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Abriss & Neubau
Nicht nur zum Abriss der Grundschule in Endingen

Die wenige Jahrzehnte alte Grundschule am Erle soll abgerissen und komplett neu gebaut werden. In der letzten Sitzung des Stadtrates empfahl Architekt Friedemann Roller einen Neubau, der rund 9,3 Millionen Euro kosten könnte.
Es kann durchaus sein, dass der Abriss die „kostengünstigste Lösung“ ist. Dennoch fehlt, nicht nur in Endingen, die Debatte um den teuren Abriss vieler, relativ junger, öffentlicher Gebäude.

Als ich in Teningen zur Schule ging, gab es dort zwei Schulen. Die damals neue Schule im Oberdorf (die zwischenzeitlich für teures Geld immer wieder renoviert werden musste) und „meine Schule“, die im Jahr 1904 erbaute Viktor-von-Scheffel-Schule im Unterdorf. Wenn die Gemeinde dieses 112 Jahre alte Schulgebäude weiterhin pflegt, können dort noch viele Generationen von SchülerInnen unterrichtet werden.
Ich erinnere mich an meine Lehrzeit im schönen, alten Gebäude des Emmendinger Vermessungsamtes und an meine Zeit als Zivi in der neuen Sonderschule Wasser und an Wassereimer im Gebäude bei Starkregen auf´s undichte Flachdach.

Es ist unglaublich, was den Landkreis Emmendingen und den Staat das schlechte Bauen und die „Flachdachmode“ der letzten 60 Jahre gekostet hat und es wird auch nicht öffentlich diskutiert.

Es kann nicht darum gehen, heute so zu bauen wie vor 100 Jahren. Positive Entwicklungen wie Wärmeschutz, Schallschutz und Brandschutz waren nicht absehbar. Aber vor 50 Jahren, in einer Zeit, in der ständig alles Neue als technischer Fortschritt gepriesen wurde, hätte es dennoch möglich sein müssen, neue Gebäude langlebig, dauerhaft, flexibel-funktional und schön zu bauen.

Der notwendige Neubau der Endinger Grundschule zeigt, wie schnell und wie teuer viele "relativ neue", öffentliche Bauwerke erneuert werden müssen. Bauwerke, die vor wenigen Jahrzehnten noch als „super-modern“ galten, bei deren Errichtung aber Nachhaltigkeit und Langlebigkeit offensichtlich kein Thema waren.

In der Menschheitsgeschichte galt jahrtausendelang, dass Fortschritt neue Produkte und Gebäude besser, schöner, nützlicher und langlebiger macht. Dieses Menschheitsversprechen hat sich, nicht nur bei Gebäuden, in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts zum Teil in sein Gegenteil gedreht.

Aspekte der Nachhaltigkeit, Langlebigkeit und der Folgekosten haben bei vielen öffentlichen Bauten der letzten Jahrzehnte keine große Rolle gespielt und weil es keine Debatte dazu gab und gibt, ist dies auch heute teilweise noch so. Es fehlt eine kritische Fortschrittsdebatte, um Fortschritt nachhaltig und menschengerecht zu gestalten.

Immer noch wird bei öffentlichen Planungen und Bauten hauptsächlich auf die aktuellen Baukosten und viel zu wenig auf Langlebigkeit und die künftig anfallenden Reparaturen geachtet. Ob es langfristig kostengünstig ist, bei öffentlichen Ausschreibungen den billigsten Anbieter nehmen zu müssen, bezweifle ich nach meiner langen Tätigkeit als Kreisrat immer stärker.

Neue, öffentliche Gebäude (nicht nur) in Endingen und im Landkreis sollten funktional, schön, energiesparend, ressourcenschonend und dauerhaft-langlebig gebaut werden. Der Staat, der Kreis und die Stadt haben nicht genug Geld, um sich billiges Bauen leisten zu können.

Ich bin auf die neue Endinger Schule gespannt.
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Eintrag vom: 21.07.2016 Autor: Axel Mayer, Kreisrat




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