Entscheidung von Juncker ist überfällig - Bundesregierung sendet richtiges Signal Richtung Brüssel
Der NABU begrüßt, dass sich die Bundesregierung erneut deutlich für den Erhalt der EU-Naturschutzrichtlinien ausgesprochen hat und auf EU-Ebene dabei vorangeht. In Vertretung von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks brachte die Parlamentarische Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter am Montag bei einem Treffen der EU-Umweltminister in Luxemburg, die Enttäuschung der Bundesregierung darüber zum Ausdruck, dass die EU-Kommission ihre überfällige Entscheidung zur Zukunft der EU-Naturschutzrichtlinien noch nicht getroffen und die Ergebnisse des „Fitness-Checks“ immer noch nicht veröffentlicht hat. Schwarzelühr-Sutter betonte, dass es für die Bundesregierung wichtig sei, dass das Paket nicht aufgemacht werde, die Naturschutzrichtlinien sich bewährt hätten und der Schwerpunkt auf der besseren Umsetzung liegen solle. Die Kommission hat im Rahmen eines „Fitness Checks“ die EU-Naturschutzrichtlinien überprüft. Die Ergebnisse sollten Anfang Juni veröffentlicht werden.
Sowohl in der offiziellen Debatte im EU-Umweltrat, als auch vor dem Ratsgebäude wurde der Ärger der Minister über das Vorgehen Jean-Claude Junckers deutlich. Mehrere ließen sich gemeinsam mit Vertretern des NABU und seiner europäischen Partnerverbände vor einem Plakat fotografieren, das vom Kommissionspräsidenten die sofortige Sicherung der EU-Naturschutzrichtlinien verlangt, darunter neben Schwarzelühr-Sutter auch die französische Umweltministerin, Ségolène Royale, ihre Luxemburger Kollegin Carole Dieschbourg sowie die Umweltminister Estlands und Griechenlands. Die Erwiderung von EU-Umweltkommissar Karmenu Vella in Luxemburg war enttäuschend. Vella betonte, dass die Kommission mehr Zeit für den Abschluss des „Fitness-Checks“ der Naturschutzrichtlinien benötige und verwies auf eine mögliche Entscheidung im Herbst.
„Die EU-Kommission riskiert mit dieser Hinhalte-Taktik die Glaubwürdigkeit der EU. Seit Januar liegt das Expertenvotum zu den Richtlinien vor. Präsident Juncker sollte endlich akzeptieren, dass die von seiner Behörde selbst durchgeführte Überprüfung zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen ist: nämlich, dass die EU-Naturschutzgesetze wirken", sagte NABU-Präsident Tschimpke. Die Ergebnisse waren vergangene Woche durch einen Leak bekannt geworden, und sowohl die EU-Umweltminister als auch das Europäische Parlament haben sich bereits für die Beibehaltung der Richtlinien ausgesprochen. Vor diesem Hintergrund
appelliert der NABU an die Bundesregierung, nun auf höchster Ebene auf die Spitze der EU-Kommission einzuwirken, bevor diese die Glaubwürdigkeit der EU bei Millionen von Umweltschützern in Europa ruiniere.
„Die unsägliche Debatte um den Rechtsrahmen lähmt den Naturschutz. Der Verlust der Artenvielfalt geht weiter, und statt uns um den Einsatz unserer verfügbaren Naturschutzinstrumente kümmern zu können, müssen wir uns mit einem unbekannten, wohl von Lobbyisten gesteuerten, einflussreichen Naturschutzgegner in der Kommission auseinander setzen“, sagte NABU-Leiter für EU-Naturschutzpolitik Konstantin Kreiser, der für den NABU in Luxemburg vor Ort war. In jüngsten Äußerungen von Umweltkommissar Vella und Vizepräsident Timmermans klinge an, dass sie nicht selbst für die Verzögerung der Entscheidung verantwortlich seien, was auf das direkte Umfeld von Präsident Juncker hinweise.
Erst vergangene Woche hatte sich auch der britische Premierminister David Cameron für den Erhalt der Naturschutzrichtlinien ausgesprochen, da er auf die vielen Millionen Stimmen der Natur- und Vogelschützer beim Referendum am 23. Juni hofft.
Zum Hintergrund:
Die EU überprüft derzeit ihre beiden wichtigsten Naturschutzrichtlinien, die Vogelschutz- und die Fauna-Flora-Habitat-(FFH)-Richtlinie. Dieser Prozess ist Teil des so genannten REFIT-Programms zur „Entbürokratisierung“ der EU. Seit 2014 läuft dieser aufwändige Überprüfungsprozess für die beiden Naturschutzrichtlinien. Während dieser Überprüfung sprachen sich in der bislang größten EU-Bürgerbefragung mehr als eine halbe Million Bürger für die Beibehaltung der Naturschutzgesetze aus. Ebenso gab es Stellungnahmen vom EU-Parlament, den nationalen Umweltministern sowie dem Ausschuss der Regionen. Auch sie plädierten eindeutig für die Beibehaltung, aber bessere Umsetzung der Richtlinien. Noch heute ist auf der Internetseite der EU-Kommission zu lesen, dass eine Veröffentlichung der Ergebnisse für „Frühling“ beziehungsweise das „zweite Quartal 2016″ vorgesehen ist. |