23.000 als vom Aussterben bedroht – das ist fast jede dritte Art. Auch der Artenschutzreport für Deutschland offenbarte 2015 Verheerendes: Rund 30 Prozent der hierzulande vorkommenden Tier-, Pilz- und Pflanzenarten sind in ihrem Bestand gefährdet. Für zahlreiche von ihnen konnte der NABU 2015 konkrete Erfolge erzielen: etwa für stark gefährdete Wiesenbrüter wie den Großen Brachvogel oder Kiebitz oder den Erhalt wichtiger Lebensräume wie das Moor.
Als eine der drängendsten Aufgaben für Deutschland und Europa nannte der NABU-Präsident die Neuausrichtung der Landwirtschaft. „Wir müssen hin zu einer nachhaltigeren und naturverträglicheren Landwirtschaft, die Naturschutzleistungen angemessen honoriert“, so Tschimpke. Der NABU fordert seit Langem eine grundlegende Reform der EU-Agrarpolitik, mit einem deutlich höheren Einsatz für die Biodiversität und Umwelt vonseiten der Landwirtschaft sowie einer besseren Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen. Im Zuge seines Einsatzes für eine Agrarwende brachte der NABU im vergangenen Jahr in einer Protestaktion auch zahlreiche Baumärkte dazu, Glyphosat aus ihrem Sortiment zu nehmen.
Deutlichen Verbesserungsbedarf sieht der NABU auch in der Klima- und Energiepolitik. Die Naturverträglichkeit müsse bei der Umsetzung der Energiewende stärker in den Fokus rücken, vor allem auch bei den Planungen vor Ort, forderte der NABU. „Wir sind davon überzeugt, dass grundsätzlich die Ausbauziele durch die Auswahl von Standorten mit geringem Artenschutzkonfliktpotenzial erreichbar sind“, so Tschimpke. Auch bei der nationalen Umsetzung des in Paris beschlossenen Ziels, die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, müsse die Bundesregierung dringend konkrete Maßnahmen einleiten.
Mit großer Erwartung blickt der NABU auf die Entscheidung der EU-Kommission zur Zukunft der EU-Naturschutzrichtlinien, die für diesen Herbst angekündigt ist. 2015 hatte die EU-Kommission die bis heute äußerst erfolgreichen Naturschutzrichtlinien zur Debatte gestellt. Unter dem Deckmantel einer „Entbürokatisierung“ wollte sie die EU-Vogelschutz- und Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) mit einem so genannten „Fitness-Check“ überprüfen und womöglich aufweichen. Der NABU mobilisierte gemeinsam mit weiteren Verbänden mehr als eine halbe Million Menschen, sich an der öffentlichen Konsultation zu beteiligen. Dies war die größte jemals erzielte Beteiligung an einer solchen EU-Bürgerbefragung. Über 90 Prozent aller Teilnehmenden erteilten den Plänen der Kommission eine klare Absage und plädierten für den Erhalt der Richtlinien. Mit Erfolg: 17 EU-Umweltminister und die große Mehrheit der Abgeordneten im EU-Parlament sprachen sich inzwischen gegen die Pläne aus. Inzwischen kommt die EU-Kommission in einer im Juli 2016 veröffentlichten Studie selbst zu dem Schluss: Die FFH- und Vogelschutzrichtlinien sind bis heute wirksam, modern, effizient und notwendig.
Die eigenständige Rückkehr des Wolfes bleibt eine der großen Erfolgsgeschichten des Naturschutzes. Deutschland feierte 2015 ein Jubiläum: 15 Jahre zuvor kamen die ersten Tiere eigenständig aus Polen nach Deutschland zurück. Für den NABU ebenfalls ein Grund auf erfolgreiche zehn Jahre im NABU-Projekt „Willkommen Wolf!“ sowie auf fünf Jahre ehrenamtliche Arbeit seiner Wolfsbotschafter zurückzublicken. Heute leben rund 40 Wolfsfamilien in der Bundesrepublik. „Unserem Ziel, ein konfliktarmes Miteinander von Wolf und Mensch zu ermöglichen, sind wir einen großen Schritt näher gekommen“, sagte Tschimpke. Dies zeigte sich auch in einer repräsentativen Forsa-Umfrage des NABU: So findet es die große Mehrheit der Bundesbürger (80 Prozent) erfreulich, dass der Wolf wieder Bestandteil unserer Natur und Landschaft ist.
2015 konnte der NABU auf der Bundesgartenschau auch sein europaweit einmaliges Fluss-Renaturierungsprojekt an der Unteren Havel mehr als 100.000 Menschen vor Ort zeigen. Seit elf Jahren lässt der NABU den Fluss wieder lebendig und naturnah werden – ein Mammutprojekt, das 2015 bundesweit im Fokus stand.
Auch international hat der NABU seine Aktivitäten weiter verstärkt. In rund 20 Ländern setzte er 2015 Projekte um. In Indien konnte sich die Tigerpopulation im Valmiki-Reservat am Fuße des Himalaya dank Natur- und Artenschutzmaßnahmen mit Unterstützung des NABU fast verdreifachen. Durch diesen Erfolg leistete der NABU einen entscheidenden Beitrag zu dem Ziel, die Zahl der wildlebenden Tiger bis 2022 zu verdoppeln. Äthiopiens größter Süßwassersee und Überwinterungsgebiet von Zehntausenden Zugvögeln, der Tanasee, wurde dank des NABU in das UNESCO-Weltnetz der Biosphärenreservate aufgenommen. Inzwischen betreut der NABU alle vier Biosphärenreservate in Äthiopien. |