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Europa & Brexit, Mensch, Umwelt & Frieden
Ein Debattenbeitrag aus der trinationalen Umweltbewegung im Dreyeckland

Ein Europa, das nur von Wirtschafts- und Wachstumsinteressen bestimmt wird, ein Europa, das kein Europa der Menschen und Regionen wird, kann langfristig keinen Bestand haben. Es ist in Gefahr, in wenigen Jahrzehnten, bei den nächsten größeren Krisen, zu zerfallen, so wie wir das jetzt in Jugoslawien und der Sowjetunion erleben...

Ein Textfragment, ein Auszug aus einer europapolitische Erklärung der Umweltbewegung, passend zu den aktuellen europäischen Krisen und zur Volksabstimmung in England über den Austritt aus der EU, zum möglichen Brexit. Nur der Satzteil "so wie wir das jetzt in Jugoslawien und der Sowjetunion erleben" zeigt, dass der Text aus einer Erklärung vom Juli 1991 stammt, also "tagesaktuell" und dennoch 25 Jahre alt ist.

Eine Vielzahl von Umweltgruppen, Bürgerinitiativen und Umweltverbänden aus Südbaden, dem Elsass und der Nordschweiz (die Schweiz war und ist für immer auch ein Teil von Europa!) hatte die Erklärung damals diskutiert und verabschiedet. Manche der unterzeichnenden Gruppen und BI´s gibt es nicht mehr, der Text ist erschreckend aktuell.

Unzufrieden mit Europa
Viele unserer damaligen Befürchtungen und Sorgen haben sich bewahrheitet. Die letzten 25 Jahre Europa standen tatsächlich eher für das Europa der Konzerne und des einen Prozent der Menschheit, das über 99 % des Vermögens verfügt. Gerade die Arbeit der Europäischen Kommission war geprägt von Wirtschaftslobbyisten und einer der auffälligsten (nicht nur Atom-) Lobbyisten, Herr Günther Oettinger kam ausgerechnet aus Deutschland. Für das Wirken dieser Lobbyisten (nicht nur) im Umweltbereich stehen Begriffe wie Dieselskandal, Glyphosat, Neonicotinoide, alte und neue Atom-Subventionen und die Umwelt- und Demokratiebedrohung durch das Freihandelsabkommen TTIP.

In Teilbereichen ( z.Bsp. die FFH Naturschutz-Richtlinie der EU, Umweltschutz in der Charta der EU-Grundrechte, die euopaweite Pflicht zum Ausbau der erneuerbaren Energien und die Effizienzvorgaben für Neubauten...) gab es auch Fortschritte, die das Europäische Parlament fast immer der Kommission abtrotzen musste. Auch die innereuropäische Freizügigkeit war ein historischer Fortschritt, der durch neue Mauern und Grenzen, auch in den Köpfen gefährdet ist.

Dennoch setzt das manchmal schrecklich bürokratische EU-Europa auf "unbegrenztes Wachstum begrenzter Systeme". Dieser zerstörerische, ressourcenfressende Mythos stößt überall an seine Grenzen und viele heutige Krisen haben ihre Ursache in der Tatsache, dass dieser Traum nicht realisierbar ist.
Mit was wir 1991 nicht gerechnet hatten, war die Zunahme von Gewalt, Dummheit, Intoleranz, Abschottung, die Zunahme der kleinen und großen Nationalismen und mit der aktuell zunehmenden inneren und äußeren Gefährdung des Friedens.

Mehr Europa - Anderes Europa
Die alte Erklärung und auch dieser Text zeigen, dass die Umweltbewegung in Südbaden, dem Elsass und der Nordschweiz immer proeuropäisch war und ist. Wir standen und stehen für das Europa der Menschen, des Friedens, der Umwelt und für eine nachhaltige und sozial gerechtere Zukunft. Wir wollen ein Europa der Freiheit, in dem die Mitgliedsstaaten den Mut haben, einem Edward Snowden Asyl zu gewähren. Mehr globale Gerechtigkeit und Großkonzerne, die tatsächlich Steuern zahlen, sind auch Schlüssel zur Lösung der Fluchtursachen in den Herkunftsländern der Flüchtenden. Die Bewahrung des Friedens, der europäische Atomausstieg, die Bekämpfung des Klimawandels, eine echte nachhaltige Energiewende und die Verringerung des Gifteintrages in der Landwirtschaft und ein Mehr an sozialer Gerechtigkeit sind vor uns liegende Aufgaben. Dies alles sind europäische Themen, die in der aktuellen Brexit-Debatte leider nur eine untergeordnete Rolle spielen.
In diesem Sinne wollen wir nicht weniger Europa, dafür allerdings immer noch und mit Nachdruck ein anderes Europa.

Der politische Druck der Umweltbewegung und der sozialen Bewegungen für ein besseres, für ein anderes Europa darf nicht nachlassen. Wir wollen Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit, Solidarität und Freude an der schönen Vielfalt... wie im Wiesenblumenstrauß.

16.6.2016 / Erste Unterzeichnerinnen und Unterzeichner:

Axel Mayer, BUND-Geschäftsführer, Vizepräsident des trinationalen Atomschutzverbandes TRAS
Daniel Reininger, Président d'Alsace Nature
Kaspar Schuler, Geschäftsleiter Allianz Atomausstieg, Schweiz
Nik Geiler, Sprecher des Arbeitskreis Wasser im BBU / Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V.
Jean-Jaques Rettig, CSFR / Comité de Sauvegarde de Fessenheim et de la Plaine du Rhin
Jürgen Grässlin, Träger des Aachener Friedenspreises
Jean-Paul Lacote, Alt-Präsident und Vorstandsmitglied von Alsace Nature
Ellen Koppitsch, Vorstandsmitglied BUND-Regionalverband Südlicher Oberrhein
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Eintrag vom: 16.06.2016  




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