Ausbau des „Jütland-Korridors“ ist bessere Alternative
Anlässlich der Beratung der deutsch-dänischen Verkehrskommission am heutigen Montag in Flensburg fordert der NABU Deutschland und Dänemark erneut auf, die Pläne für das Mammut-Projekt feste Fehmarnbeltquerung endgültig zu begraben. Angesichts ökologischer Risiken und unverhältnismäßiger Gesamtprojektkosten von rund zwölf Milliarden Euro inklusive der Hinterlandanbindungen auf beiden Seiten des Fehmarnbeltes bleibe das Projekt überflüssig. Der NABU setzt sich seit Langem dafür ein, statt der teuren und ökologisch hoch problematischen Fehmarnbeltquerung, den so genannten „Jütland-Korridor“ – die Verbindung von Hamburg über Flensburg und die Storebelt-Brücke – auszubauen. So könnten Kosten gespart und große Schäden für Natur und Umwelt vermieden werden. Beide Routen sind Teile des europäischen Transportnetzes TEN-T.
„Der NABU steht bei Infrastrukturprojekten für das Prinzip Erhalt und Ertüchtigung, und zwar vor allem dann, wenn sich durch kluge Alternativen Neubauten vermeiden lassen. Die europarechtlich zwingend vorgeschriebene Prüfung der möglichen Alternative über Jütland ist jedoch unrechtmäßiger Weise durch den Staatsvertrag ausgehebelt worden. Das werden wir auf jeden Fall angreifen“, sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Die feste Fehmarnbeltquerung verbinde nachweislich zwei Rapsfelder, und für das bislang prognostizierte Verkehrsaufkommen werde in Deutschland in der Regel nicht mal eine Umgehungsstraße gebaut.
Kürzlich hatte ein hochrangiger Mitarbeiter des Vorhabenträgers (die dänische Bau- und Planungsgesellschaft Femern A/S) auf einer Anhörung die Fehmarnbeltquerung als „Ergänzung“ zum Jütland-Korridor bezeichnet.
„Durch den Elbtunnel bei Hamburg fahren täglich 150.000 Fahrzeuge. Mit offiziell erwarteten 10.000 Verkehrsbewegungen wird es am Fehmarnbelt auch in 100 Jahren keinen Bedarf geben, der diese ökologischen Schäden in einem europäisch geschützten, hoch sensiblen Meeresgebiet rechtfertigt. Ergänzungen baut man dann, wenn infrastruktureller Druck herrscht und nicht, weil es politisch gewollt ist“, so Miller weiter. Das sei keine nachhaltige Verkehrspolitik. In einem Schreiben hatte der NABU dem dänischen Transportausschuss kürzlich angeboten, seine Vorbehalte gegen die Fehmarnbeltquerung persönlich vorzutragen.
Für bedeutungslos mit Blick auf das niedrige Verkehrsaufkommen hält der NABU daher auch die gerade veröffentlichte Finanzanalyse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young. Darin wird dem Vorhabenträger Femern A/S bescheinigt, dass eine feste Fehmarnbeltquerung angeblich unter den für eine solide Refinanzierung wichtigen 39 Jahren realisiert werden könnte. Der mangelnde Bedarf und die mögliche Alternative über Jütland rechtfertigen aus NABU-Sicht selbst dann das Projekt nicht, wenn sich das Vorhaben – wie in der Analyse behauptet – betriebswirtschaftlich rechnen würde.
„Bei einer ersten Prüfung der Bewertung ist uns darüber hinaus aufgefallen, dass Ernst&Young zum Beispiel bei der Ticketpreisgestaltung und der Konkurrenz der Fährlinie von falschen Voraussetzungen ausgehen. Am Ende ist das Ergebnis einer Analyse eben nur so richtig, wie die zugrunde gelegten Annahmen“, so Malte Siegert, Fehmarnbeltexperte des NABU. Auch deswegen bleibe der NABU von der dänischen Entscheidung unbeeindruckt. Der Erörterungstermin in Kiel vom November 2015 habe verdeutlicht, dass der Vorhabenträger auf viele negative ökologische Auswirkungen keine Antworten hat. Nicht nur deren juristische Klärung werde auf nationaler und europäischer Ebene Zeit in Anspruch nehmen.
Mit Blick auf den kommenden Bundesverkehrswegeplan birgt die Entscheidung nach Auffassung des NABU weiterhin zahlreiche finanzielle Risiken für den nationalen Haushalt. Noch vor dem ersten Spatenstich sind die Baukosten von 900 Millionen auf fast drei Milliarden Euro für die Hinterlandanbindung zwischen Lübeck und Puttgarden auf Fehmarn gestiegen. |