Tschimpke: Naturnahen Hochwasserschutz jetzt in die Wege leiten
Berlin – Ein Jahr nach dem Jahrhunderthochwasser in den Elbe-Regionen im Juni 2013 sieht der NABU weiterhin dringenden Handlungsbedarf beim bundesweiten Hochwasserschutz. „Vor allem die Wiederherstellung von Überflutungsflächen und die Renaturierung der Flüsse sind wichtige Maßnahmen, die neben dem Hochwasserschutz auch einen zusätzlichen Mehrwert für Mensch und Natur bringen“, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Nur noch ein Drittel der ursprünglichen Überflutungsflächen an deutschen Flüssen stünden zur Verfügung, an den großen Strömen seien teilweise bis zu 90 Prozent der natürlichen Auen vom Fluss abgeschnitten.
Angesichts der Hochwasserereignisse des vergangenen Jahres und der Vorjahre ist aus Sicht des NABU die Umsetzung eines natürlichen Hochwasserschutzes unerlässlich. Der Deichausbau müsse sich künftig auf Siedlungen und wichtige Infrastruktur konzentrieren. Landwirte und Eigentümer sollten entschädigt werden, wenn künftig der Deichschutz entfällt und die Nutzung der Flächen an den Hochwasserschutz angepasst wird. Die Deichsanierungen seit 2002 hätten zwar einige Orte geschützt, an anderen Stellen, wie zum Beispiel in Magdeburg, die Schäden aber deutlich erhöht.
NABU-Präsident Tschimpke sieht hier insbesondere die Öffentliche Hand in der Pflicht: „Der Bund muss das im Koalitionsvertrag zugesagte Bundesprogramm Blaues Band zügig voranbringen und den Ausbau natürlicher Retentionsflächen und die Renaturierung von Flüssen und Auen konsequent fördern.“ Bei der Umsetzung des ebenfalls geplanten Nationalen Hochwasserschutzprogramms seien Bund und Länder gleichermaßen gefordert, dem naturnahen Hochwasserschutz angemessene Anteile einzuräumen und die dafür nötigen Investitionsmittel bereitzustellen.
„Von großer Bedeutung für einen natürlichen Hochwasserschutz ist aber auch, dass der Regen gleich vor Ort versickern kann und es erst gar nicht zu schadvollen Abflüssen in die Flüsse kommt. Hier sind Städte und Gemeinden gefordert, die Bebauungsverbote in den Überschwemmungsgebieten konsequent durchzusetzen und Maßnahmen zum dezentralen Regenwasserrückhalt zu fördern“, so NABU-Flussexpertin Julia Mußbach.
Für den NABU sind Flussrenaturierungen ein wichtiger Beitrag zum Arten-, aber auch Hochwasserschutz und er zeigt in einem gemeinsamen Projekt mit dem Bund und den Ländern Brandenburg und Sachsen-Anhalt, wie es gehen kann. Das NABU-Projekt „Untere Havel“ widmet sich der Renaturierung eines der bedeutsamsten Feuchtgebiete Mitteleuropas. Dort werden im Rahmen der Renaturierung der Unteren Havel auch bis zu 500 Hektar Überflutungsfläche zurückgeholt, die sich im vergangenen Jahr bereits positiv auf die Entwicklung des Hochwasserscheitels auswirkten. Anlässlich des Projekts läuft noch bis zum 21. Juni die Havelberry-Finn-Tour (www.havelberry-finn-tour.de )entlang der Havel, um auf dieses einzigartige Ökosystem im Nordosten Deutschlands aufmerksam zu machen. Das NABU-Projekt „Untere Havel“ erstreckt sich über 18.900 Hektar und ist damit das größte dieser Art in Europa. Im Juni 2013 waren weite Teile des Gebiets aufgrund des Elbehochwassers und der Flutung der Havelpolder überschwemmt. |