Tschimpke: Gemeinsame Regelung fĂŒr ökologische Zeitbomben ist ĂŒberfĂ€llig
Der NABU und sein Dachverband BirdLife International haben die heute von der EU-Kommission vorgelegten VorschlĂ€ge fĂŒr eine Verordnung zu invasiven Arten begrĂŒĂt, fordern aber Nachbesserungen. Die Verordnung soll dazu beitragen, gebietsfremde Arten besser zu kontrollieren und einzudĂ€mmen, etwa durch Verbote der bewussten Ausbringung und AktionsplĂ€ne zur Beseitigung bereits eingewanderter Arten. âWeltweit gehören invasive Arten zu den gröĂten Bedrohungen der biologischen Vielfalt. Es handelt sich um ökologische Zeitbombenâ, sagte NABU-PrĂ€sident Olaf Tschimpke. Der Vorschlag fĂŒr eine EU-Verordnung sei mehr als ĂŒberfĂ€llig, zumal sich die Vertragsstaaten der BiodiversitĂ€ts-Konvention (CBD), darunter alle EU-Mitgliedstaaten, bereits 1992 dazu verpflichtet hĂ€tten, die Einwanderung neuer invasiver Arten zu verhindern sowie bereits eingewanderte Arten besser zu kontrollieren.
In Europa gibt es inzwischen ĂŒber 12.000 gebietsfremde Arten, von denen mindestens 15 Prozent als invasiv gelten. Diese invasiven Arten (Englisch: âInvasive Alien Speciesâ), können sich sehr negativ auf die biologische Vielfalt auswirken, wenn sie zum Beispiel einheimische Arten aus ihrem Lebensraum verdrĂ€ngen. Ein bekanntes Beispiel sind amerikanische Flusskrebse, die eine Pilzinfektion eingeschleppt haben (âKrebspestâ), die fast zur Ausrottung des europĂ€ischen Edelkrebses fĂŒhrte. Andere Arten können erhebliche ökonomische SchĂ€den anrichten wie beispielsweise die pazifische Auster in MiesmuschelbĂ€nken im Wattenmeer. Manche Arten stellen auch eine Gesundheitsgefahr fĂŒr den Menschen dar, so etwa der aus dem Kaukasus stammende RiesenbĂ€renklau oder die nordamerikanische BeifuĂ-Ambrosie, deren Pollen fĂŒr Allergiker gefĂ€hrlich sind.
Die ökonomischen und medizinischen Folgekosten invasiver Arten werden EU-weit auf mindestens zwölf Milliarden Euro jĂ€hrlich geschĂ€tzt. Invasive Arten werden hĂ€ufig durch das Ballastwasser von Schiffen oder Rumpfanhaftungen eingeschleppt, sowohl auf See als auch auf FlĂŒssen. Andere Arten wie der RiesenbĂ€renklau oder das im Himalaya beheimatete DrĂŒsige Springkraut wurden gezielt von Menschen importiert, zum Beispiel fĂŒr den Gartenbau. Die Ausbreitung vieler Arten wird inzwischen auch durch den Klimawandel begĂŒnstigt, etwa des Asiatischen Tigermoskito, der Gelbfieber und andere Krankheiten ĂŒbertrĂ€gt und inzwischen in sĂŒdeuropĂ€ischen LĂ€ndern bis nach Norditalien festgestellt wurde.
Claus Mayr, NABU-Experte in BrĂŒssel, kritisierte, dass der Vorschlag der Kommission viel zu kurz greife: âAngesichts der enormen ökologischen und ökonomischen Folgen von mehr als tausend invasiven Arten ist es nicht nachvollziehbar, weshalb die EU-Kommission sich in ihrem Vorschlag auf nur fĂŒnfzig Arten beschrĂ€nken will.â Zudem hĂ€tte die Kommission das Verursacherprinzip stĂ€rker berĂŒcksichtigen mĂŒssen. âWer bewusst invasive Arten einfĂŒhrt oder diese in die Natur ausbringt, muss dafĂŒr zur Verantwortung gezogen werden. Im deutschen Naturschutzrecht ist dies schon seit einigen Jahren verankertâ, so Mayr. Der NABU und BirdLife fordern jetzt Nachbesserungen durch den Ministerrat und das EuropĂ€ische Parlament, die den Entwurf in den kommenden Monaten beraten und voraussichtlich am Jahresende verabschieden werden. |