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Nutzungskonzept für den Opfinger See
Die Biotopschutzzone am nördlichen Ufer nimmt Gestalt an

Umweltbürgermeisterin Gerda Stuchlik hat heute die nächsten
Entwicklungsschritte vorgestellt

Die Biotopschutzzone am nördlichen Ufer des Opfinger Sees nimmt
Gestalt an. Ein entsprechendes Gutachten, das die Stadtverwaltung
2014 in Auftrag geben hatte, liegt jetzt vor und wird am 18. April im
Umweltausschuss behandelt. Bereits heute hat
Umweltbürgermeisterin Gerda Stuchlik mit Vertreter/innen von
Forstamt, Umweltschutzamt, Naturschutzbund und Angelsportverein
die nächsten Entwicklungsschritte vorgestellt.

Dabei betonte Stuchlik vor Ort: „Der Opfinger See ist als Bade- und
Ausflugsziel seit Jahrzehnten über die Stadtgrenzen hinaus beliebt.
Gleichzeitig liegt er aber mitten im FFH- und Vogelschutzgebiet der
Mooswälder und ist zudem Landschaftsschutzgebiet. Hieraus
erwächst uns eine besondere Verantwortung für den Biotop- und
Artenschutz. Mit einem Bündel von Maßnahmen haben wir die
Möglichkeiten zur Naherholung am Südende verbessert. Jetzt wollen
wir mit einem Bündel von Maßnahmen den Biotopschutz am
Nordende des Sees aufwerten.“

Straßenbauer brauchen Kies und Schotter. Unter den Mooswäldern
zwischen Freiburg und Opfingen lagert reichlich davon. Also begann
im Zuge des Autobahnbaus vor knapp 60 Jahren auch hier der
Kiesabbau. Dabei entstanden an dieser Stelle zwei Binnengewässer.
1959 wurde der Nordteil, 1968 der Südteil angelegt. 1978 wurden
beide Teile zum Opfinger See verbunden, der nach diversen
Umgestaltungen speziell des westlichen Ufers heute 44 Hektar
umfasst und ein Schwerpunkt der Naherholung im Stadtgebiet ist.

Wegen seiner Bedeutung sowohl für die Naherholung als auch für
den Biotop- und Artenschutz hat der Gemeinderat für den Opfinger
See 1997 ein Nutzungskonzept beschlossen. Danach wurden
mehrere Uferbereiche noch während des Kiesabbaus umgestaltet
und die Biotop-Schutzzone am Nordende eingerichtet. In der
Schutzzone haben Forstamt und Umweltschutzamt schon Wege
entfernt, Liegeflächen zurückgebaut und eine Aussichtsplattform
errichtet. Am Südende entstanden dafür neue Liegeflächen, ein
Wachdienst der DLRG, eine Toilettenanlage und ein temporärer
Kiosk am See. Etwa in der Mitte wurde ein Unterwasserdamm
aufgeschüttet, der die Wasserqualität sichern soll, indem er zwei
möglichst getrennte Wasserkörper schafft.

Im Jahre 2013 hat die Firma Kies Peter dann den letzten Kubikmeter
Kies aus dem See gebaggert. Seither wurden am Südende alle
übrigen Elemente des Nutzungskonzeptes umgesetzt. Die
Betriebsanlagen wurden zurückgebaut, das Gelände rekultiviert und
seine Ränder mit Eichen aufgeforstet. Es entstand eine weitere
Liegewiese samt Grillstellen, Beachvolleyball-Feld und SlacklineEinrichtungen.
Durch das Verlegen von Parkplätzen und das
Herstellen einer neuen Uferlinie schuf das Forstamt eine
familienfreundliche Badebucht.

Im nördlichen Seedrittel indes führte die seeseitige Sperrung der
Biotop-Schutzzone, die das Nutzungskonzept von 1997 vorsieht, zu
einer intensiven Diskussion. Insbesondere der Angelsportverein, der
die Fischerei für den See gepachtet hat, lehnte eine vollständige
Sperrung des nördlichen Seedrittels ab.

Dabei ging es vor allem um drei Fragen: Welche Vogelarten kommen
aktuell hier vor? Wie empfindlich reagieren sie auf den Bootsverkehr
und mit welchen Fluchtdistanzen? Welches Potenzial als
Lebensraum für Wasservögel bietet der Opfinger See grundsätzlich
und mit einer seeseitigen Beruhigung? Um das zu ermitteln, gab die
Stadtverwaltung im Oktober 2014 ein ornithologisches Gutachten in
Auftrag. Erst nach dessen Abschluss sollte der Verlauf der
seeseitigen Absperrung der Biotop-Schutzzone festgelegt und der
neue Angelpachtvertrag mit Gültigkeit ab 2017 geschlossen werden.

Das Gutachten liegt nun vor und bietet reiche Aufschlüsse.
Während der einjährigen Untersuchung wurden am Opfinger See 83
Vogelarten erfasst. 38 davon sind Brutvögel, darunter auch Eisvogel,
Mittelspecht und Schwarzmilan, also drei prioritär gelistete Arten des
EU-Vogelschutzgebiets „Mooswälder“. Als Wintergäste wurden am
Opfinger See 23 Wasservogelarten registriert. Gebrütet und gerastet
haben die Wasservögel vorwiegend im nördlichen Seeteil, in der
bestehenden Biotop-Schutzzone. Zum Teil haben sie auch
Röhrichtstrukturen am südlichen Seeufer genutzt.

Insgesamt schätzt der Gutachter den Bestand an Vogelarten im
Vergleich mit anderen Gewässern in der Region als durchschnittlich
ein. Das Lebensraumpotenzial wird differenziert bewertet. Für
Vogelarten, die auf Wasserpflanzen angewiesen sind, bietet der See
wegen steil abfallender Ufer wenig Ressourcen, fischfressende Arten
finden mehr Nahrung. Um das künftige Nahrungs- und
Brutplatzangebot zu verbessern, schlägt der Gutachter deswegen
mehrere lebensraumverbessernde Maßnahmen am See vor.

Untersucht wurde auch die Störwirkung des Bootsverkehrs für die
Wasservögel. Kormorane, Haubentaucher, Eisvögel, Graureiher,
Silberreiher, Gänsesäger und größere Entenschwärme reagierten mit
Flucht auf die Annäherung der Boote; ihre Fluchtdistanzen sind
individuell sehr unterschiedlich. Im Vergleich zu Störungen durch den
Badebetrieb und andere Freizeitnutzungen bewertet der Gutachter
den Einfluss des Bootsverkehrs auf die Avifauna aber als eher
gering. Vor allem im Winter sei eine Störung der Wasservögel
erkennbar, aber nicht als erheblich anzusehen, wenn das Boot etwa
100 Meter Abstand zur bestehenden Biotop-Schutzzone einhalte.
Dies käme den Graureihern wie auch rastenden Wasservögeln wie
Kormoranen, Gänsesägern und Silberreihern zugute. Zudem schütze
diese Absperrung auch dauerhaft die Brutplätze in der BiotopSchutzzone.
Durch den Badetourismus gestört, hat der Eisvogel
indes seine Zweitbrut aufgegeben. Daher schlägt der Gutachter vor,
das Angebot an Bruthöhlen im Umfeld der Schutzzone zu erweitern.

Somit empfiehlt der Gutachter seeseitig eine permanent gesperrte
Pufferzone von 100 Metern um die bestehende Biotop-Schutzzone.
Daher haben Umweltschutzamt, Forstamt, Angelsportverein und
NABU einvernehmlich vereinbart, die Biotop-Schutzzone wie in der
Anlage dargestellt abzugrenzen. Mit einbezogen wird die Bucht im
Nordwesten, die insbesondere für rastende Wintergäste wichtig und
daher für die Angelei bereits gesperrt ist. Insgesamt ist die beruhigte
Wasserfläche kleiner als noch 2014 vorgesehen. Die Regelungen
kommen den Erwartungen der Angler entgegen, die im Nordosten
weiterhin vom Boot und Ufer aus angeln dürfen.

Landseitig bleibt die Biotop-Schutzzone unverändert. Im nördlichen
Seedrittel besteht gemäß Erholungswaldsatzung ein Wegegebot. Im
Westen bleibt der bestehende Zaun erhalten und wird bei Schäden
instand gesetzt. Im Norden bildet der Landwassergraben eine
natürliche Barriere, die leider bei Niedrigwasser nicht immer
berücksichtigt wird. Sollten entsprechende Schilder und Barrieren
aus Kronenmaterial hier keine Abhilfe gegen unerlaubtes Betreten
der Schutzzone schaffen, könnte der bestehende Zaun bis zum
nordöstlichen Seezipfel verlängert werden. Am Ostufer sollen
Schilder auf den Vorrang des Naturschutzes hinweisen und neu
entstehende Badestellen unattraktiv gemacht werden. Angeln ist am
gesamten Ostufer möglich.

Seeseitig sollen Bojen und Schwimmketten eine gut sichtbare
Abgrenzung schaffen. Die abgesperrte Seefläche wird mit einer
wasserrechtlichen Verordnung für jedwede Freizeitnutzung gesperrt
und vom Angelsport ausgenommen. Östlich und südlich der Insel
verläuft die Barriere – so wie der Gutachter empfiehlt – in einem
Abstand von 100 Meter zur Insel. Die Absperrung umfasst auch die
Bucht südwestlich der Insel, die schon im aktuellen Pachtvertrag vom
Angelsport ausgenommen ist. Das westliche Ende der seeseitigen
Absperrung schließt landseitig an den bestehenden Zaun an.

Die Empfehlungen des Gutachters zur Verbesserung des Biotops
will die Stadtverwaltung weitgehend umsetzen. Insgesamt handelt es
sich dabei um mehr als ein Dutzend kleinerer und größerer
Maßnahmen. Unter anderem wird am Ostufer nördlich und südlich
einer zu belassenden Landzunge das Erdreich so weit abgetragen,
dass eine Flachwasserzone entsteht. Hier werden Schilf, Rohrkolben
und Binsen gepflanzt. Kronenmaterial soll den neuen Schilfgürtel für
Badende unattraktiv machen. Ist die Flachwasserzone erst
eingerichtet, gibt es mehr Laichmöglichkeiten für Fische und mehr
Nahrung und Brutplätze für Vögel.

Hineingefällte Baumkronen werden die Eingänge in die Kanäle, die
um die Insel und in die Flachwasserzone führen, versperren.
Ganz im Norden entsteht für den Eisvogel ein künstliches Steilufer
als Brutmöglichkeit.
Ein Tümpel hinter dem Damm im nordwestlichen Teil der Schutzzone
ist bisher von umstehenden Bäumen beschattet. Nun wird das
Forstamt einzelne Bäume Richtung Süden fällen, damit der Tümpel
mehr Sonne bekommt und Amphibien ihn zurück erobern.
Zudem wird das Forstamt in der Biotopschutzzone künstliche
Nisthilfen aus Holz einrichten.
Flankierend soll durch Öffentlichkeitsarbeit das Verständnis und die
Akzeptanz der Seebesucherinnen und -besucher erhöht werden.

Vor Ort hat Umweltbürgermeisterin Gerda Stuchlik heute auch die
nächsten Handlungsschritte vorgestellt. Die Wasserbehörde wird für
den Bereich der seeseitigen Biotop-Schutzzone den
Gemeingebrauch des Gewässers einschränken. Im Herbst beginnt
das Forstamt mit den Arbeiten zur Biotopverbesserung und zur
seeseitigen Absperrung. Die vereinbarten Regelungen werden in den
neuen Pachtvertrag mit dem Angelsportverein übernommen.
 
Eintrag vom: 07.04.2016  




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