Die Region Freiburg kann sich in Zukunft zu 100 Prozent mit regenerativen Energien versorgen
Energieverbrauch muss dazu um 50 Prozent gesenkt werden
Milliardeninvestitionen in die Region können in Zukunft hohe Energierechnungen verhindern
Die Region Freiburg, also die Stadt Freiburg und die beiden umliegenden Landkreise Emmendingen und BreisgauHochschwarzwald, könnten ihren Strom- und Wärmeenergiebedarf durch eigene, regenerative Erzeugung decken. Voraussetzung ist allerdings die Halbierung des Energieverbrauchs.
Dies ist das Ergebnis einer Studie des Clusters Green City Freiburg und der drei Gebietskörperschaften Stadt Freiburg, Landkreis Emmendingen und Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, die von der Energieagentur Regio Freiburg erarbeitet wurde. Untersucht wurde die technische Machbarkeit einer 100-Prozent-Region, also die Frage, ob sich Haushalte, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und Industrie in der Region Freiburg durch eine Kombination aus Energieeinsparung und gleichzeitigem Ausbau der erneuerbaren Energien zu 100 Prozent regenerativ versorgen könnten. Der Sektor Verkehr war nicht Gegenstand der Untersuchung.
Finanziert wurde die Studie maßgeblich durch das Cluster Green City Freiburg mit Unterstützung der FWTM, der Stadt Freiburg sowie der Wirtschaftsförderung Region Freiburg e.V. Ziel der Studie ist es, die Diskussion über den regionalen Ausbau der erneuerbaren Energien voranzubringen und die Steigerung der Energieeffizienz zu unterstützen. Oberbürgermeister Dieter Salomon: „Das ehrgeizige Ziel, die Green City Freiburg gemeinsam mit den Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen langfristig zur 100-Prozent-Region zu entwickeln, spornt uns an. Freiburg will auch in Zukunft weltweites Vorbild in Sachen Klimaschutz bleiben.“ Salomon dankte dem Cluster Green City für die Initiative, durch die es zum ersten Mal gelungen sei, eine Energiestudie für die Gesamtregion zu erstellen.
Die Studie untersucht den Energiebedarf der drei Kreise nach Sektoren und den heutigen Stand der Energieversorgung und vergleicht diesen mit den Potentialen für regenerative Energien. Die größten Potentiale werden für die Stromerzeugung in den Bereichen Photovoltaik und Windenenergie ausgemacht, für die Wärmerzeugung in den Bereichen Solarthermie und Biomasse. Die Potentiale bei Photovoltaik und Wind sind mit mehr als 80 Prozent so groß, dass in der Jahresbilanz erhebliche Überschüsse produziert werden könnten. Allerdings ist zu beachten, dass es sich bei beiden Technologien um stark schwankende Energiemengen handelt. Christian Neumann, Projektleiter der Energieagentur Regio Freiburg hierzu: „Allein mit dem Ausbau der Erneuerbaren und Energieeinsparung ist es nicht getan. Das zukünftige Energiesystem wird von einem hohen Regelbedarf zum Abgleich von Energieproduktion und -verbrauch charakterisiert sein. Technologien wie Energiespeicher und dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung werden so Schlüsseltechnologien der Energiewende ohne die eine Zielerreichung unmöglich ist. Auch die Region wird sich mit diesen Fragestellungen auseinandersetzen müssen.“
Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien innerhalb der Region ist insbesondere die Nutzung von Einsparpotentialen zur Erreichung des 100-Prozent-Ziels von Bedeutung: Im Vergleich zu heute muss der Energieverbrauch, vor allem bei Wärme, um 50 Prozent gesenkt werden. Das Haupteinsparpotenzial liegt hier in der Sanierung des Gebäudebestands. Umweltbürgermeisterin Gerda Stuchlik: „Die Aktivierung dieses Potentials ist gleichzeitig auch die größte Herausforderung der Energiewende.“
Im Gegensatz zu den Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen, die das 100-Prozent-Ziel jeweils individuell erreichen können, ist die Stadt Freiburg auf den Energieimport aus den umliegenden Landkreisen angewiesen. Auf ihrer eigenen Gemarkung kann die Stadt den notwendigen Energiebedarf regenerativ selbst nicht vollständig erzeugen. Das gilt sowohl für den Bereich Wärme als auch für den Bereich Strom. Aus eigener Kraft könnte die Stadt Freiburg etwa 70 Prozent ihres Energiebedarfs aus erneuerbaren Ressourcen decken. In den beiden Landkreisen kann dagegen - vor allem beim Strom - mehr regenerative Energie erzeugt werden, als verbraucht wird.
Im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald sieht man in der Studie eine sehr gute Grundlage um ressourcenschonenden Energieverbrauch und Energieeffizienz in der Region weiter zu entwickeln. In einem Schreiben an den FWTM-Geschäftsführer Dr. Bernd Dallmann bezeichnet Landrätin Dorothea Störr-Ritter es als „große Herausforderung, aus den Ergebnissen der Energiebilanzstudie ein Handlungsprogramm zu entwickeln, das auf die kommunalen Zuständigkeiten und auf die finanziellen Möglichkeiten abgestimmt werden muss“. Die Studie werde in den nächsten Gremiensitzungen des Kreistages vorgestellt und diskutiert. Anschließend würden die Ergebnisse dann wieder in die weiteren Beratungen in der Region Freiburg einfließen.
Der Landkreis Emmendingen hat kürzlich in einer eigenen Studie die Möglichkeit untersuchen lassen, den Landkreis unabhängig von fossilen Energieträgern zu versorgen. Landrat Hanno Hurth: ".Der Landkreis Emmendingen hat das regional wichtige Thema bereits aufgegriffen und in einem Klimaschutzkonzept bereits die Möglichkeit untersuchen lassen, den Landkreis unabhängig von fossilen Energieträgern zu versorgen. Neben Energiesparmaßnahmen sollen die großen Potenziale bei Solarenergie, Windkraft und Biomasse, insbesondere Holz, ausgebaut werden. Die Umsetzung dieser Maßnahmen ist eine gewaltige und wichtige Aufgabe für alle."
Die 100-Prozent-Region hat erhebliche ökonomische Auswirkungen. Zur vollständigen Erschließung aller Potenziale der Erzeugung erneuerbarer Energien wären Investitionen in Höhe von rund drei Milliarden Euro nötig. Hinzu kommen rund zwölf Milliarden Euro für die Gebäudesanierung der Wohngebäude. Dies kann nur gelingen, wenn eine Vielzahl von Akteuren zugleich handelt. Gleichzeitig trägt die Energiewende maßgeblich zur regionalen Wertschöpfung bei. Heute werden in der Region jährlich ca. 900 Millionen Euro für Energie ausgegeben. Da es sich hierbei weitgehend um fossile Energieträger handelt, die von außerhalb der Region importiert werden, fließt ein Großteil dieser Summe aus der Region ab. Der Sprecher des Clusters Green City Freiburg und FWTM-Geschäftsführer Bernd Dallmann: „Durch Investitionen in erneuerbare Energien verbleibt der größte Teil dieser Summe in der Region, anstelle des Abflusses von Hunderten von Millionen jährlich nach außen. Regionale Umweltunternehmen, das Handwerk und die Arbeitnehmer werden in großem Maße von der Entwicklung profitieren. Damit wirkt das ökologische Ziel wie ein gigantisches regionales Konjunkturprogramm – eine Win-Win-Situation für Ökologie und Ökonomie.“
Das Ziel einer 100-Prozent-Region kann nur erreicht werden, wenn eine Vielzahl von Akteuren handelt und investiert. Aus Sicht der Auftraggeber ist es deshalb notwendig, die Rahmenbedingungen für den Ausbau der Produktion erneuerbarer Energien und Einsparinvestitionen zu gestalten und regional abzustimmen.
Als nächstes steht nun eine Vorstellung der Ergebnisse und Diskussion des weiteren Vorgehens in den Gremien der Region Freiburg an. Innerhalb dieser Diskussion muss auch über ein gemeinsames energie- und klimapolitisches Ziel der Region und die Vorbereitung einer gemeinsamen Umsetzung gesprochen werden.
Der Cluster Green City Freiburg vernetzt über 140 Unternehmen aus dem Bereich der Umwelttechnologie und der Erneuerbaren Energien in der Region Freiburg. In einer Steuerungsgruppe werden regelmäßig umweltpolitische Themen diskutiert und Projektideen für die Green City und deren weltweite Spitzenstellung in Sachen Ökologie entwickelt. Der Cluster wird koordiniert von der FWTM und durch den Strukturfond der Europäische Union (EFRE) und das Land Baden-Württemberg
gefördert. |