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Donnerstag, 21. November 2024
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Schwerer Störfall im AKW Fessenheim im April 2014
Freiburgs OB Salomon fordert Regierungspräsidium auf, sofort eine grenzüberschreitende Sitzung einzuberufen

Oberbürgermeister Dieter Salomon fordert das Regierungspräsidium auf, sofort eine grenzüberschreitende CLIS-Sitzung einzuberufen. Anlass ist die Berichterstattung in verschiedenen Medien zu einem schweren Störfall des französischen Atomkraftwerks (AKW) Fessenheim vom 9. April 2014.

OB Salomon: „ Es ist unzumutbar, was hier von der französischen Atomaufsicht verschwiegen werden sollte. Wir wollen endlich Klarheit, was vor knapp zwei Jahren genau in Fessenheim passiert ist. Es kann nicht sein, dass wir als betroffene Nachbarn aus den Medien erfahren müssen, was jenseits des Rheins geschieht. Die Menschen in der Region haben ein Recht auf eine umfassende Aufklärung und Information über die Ursachen und den Verlauf des Störfalls.“ Schon seit vielen Jahren fordert OB Salomon die Stilllegung des pannenanfälligen AKWs in Fessenheim.

Auch Umwelbürgermeisterin Gerda Stuchlik sieht die Lage kritisch: „Wir haben keinerlei Vertrauen mehr in den Betreiber EDF und die französische Regierung. Der jetzt bekannt gewordene Zwischenfall gibt Anlass zu großer Sorge und bestätigt einmal mehr, dass das AKW Fessenheim ein immenses Gefahrenpotenzial birgt.“

Der Zwischenfall im AKW Fessenheim nahe der deutschen Grenze war demnach gravierender als bislang bekannt. Die französische Atomaufsicht Autorité de sûreté nucléaire (ASN) habe den Vorfall im April 2014 gegenüber der Internationalen Atomenergiebehörde heruntergespielt. Ein Wassereinbruch hatte damals die Elektrik beschädigt und zur Abschaltung eines Reaktors geführt. Eine Überschwemmung war die Folge, das Wasser auch in Schaltschränke gelaufen und damit offenbar eines der beiden Sicherheitssysteme außer Gefecht gesetzt worden sei. Die Atomaufsicht hatte damals erklärt, dass der Wassereinbruch keinen Einfluss auf das Funktionieren der Sicherheitssysteme gehabt habe.

Das 1978 in Betrieb genommene AKW Fessenheim ist inzwischen der älteste französische Reaktor. Nach heutigem technischen Stand gibt es viele Fragen zur Sicherheit der Anlage hinsichtlich Schutz vor möglichen Erdbeben, Überschwemmungen, Flugzeugabstürzen oder terroristischen Angriffen.

CLIS ist die Abkürzung von „Commission Locale d´Information et de Surveillance“ einem regionalen Ausschuss zur Beobachtung und Überwachung öffentlichkeits- und sicherheitsrelevanter Projekte und Anlagen. In der CLIS des elsässischen AKWS Fessenheim haben auch Vertreter aus Deutschland und der Schweiz einen Sitz.

Zudem ist die Stadt Freiburg bereits seit vielen Jahren Mitglied im TRAS, der Trinationale Atomschutzverband am Oberrhein. Der 2005 in Basel gegründete Zusammenschluss von Gemeinden, Kantonen und Verbänden will die Region vor den Gefahren des AKW Fessenheim schützen. Vor allem mit juristischen Mitteln soll die Stilllegung des Reaktors erreicht sowie der Bau eines Nachfolgekraftwerks verhindert werden.

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Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller bittet Frankreich um Klarstellung, wann das Kernkraftwerk Fessenheim vom Netz geht

Irritationen wegen Medienberichten über angeblich neue Erkenntnisse zu einem Störfall am 9. April 2014

Franz Untersteller: „Das Kernkraftwerk in Fessenheim erweist sich immer wieder als Sicherheitsrisiko. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Abschaltung ständig nachverhandelt wird.“

Umweltminister Franz Untersteller hat sich in einem Schreiben an die französische Umweltministerin Ségolène Royal gewandt und sie aufgefordert, die Stilllegung des Atomkraftwerks in Fessenheim nicht nochmals weiter zu verschieben.

Das Kraftwerk steht unmittelbar an der Grenze zu Baden-Württemberg, von einem Reaktorunfall wäre die Bevölkerung im Oberrheingebiet voraussichtlich am stärksten betroffen.

Gerade heute (04.03.) berichten verschiedene Medien über angeblich neue Erkenntnisse zu einem Zwischenfall in Fessenheim vom 9. April 2014. Damals war bei einem Wassereinbruch Wasser durch die Decke in einen Leitschrank geflossen und hatte einen Strang der Reaktornotabschaltung lahm gelegt. Dazu sagte Franz Untersteller: „Was uns bisher durch die Aufarbeitung des Ereignisses 2014 bekannt ist, deckt sich nicht mit den zum Teil dramatisch klingenden Beurteilungen des Zwischenfalls in den Medien. Wenn es aber neue Erkenntnisse zu diesem Zwischenfall geben sollte, wollen wir informiert werden und werden dem nachgehen! Klar ist, dass Fessenheim nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik entspricht, es gibt nur unzureichenden Schutz gegen interne Überflutungen und es gibt zu wenig Redundanzen, also unabhängig arbeitende Notsysteme.“

Untersteller erinnerte daran, dass er erst Anfang des Jahres ein Gutachten zur Sicherheit des Kernkraftwerks Fessenheim vorgelegt und auch an Ségolène Royal geschickt habe. „Dieses Gutachten hat erneut bestätigt, dass Fessenheim besser heute als morgen vom Netz genommen werden muss. Die beim Stresstest analysierten Sicherheitsreserven sind deutlich geringer als bei den in Deutschland noch vorübergehend betriebenen Kernkraftwerken und der Weiterbetrieb ist ein unzumutbares nukleares Sicherheitsrisiko.“

Bei dieser Sicherheitsbeurteilung sei es „nicht nachvollziehbar, dass die für spätestens Frühjahr 2017 versprochene und dringend notwendige Abschaltung des Kernkraftwerks Fessenheim laufend verschoben wird“, schrieb der baden-württembergische Umweltminister an Royal.

Er bezog sich dabei auf Äußerungen des Kraftwerkbetreibers EDF, die befürchten lassen, dass sich die Stilllegung noch um bis zu drei Jahre verzögern könnte. Die EDF hatte Bauverzögerungen am neuen Reaktorblock 3 des Kernkraftwerks in Flamanville an der französischen Ärmelkanalküste angekündigt. Die französische Regierung wiederum hatte vor einigen Monaten bereits das Aus von Fessenheim zeitlich an die Inbetriebnahme des neuen Reaktors Flamanville gekoppelt.

Franz Untersteller: „Frankreichs Staatspräsident Hollande hatte die Abschaltung in seiner jetzigen Amtsperiode, also bis spätestens Frühjahr 2017 angekündigt, vergangenes Jahr kam das Jahr 2018 als Stillegungsjahr ins Gespräch – und jetzt geht es offensichtlich um 2020. Diese laufende Verschiebung ist irritierend, und sie ist ein Risiko. Ich erhoffe mir eine klare und dann auch verlässliche Aussage der französischen Umweltministerin.“
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Eintrag vom: 06.03.2016  




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