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Buchsbaumzünsler: Mehr Gift im Garten auf Empfehlung des Landratsamtes?
Ein Beitrag des Fachbereichs Landwirtschaft des Landratsamtes im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, im Hexentäler Amtsblatt vom 1.6.2012, ist Anlass für einen Brief des BUND an die Landrätin:


Sehr geehrte Frau Landrätin,

am 16. Juni 2012 ist der 14. GEO-Tag der Artenvielfalt, der auf die bedrohte Vielfalt der Arten aufmerksam machen soll. Die globale und regionale Biodiversität ist vielfältig gefährdet. Eine der Ursachen dieser Bedrohung ist auch der massive Gifteinsatz (nicht nur) in der Landwirtschaft.

Gerade in Hausgärten sollte auf den Einsatz von Giften verzichtet werden. In den letzten Jahren haben neben dem BUND erfreulicherweise auch Behörden für den „giftfreien Garten“ geworben.

Um so erschrockener war unser BUND-Vorstandsmitglied Ulrike Treidel aus Au, als sie das „Buchsbaumzünsler-Info“ im Hexentäler Amtsblatt vom 1.6.2012 las. Was der Fachbereich Landwirtschaft des Landratsamtes dort schrieb, insbesondere die Empfehlung von bienengefährlichen Neonicotinoiden ist ein Rückfall in die umweltpolitische Steinzeit. (Text unten im Anhang.) Wir fragen: Arbeitet der Fachbereich für´s Landratsamt oder für Bayer?

Hier einige Informationen des BUND-Argarspezialisten Gottfried May-Stürmer zu den empfohlenen „Mitteln“:
„Provado Gartenspray“ und „Bayer Garten Spinnmilbenspray“ enthalten die Wirkstoffe Methiocarb - ein Carbamat - und Imidacloprid, ein Neonicotinoid. Carbamate sind auch für Warmblüter hochgiftig, Neonicotinoide vor allem für Bienen. Damit trifft der Buchsbaumliebhaber also auch Vögel und Bienen auf einen Schlag. Schon, dass dasselbe Mittel gegen Spinnmilben, also Spinnentiere und Schmetterlingsraupen wirkt, zeigt, wie breit, also wie wenig spezifisch die Wirkung ist.
„Schädlingsfrei Careo“ enthält Acetamiprid. Der Wirkstoff gehört auch zu den Neonicotinoiden und ist daher als Bienenkiller verdächtig. Die sehr breite Wirkung - gegen Milben, Fliegen, Blattläuse, Käfer, Schmetterlinge - spricht für sich. Calypso enthält Thiacloprid, auch ein Neonicotinoid.

Weniger problematisch ist der Hinweis auf Neem- und Bacillus-thuringiensis-Präparate. Dipel ist ein Bacillus-thuringiensis-Präparat. Es wird gegen unterschiedliche Schmetterlingsraupen eingesetzt. Im Gegensatz zu den chemischen Mitteln dürfte es wenigstens einigermaßen gruppenspezifisch wirken. Außerdem wird das Bt-Toxin unter Sonnenlichteinwirkung relativ schnell abgebaut. Allerdings steht unter den Auflagen (die laut LRA "strikt zu beachten" sind): „Es ist eine dicht schließende Schutzbrille, ein Schutzanzug und eine Gummischürze zu tragen.“ Welcher Hobbygärtner und Buchsbaumliebhaber macht das schon?

Auch Neem-Präparate und Spruzit sind weniger gefährlich als die chemischen Mittel, können jedoch Kollateralschäden unter Insekten zur Folge haben.

Nach BUND-Ansicht ist die Empfehlung von Neonicotinoiden zum Einsatz durch Gartenbesitzer sehr problematisch. Das Bienensterben im Jahr 2008 wurde durch Neonicotinoiden ausgelöst.

Was nach unserer Meinung im Landratsamt-Info leider absolut fehlt, sind Hinweise auf giftfreie Bekämpfungsmethoden des Buchsbaumzünslers. Gerade Hinweise einer Behörde für Gartenbesitzer sollten immer in Richtung „giftfreier Garten“ gehen, auch wenn Bayer und Co. dann weniger verdienen. Giftfreie Gärten sind ein kleiner Beitrag zum Erhalt der Biodiversität, nicht nur am GEO-Tag der Artenvielfalt.

Aus diesem Grund tragen wir jetzt auf unserer Homepage erste Tipps zur giftfreien Bekämpfung zusammen.

http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/buchsbaum-buchsbaumzuensler.html

Mit freundlichen Grüßen
Axel Mayer, Geschäftsführer

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Anhang

„Buchsbaumzünsler-Info“ im Hexentäler Amtsblatt vom 1.6.2012

Buchsbaumzünsler wieder aktiv

Schmetterlingsraupen bedrohen erneut Buchspflanzen. Seit Ende März findet man an vielen Buchspflanzen die noch kleinen Raupen des Buchsbaumzünslers (Glyphodes perspectalis), welche versteckt überwintert haben. Dieser aus Asien eingeschleppte Falter ist mittlerweile in der ganzen Rheinebene zwischen Weil und Offenburg zu finden und bedroht den Bestand der Buchspflanzen. Der Fachbereich Landwirtschaft des Landratsamtes möchte daher allen Betroffenen Hinweise zum richtigen Umgang mit befallenen Pflanzen geben:
Die Pflanzen sollten sobald wie möglich behandelt werden. Wichtig für eine erfolgreiche Behandlung ist dabei eine gute Benetzung der Pflanzen auch im Inneren. Deshalb sollten dichte Büsche mit Stäben o. ä. auseinander gedrückt werden. Sinnvoll ist es, wenn mehrere benachbarte Gartenbesitzer eine gemeinsame Bekämpfung organisieren. So wird verhindert, dass sich an unbehandelten Pflanzen Falter entwickeln und es so durch Zuflug aus der Nachbarschaft zu erneutem Befall kommt. Auch Dienstleistungsunternehmen (z. B. Betriebe des Garten- und Landschaftsbaus) können mit der Durchführung der Spritzungen beauftragt werden.
Zugelassen im Hausgarten sind etwa „Provado Gartenspray“, „Bayer Garten Spinnmilbenspray Plus“, „Schädlingsfrei Careo Spray“ oder „Bayer Garten Schädlingsfrei Calypso“.
Bei der Bekämpfung von Buchsblattfloh und anderen saugenden Insekten mit den pflanzlichen Neem- oder Pyrethrine-Präparaten („Spruzit Gartenspray“ u. a.) wird der Buchsbaumzünsler mit erfasst.
Neu zugelassen für den Hausgarten ist das Präparat Dipel ES. Es enthält ein Bakterium, welches nur Schmetterlingsraupen infiziert, und ist für alle anderen Lebewesen unbedenklich. Da eine Wirkung nur einsetzt, wenn die Raupen das Bakterium fressen, müssen diese aktiv sein. Zur Spritzung sollte es also mindestens für einige Stunden am Tag eine Temperatur von über 18 Grad haben. Die kleinste erhältliche Packungsgröße ist ein Kilogramm. Deshalb eignet sich dieses Mittel nur für einen großflächigen Einsatz. Auf einen sachgerechten Einsatz der Mittel muss geachtet werden. Die Anwendungsbestimmungen, Auflagen und Hinweise, welche der Gebrauchsanweisung zu entnehmen sind, sind strikt zu beachten.
Nähere Angaben zum Schadbild, Biologie und Maßnahmen gegen den Buchsbaumzünsler sind in einem Merkblatt des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg zusammengefasst (www.ltz-augustenberg.de im Bereich "Pflanzengesundheit / Pflanzenschutz" und anschließend in der Rubrik "Haus- und Kleingarten").
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Eintrag vom: 16.06.2012  




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