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Jetzt Kündigung der Lebensversicherung prüfen
Umstrittenes Gesetz ausgebremst

Trotz massiver Proteste des Verbraucherschutzes und der Oppositionsparteien hat die Bundesregierung das Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) im Eilverfahren durchgepeitscht (Einzelheiten siehe ÖKO-TEST-Magazin 7/2014). Am 11. Juli wurde es – versehen mit marginalen Änderungen zugunsten des Vertriebs, der seine Provisionen jetzt doch nicht offen legen muss – vom Bundesrat abgenickt. Die Branche vertraute schon fest darauf, es werde noch in diesem Monat in Kraft treten. Doch jetzt bremst Bundespräsident Joachim Gauck das umstrittene Gesetz erst einmal aus. Nach einem offenen Brief vom Bund der Versicherten (BdV) an ihn will er das Gesetz eingehend prüfen, bevor er unterschreibt. Denn der BdV hatte – genau wie ÖKO-TEST in einer Stellungnahme für den Finanzausschuss – verfassungsrechtliche Bedenken gegen das LVRG vorgebracht, weil es massiv in die Ansprüche der Kunden von Lebens- und Rentenversicherungen eingreift. Allein die Kürzung der Kundenbeteiligung an den Bewertungsreserven steht vermutlich im Widerspruch zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 2005, das in der Praxis ohnehin nicht angemessen umgesetzt wurde. Denn wie ÖKO-TEST aufdeckte (ÖKO-TEST-Magazin 02/2014), bekamen die Kunden von Anfang an gar nicht mehr Geld. Im Gegenteil. Die – verfassungsrechtlich gebotene – Beteiligung an den Bewertungsreserven wurde in der Praxis überwiegend durch Verrechnung mit anderen Gewinnbausteinen, wie der Schlussgewinnbeteiligung finanziert und die Kunden erhalten keine wirkliche Mehrausschüttung. „Eine zusätzliche Belastung der Versicherer durch steigende Ausschüttungen der Bewertungsreserven in Niedrigzinszeiten, wie sie die Versicherer immer wieder behaupten, findet daher gar nicht statt“, kritisierte ÖKO-TEST aufgrund seiner Berechnungen und Recherchen.

Darüber hinaus bittet das LVRG – ebenfalls anders als von der Regierung behauptet – fast ausschließlich die Kunden für die Sicherheit ihrer Verträge zur Kasse. Theoretisch sollen zwar die Versicherer künftig in gleicher Höhe auf Bilanzausschüttungen verzichten, wenn die Bewertungsreserven für Kunden gekürzt werden. Doch in der Praxis ist die geplante Ausschüttungssperre bei den Dividenden so löchrig wie Schweizer Käse. Der Grund ist simpel: Beim Gros der 71 Aktiengesellschaften unter den Lebensversicherungsunternehmen handelt es sich um Tochtergesellschaften großer Konzerne. Bei vielen greift die Ausschüttungssperre gar nicht, denn mindestens 21 Unternehmen, darunter vor allem die großen, gut verdienenden Lebensversicherer wie die Allianz, haben nach Angaben von BaFin-Exekutivdirektor Felix Hufeld Gewinnabführungsverträge geschlossen. Dadurch fließt der Gewinn schon vor der offiziellen Dividendenausschüttung ab. Für den Allianz-Konzern beispielsweise, der seinen Aktionären Anfang August die Ergebnisse aus dem zweiten Quartal vorlegen muss, wird 2014 daher sogar eine Erhöhung des Gewinns und der Dividende erwartet. Kurz: Das LVRG belastet vor allem die Kunden, den Unternehmen tut es dagegen so gut wie gar nicht weh. Auch das steht im Widerspruch zum Tenor des Urteils des Verfassungsgerichts.

Der BdV wertet das angekündigte Prüfverfahren des Bundespräsidenten daher vor allem als Denkzettel für die Große Koalition.“Verbrauchern und Kritikern des Gesetzes wurde nie ernsthaft die Möglichkeit eingeräumt, sich zum Gesetzentwurf zu positionieren“, bemängelt Axel Kleinlein, Vorstandsvorsitzender des BdV. Verbrauchern, deren Verträge in diesem Jahr auslaufen, verschafft das Eingreifen des Bundespräsidenten jetzt noch einmal Luft. Sie können die Verschnaufpause nutzen, um jetzt gründlich zu prüfen, ob sie mit einer raschen Kündigung ihres Vertrags den geplanten Kürzungen zuvor kommen können. Ob sich das lohnt, lässt aber nur in jedem Einzelfall ermitteln. Die notwendigen Daten sollten Verbraucher jetzt beim Versicherer abfragen. Entsprechende Musterbriefe halten viele Verbraucherzentralen und ÖKO-TEST bereit. Sollte der Versicherer versuchen, die Auskunft zu verzögern oder zu verweigern, machen Sie schriftlich Druck, dokumentieren Sie alle Schritte und weisen Sie den Versicherer darauf hin, dass er sich unter Umständen schadensersatzpflichtig macht. Anschließend sollte sie sich bei einer Verbraucherzentrale oder beim Bund der Versicherten beraten lassen. Der BdV bietet diesen Service aber nur für Mitglieder an.
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Eintrag vom: 01.08.2014  




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