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Kaiserstuhl-Petition: Den Wert der Kaiserstuhllandschaft bewahren!
Petition gegen die Entscheidung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 22.01.2015, Az 21-2402/2-045, eine Abweichung von den Zielen des Regionalplans (Grünzäsur) für eine Sonderbaufläche in Vogtsburg zur Errichtung eines Weingutes mit Gaststätte und
Ferienwohnungen in der Grünzäsur Nr. 39 des Regionalplans Südlicher Oberrhein, im FFH- Gebiet Kaiserstuhl und im Vogelschutzgebiet Kaiserstuhl zuzulassen.


Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

wir wenden uns an Sie in Sorge um den Erhalt eines Kerngebietes der besonders wertvollen Landschaft im inneren Kaiserstuhl.

Das Regierungspräsidium Freiburg hat am 22.1.2015 im Rahmen eines Zielabweichungsverfahrens für den Neubau eines großen Komplexes mit Weingut, Gaststätte und Ferienwohnungen in einer der schönsten und wertvollsten südbadischen Landschaften, in unmittelbarer Nähe zu den zentralen Naturschutzgebieten „Badberg und Haselschacher Buck“ sowie „Schelinger Weide und Barzental“ die Abweichung von der im Regionalplan enthaltenen Ausweisung einer Grünzäsur zugelassen und damit den Weg frei gemacht für die nächsten planungsrechtlichen Schritte der Gemeinde.

Der Neubaukomplex ist zwischen den Ortsteilen Oberbergen und Schelingen der Stadt Vogtsburg am südlichen Ausgang des Hessentales im Außenbereich geplant. Der Standort liegt in der Grünzäsur Nr. 39 des Regionalplanes, darüber hinaus vollständig im FFH-Gebiet Kaiserstuhl und im Vogelschutzgebiet Kaiserstuhl.

Die geplanten Maßnahmen sind im Hinblick auf Flächenverbrauch und Bauvolumen außergewöhnlich massiv und stellen einen erheblichen Eingriff in eine bislang kaum gestörte, mehrfach geschützte Landschaft dar. Das wurde in den Abwägungen des Regierungspräsidiums zwar auch so gesehen, aber nicht angemessen gewichtet. Hierzu können aus unserer Sicht auch die beschönigenden und verharmlosenden Darstellungen beigetragen haben, die sich in den Antragsunterlagen der Stadt Vogtsburg wie auch in dem zugehörigen Umweltbericht finden.

Ein öffentliches Interesse für einen Neubau an diesem sensiblen Standort, welches möglicherweise die Zielabweichung bezüglich der Grünzäsur rechtfertigen könnte, wird im Antrag der Stadt Vogtsburg unterstellt und ist offenbar in die Abwägung des Regierungspräsidiums eingeflossen. Aus unserer Sicht geht es hier aber in erster Linie um private
wirtschaftliche Interessen, die verständlich sind, nicht jedoch dazu führen dürfen, dass übergeordnete Ziele der Raumordnung wie eben eine Grünzäsur ausgehebelt werden.

Gegen eine positive Entscheidung auf Zulassung einer Zielabweichung gem. § 24 Landesplanungsgesetz (LplG) sprechen die folgenden Aspekte:


1. Voraussetzung für eine Genehmigung ist, dass die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. (§ 6 Abs. 2 ROG i.V.m. § 24 Satz 1 LplG). Wir können nicht erkennen, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind. Die angestrebte Zielabweichung ist u. E. unter raumordnerischen Gesichtspunkten nicht vertretbar, sie widerspricht wichtigen Grundzügen der Planung. Die Entscheidung des Regierungspräsidiums ist nicht
nachvollziehbar.

2. Das Vorhaben liegt vollständig in einer Grünzäsur des Regionalplanes Südlicher Oberrhein. Grünzäsuren sind von der Zielsetzung her für eine Besiedelung tabu. (vgl. Ziffer 3.1.2 des Regionalplanes). Die Bedingungen, die lt. Regionalplan für eine Ausnahme erfüllt sein müssen, liegen nicht vor, nämlich Planungen für „standortgebundene bauliche Anlagen der Land- und Forstwirtschaft sowie standortgebundene bauliche Anlagen der technischen Infrastruktur“.

3. Das Vorhaben liegt vollständig in einem Gebiet des europäischen Natura-2000-Netzwerkes, und zwar deckungsgleich als FFH-Gebiet wie auch als Vogelschutzgebiet. Abweichend von der Meinung der Gutachter halten wir eine erhebliche
Beeinträchtigung des Natura-2000-Gebietes durch das Projekt für gegeben und daher nach § 38, Abs. 2 NatSchG für unzulässig.

4. Das Vorhaben könnte nach § 38, Abs 3 NatSchG nur zugelassen werden, wenn es „aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig“ wäre. Dies ist jedoch bei diesem Vorhaben nicht der Fall. Es verfolgt ganz überwiegend private wirtschaftliche Interessen.

5. Es gibt im gesamten Kaiserstuhl kein Gebiet, das auch nur annähernd eine solche Häufung von großen und kleineren Naturschutzgebieten aufweist wie die Umgebung von Oberbergen und Schelingen. Dies zeigt, dass sich hier besonders wertvolle Bereiche befinden, und zwar unter wissenschaftlichen, naturschutzfachlichen, touristischen und ethischen Aspekten. Die geplante massive Beeinträchtigung dieses Gebietes wäre geradezu ein Sakrileg, das großes Unverständnis und Protest in der Öffentlichkeit hervorrufen würde.

6. Die Umgebung von Schelingen unter Einschluss des Talganges nach Oberbergen ist mit ihrer vielfältig strukturierten Landschaft eines der reizvollsten Gebiete im gesamten Kaiserstuhl. Es hat daher besondere Bedeutung für den Tourismus, der im Kaiserstuhl stark an Natur und Landschaft ausgerichtet ist. Eine Bebauung in dem fraglichen Gebiet, verbunden mit Verlärmung, Verrummelung und massiven Eingriffen, wäre im Sinne des sanften, landschaftsorientierten Tourismus im Kaiserstuhl schädlich und im Interesse vieler Besucher unerwünscht. Vgl. dazu die Grundsätze von „Plenum
Kaiserstuhl“ und von „Naturgarten Kaiserstuhl – kaiserlich genießen“ (z.B. in der „Plenum-Abschlussbroschüre“, 2014), nicht zuletzt auch das von der Gemeinde Vogtsburg initiierte und von Plenum unterstützte Projekt zur „Landschaftsentwicklung der Talgänge im inneren Kaiserstuhl“.

7. Es muss auch darauf hingewiesen werden, dass die einzige Anbindung des Weingutes an den Straßenverkehr über die Ruländerstraße im östlichen Ortsausgang von Oberbergen erfolgen soll. Diese Straße ist sehr schmal, sie wird auf
der einen Seite durch Privatgrundstücke, auf der anderen Seite durch steile Rebböschungen (Natura 2000!) begrenzt und ist derzeit im weiteren Verlauf für den öffentlichen Verkehr gesperrt. Es ist schwer vorstellbar, wie dieses Sträßchen für den zu erwartenden Verkehr - auch mit großen Fahrzeugen – tauglich gemacht werden soll. Im Übrigen kommen die Anlieger vom Regen in die Traufe: anstelle der Störungen durch das Weingut innerorts müssten sie künftig mit den Baumaßnahmen und dem Verkehr zum/vom neuen Weingut leben.

8. Mit der Verletzung wichtiger zeitgemäßer Ziele der Raumordnung und des Natur- und Landschaftsschutzes im Allgemeinen (schonender Umgang mit der Fläche, Vermeidung von Bauen im Außenbereich, Bewahrung von Biodiversität und landschaftlicher Vielfalt) wie auch im Speziellen (Beeinträchtigung der Grünzäsur sowie des Natura-2000-Gebietes) steht das Vorhaben im Widerspruch zu den Zielsetzungen nicht nur vergangener Landesregierungen, sondern insbesondere auch zu den
Zielsetzungen der amtierenden Grün-Roten Landesregierung (vgl. Koalitionsvertrag 2011, S.S. 35 ff.). Wir sind daher sehr enttäuscht und verwundert über die positiven Weichenstellungen des Regionalverbandes (Planungsausschuss, Stellungnahme vom 15.07.2014) wie auch des Regierungspräsidiums Freiburg. Durch dessen Zulassung der Abweichung vom Regionalplan (vom 22.01.2015) werden wichtige politische Ziele der Landesregierung unterlaufen und es wird in der Öffentlichkeit ein fragwürdiges Zeichen gesetzt.


Dass diese Entscheidung einen Präzedenzfall schaffen würde, wird in den Abwägungen des Regierungspräsidiums zwar thematisch aufgegriffen, aber in seiner Tragweite nicht ernst genug genommen. Wir sind sehr besorgt, dass mit dieser Entscheidung einem Missbrauch des Instruments „Zielabweichungsverfahren“ mit schädlichen Folgen für Natur und Landschaft auch an anderen Stellen Tür und Tor geöffnet wird.

Die Unterzeichner wollen eine Erweiterung und Verlagerung des betroffenen Weingutes nicht grundsätzlich verhindern. Sie halten aber den jetzt angestrebten Standort aus den genannten Gründen für völlig ungeeignet. Sie bitten deshalb den Petitionsausschuss, die in dieser Sache ergangenen Entscheidungen zu überprüfen und den betroffenen Weinbaubetrieb bei der Suche nach einem geeigneteren Standort zu unterstützen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Brigitte Dahlbender,BUND-Landesvorsitzende
Dr. Andre Baumann, NABU-Landesvorsitzender
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Eintrag vom: 08.05.2015  




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