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ISS, WAS DU ERHALTEN MÖCHTEST
Die Stiftung Kaiserstühler Garten veranstaltete ein Seminar zur Nutzung alter Getreidesorten

Kürzlich waren vier Experten aus Getreidezüchtung, Landwirtschaft und Bäckerhandwerk zu Gast bei der Stiftung Kaiserstühler Garten in Eichstetten am Kaiserstuhl. In einem Workshop tauschten sie ihre Erfahrungen aus ihren Aktivitäten zur Erhaltung und Vermarktung traditioneller, robuster und geschmacklich vielfältiger Getreidesorten aus. Denn die Stiftung Kaiserstühler Garten möchte im Rahmen eines von PLENUM geförderten Projektes auch in der hiesigen Region die früher übliche Vielfalt der Getreidesorten wieder vergrößern und dadurch einen Nutzen für das ökologische Gefüge und für die Bäcker und Konsumenten aufzeigen.

Die Experten berichteten über ihre positiven Erfahrungen mit eigenen Getreide-Projekten in ihrer Region. Im Elsass hat ein Landwirt eine Weizensorte über Jahrzehnte auf dem eigenen Hof weiter gezüchtet und diese mit Mühlen und Bäckern erfolgreich in die Vermarktung gebracht. Auf der Schwäbischen Alb unterstützt eine Großbäckerei die Erhaltung und Wiedereinführung des früher beliebten Dickkopfweizens. Im Bodenseeraum hat ein kleines Züchtungsinstitut zusammen mit Landwirten eine Erzeugergemeinschaft gegründet, die Mehl von mehreren alten Getreidesorten inzwischen an drei Bäckereien verkauft und dafür einen Aufpreis für die züchterische Arbeit erhält. Interessant waren auch die Schilderungen eines Bäckers aus der Kölner Bucht, der über die handwerkliche Kunst der Verarbeitung alter Getreidesorten berichtete und deren geschmacklichen Qualitäten hervorhob. Davon konnten sich die Teilnehmer des Workshops bei der Verkostung verschiedener Brote überzeugen, die die Referenten aus ihren Regionen und Projekten mitgebracht hatten.

Die Erfahrungen aus diesen erfolgreichen Projekten möchte die Stiftung Kaiserstühler Garten für ihr eigenes Projekt nutzbar machen. Im letzten Jahr wurden im Samengarten 15 verschiedene Getreidesorten angebaut, ihre Eignung für die hiesigen Standortverhältnisse bewertet und mit der Ernte erste Backversuche durchgeführt. Diese Sortenversuche sollen in diesem Jahr fortgesetzt werden. „Hiermit soll die Vielfalt der Getreidesorten erhalten werden, die im Zuge der weltweiten Vereinheitlichung von Saatgut und Hybridzüchtung von Hochleistungssorten verloren geht“, erläutert Jörgen Beckmann, Geschäftsführer der Stiftung. Letztlich müsse man solche alten Sorten wieder in die Vermarktung bringen. So kann der Verbraucher Einfluss auf die Entwicklungen in der Landwirtschaft nehmen, nach dem Motto „iss, was Du erhalten möchtest“.
Weitere Vorzüge sogenannter alter Sorten zeigte der Kulturpflanzenspezialist Dr. Thomas Gladis auf. Die Hochwüchsigkeit und der breitere Halmabstand eröffnen die Möglichkeit, dass sich viele unterschiedliche Ackerunkräuter wieder entwickeln können. Diese dienen den Insekten, Lerchen und Rebhühnern als Nahrung, stören die Getreideernte nicht und bieten somit auch nach dem Abernten noch ein Blüten-, Nektar- und Samenangebot in der ansonsten ausgeräumten Ackerlandschaft.

In der abschließenden Diskussion wurde von allen Seiten betont, dass eine Wiedereinführung alter Getreidesorten sehr davon abhängt, ob sich Bäcker finden, die nicht nur Maschinen bedienen können, sondern wieder handwerkliche Fähigkeiten lernen und weiterentwickeln möchten. Menschen, die den Geschmack dieser Sorten kennen gelernt haben, werden wieder danach fragen. So besteht Hoffnung, dass die Bevölkerung auch bei Backwaren wieder ein Bewusstsein für sortentypischen Geschmack entwickelt, wie es bei Wein, Äpfeln und Kartoffeln bereits ausgeprägt ist.

Zum Foto:
Die Stiftung Kaiserstühler Garten mit Geschäftsführer Dr. Beckmann (vorne) und Leonhard Reindl (rechts) veranstaltete mit Unterstützung von PLENUM (Matthias Hollerbach, 2. von links) einen Workshop mit Getreide-Experten zur Erhaltung alter Getreidesorten
 
Eintrag vom: 10.02.2013  




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