Botschafter fĂŒr mehr Artenvielfalt in AgrarrĂ€umen und Siedlungsbereichen
Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und sein bayerischer Partner, der Landesbund fĂŒr Vogelschutz (LBV), haben den Stieglitz (Carduelis carduelis) zum âVogel des Jahres 2016â gewĂ€hlt. Auf den Habicht, Vogel des Jahres 2015, folgt damit ein Singvogel, der zu den farbenfrohesten Vögeln Deutschlands zĂ€hlt. Der auch Distelfink genannte Stieglitz steht fĂŒr vielfĂ€ltige und farbenfrohe Landschaften, denn er ernĂ€hrt sich vornehmlich von den Samen zahlreicher verschiedener BlĂŒtenpflanzen, GrĂ€ser und BĂ€ume. Bunte Landschaften mit ausreichend Nahrung gibt es jedoch immer weniger, daher ist der Bestand des Stieglitzes in Deutschland in den vergangenen Jahren stark zurĂŒckgegangen.
âAllein in der Agrarlandschaft sind seit 1994 fast 90 Prozent aller BrachflĂ€chen mit ihrer heimischen Artenvielfalt verloren gegangen. Auch Randstreifen mit Blumen und WildkrĂ€utern an Feldern und Wegen werden immer weniger und artenĂ€rmer. Im Siedlungsraum verschwinden wildblumenreiche BrachflĂ€chen, öffentliches und privates GrĂŒn wird zu intensiv gepflegt, Wildkrautvielfalt gar weggespritzt. FĂŒr unseren Jahresvogel wird es in Deutschland inzwischen engâ, sagte NABU-VizeprĂ€sident Helmut Opitz. Es gebe viele Möglichkeiten, den Lebensraum des farbenfrohen Finken zu erhalten. Schon kleine unbelassene Ecken in GĂ€rten, an Sport- und SpielplĂ€tzen, Schulen, AckerflĂ€chen oder StraĂenrĂ€ndern trĂŒgen dazu bei.
âĂberregional kann nur eine Reform der bestehenden EU-Agrarverordnungen und -Förderinstrumente den Verlust landwirtschaftlicher BrachflĂ€chen stoppen. Aber auch in StĂ€dten und Gemeinden werden Konzepte benötigt, damit es mehr Wildnis am StraĂenrand und auf grĂŒnen FlĂ€chen gibtâ, sagte der LBV-Vorsitzende Norbert SchĂ€ffer. Auch private GĂ€rtner können sich fĂŒr den Erhalt von LebensrĂ€umen des Stieglitzes einsetzen. Das Anlegen von BlĂŒhflĂ€chen mit heimischen WildkrĂ€utern sowie ObstbĂ€umen und der Verzicht auf Pestizide helfen dem zierlichen Finken.
Der Bestand des Stieglitzes hat in Deutschland laut den Daten des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten von 1990 bis 2013 um 48 Prozent abgenommen. Offizielle SchÀtzungen gehen derzeit von 305.000 bis 520.000 Brutpaaren in Deutschland aus. Stieglitze leben sowohl auf dem Land als auch in Siedlungen, solange es einen geeigneten Brutplatz und genug Nahrung gibt. Diese findet er an Acker- und Wegrainen, auf Brachen oder in Parks und GÀrten. Knapp 60 Prozent des bundesweiten Bestandes leben im Siedlungsraum, die restlichen 40 Prozent in der Agrarlandschaft.
Wie alle Vertreter der Gattung Carduelis haben auch Stieglitze eine schlanke Gestalt mit einer KörperlĂ€nge von zwölf bis 13 Zentimetern. Unverwechselbar leuchtet ihre rote Gesichtsmaske auf dem ansonsten weiĂ und schwarz gefĂ€rbten Kopf. RĂŒcken und Brust sind hellbraun, Bauch und BĂŒrzel weiĂ gefĂ€rbt. Markant ist auch die gelbe FlĂŒgelbinde an den ansonsten schwarzen FlĂŒgeln. Ihr typischer Ruf brachte ihnen auch ihren deutschen Namen ein. Am hĂ€ufigsten ertönt ein helles, zwei- bis dreisilbiges âdidelitâ oder âdidlilitâ oder eben âstiglitâ. Vor allem im SpĂ€tsommer und Herbst ist der Stieglitz oft auf Disteln, Kletten und Karden anzutreffen, aus denen er geschickt die Samen herauspickt. Dieser Vorliebe verdankt er auch den Zweitnamen Distelfink. Zudem sind Stieglitze ĂŒberaus gesellig. Sie fliegen im Schwarm auf Nahrungssuche und leben selbst zur Brutzeit in lockeren âWohngemeinschaftenâ mit anderen Paaren.
Gleichzeitig mit der VerkĂŒndung des âVogel des Jahresâ starten der NABU und der LBV die Aktion âBunte Meter fĂŒr Deutschlandâ. Ziel ist es, möglichst viele Meter wildkrautreicher GrĂŒnflĂ€chen als neue LebensrĂ€ume fĂŒr den Stieglitz und andere Singvögel zu schaffen. Ob dabei FlĂ€chen mit Wildblumen neu eingesĂ€t werden, BrachflĂ€chen gerettet, Ackerrandstreifen angelegt werden oder ob Kommunen bei der Pflege von StraĂenrĂ€ndern auf Gift und stĂ€ndiges MĂ€hen verzichten â auf einer Deutschlandkarte sollen diese Entwicklungen und Projekte dokumentiert werden. |