Erdkabel verringern Konflikte mit Natur und Anwohnern
Erdkabelvorrang ersetzt keine umsichtige Planung
Der NABU begrüßt den heutigen Beschluss des Bundesrats, beim Netzausbau künftig den unterirdisch verlegten Erdkabeln grundsätzlich Vorrang zu geben. „Erdkabel sind für uns Verbraucher und für die Natur oft die bessere Wahl. Im Vergleich zu Freileitungen zerschneiden sie nicht die Landschaft, sie bergen keine Gefahren für Vögel und langwierige Diskussionen um den Bau von neuen Trassen werden vermieden. Für die Energiewende und ihre Akzeptanz ist das ein wichtiger Schritt“, sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.
Nach dem Beschluss des Bundestags müssen neue überregionale Gleichstromtrassen, wie das kontrovers diskutierte Vorhaben „SüdLink“, künftig voll oder teilweise unter der Erde verlegt werden. Nur in Ausnahmefällen oder bei direkter Forderung von Gemeinden können für bestimmte Abschnitte Freileitungen errichtet werden. Dies bedeutet eine 180-Grad-Wende, da der Netzausbau zuvor ausschließlich mit Freileitungen als Standard geplant wurde.
Doch den Vorteilen der Erdkabel für die Natur – Lebensräume bleiben unzerschnitten, keine Kollisionen von Vögeln an Leitungen, keine weithin sichtbaren Freileitungen – stehen auch Risiken gegenüber. „Bei Erdkabeln gilt der Grundsatz, auf direktem Wege durch das Land zu graben. Das darf aber nicht dazu führen, dass jedes Schutzgebiet, das im Weg liegt, aufgebuddelt wird. Sonst drohen erhebliche Auswirkungen auf Böden, Vegetation und den Wasserhaushalt“, so Miller. Trotz des nun geltenden gesetzlichen Vorrangs für Erdkabel müssen nach Ansicht des NABU Trassen weiterhin gewissenhaft geplant und nach Standortalternativen gesucht werden. Schließlich entstehen bei der aufwendigen Kabelverlegung 35 bis 45 Meter breite Baustellen. Vorher unzerschnittene Wäldern würden von Schneisen durchteilt, die dauerhaft frei von Gehölzen bleiben.
Statt eines grundsätzlichen Erdkabelvorrangs bei Gleichstromleitungen ist nach Ansicht des NABU auch die ergebnisoffene Prüfung der jeweiligen Übertragungstechnik in den betroffenen Regionen eine praktikable Lösung. Im Flachland bestehen deutlich bessere Voraussetzungen für die unterirdische Leitungsführung als im deutschen Mittelgebirge, was sich bei dem entstehenden Eingriff in die Natur und den entstehenden Mehrkosten bemerkbar macht.
Erfreulich ist, dass nun auch im Drehstromnetz mehr Erdkabel möglich werden. So können neben der Annäherung an Wohnbebauungen auch Konflikte mit dem Artenschutz oder den Schutzgebieten des Natura-2000-Netzes Gründe für den Einsatz von Erdkabeln sein. Dies hatte der NABU durchweg gefordert. Das Änderungsgesetz ermöglicht für fünf konkrete Drehstromplanungen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein die Erprobung der Teilverkabelung, darunter auch die sogenannten Ostküstenleitung bei Lübeck, die vor allem für Zugvögel als besonders kritisch zu bewerten ist.
Große Probleme stellen für Groß- und Wasservögel bereits bestehende Freileitungen dar, weil sie die Leitungen und vor allem das dünne Blitzschutzseil ganz oben oft zu spät erkennen um auszuweichen. Jedes Jahr verenden so Tausende Zug- und Rastvögel, vor allem nachts oder bei Nebel. Hier müssen sich die Netzbetreiber deutlich mehr ins Zeug legen, um mit sichtbaren Vogelschutzmarkierungen das Problem deutlich zu verringern. |