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Öl & Gas: 4000 Milliarden Dollar Gewinne & Übergewinne
Beginnen wir mit einer schwierigen Aufgabe. Stellen Sie sich eine Milliarde Dollar vor. Eine Milliarde sind tausend Millionen. Denken Sie an eine Milliarde Kügelchen mit einem Durchmesser von einem Millimeter. Aneinandergereiht würden die Kügelchen eine Kette von einer Milliarde Millimeter oder 1000 Kilometer ergeben, etwas länger als die Entfernung von München nach Rom.
Und jetzt wird's noch schwieriger. Stellen Sie sich eine Summe von 4000 Milliarden Dollar vor, also 4000 mal tausend Millionen. Wie groß wäre die Empörung in Deutschland, wenn sich die Menschen etwas unter 4000 Milliarden Dollar vorstellen könnten ...

"Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass 2022 knapp 2000 Milliarden US-Dollar an Übergewinnen aus der Öl- und Gasförderung ­anfallen."
Ich hatte den Satz auf der Seite des Schweizer Infosperbers gelesen und konnte mir nicht vorstellen, dass der Satz und die angegebene Summe stimmen könnten und begann zu recherchieren. Bei den Qualitätsmedien fand ich im Netz erschreckenderweise keine Informationen zu den unvorstellbaren 2000 Milliarden. Warum sind diese Übergewinne beinahe kein Thema in den seriösen Medien?

Zweitausend Milliarden Gewinn und zusätzlich zweitausend Milliarden Übergewinn!
Bei der Originalquelle, der International Energy Agency (IEA), wurde ich fündig: Global oil and gas sector income is set to jump to $4 trillion in 2022, more than twice its five-year average, with the bulk of it going to major oil and gas exporting states.” Und zwei der vier Trillionen US-Dollar sind Übergewinne, schreibt die IEA.
4 Trillionen (Englisch) entsprechen 4 Billionen (Deutsch). Eine Billion steht im deutschsprachigen Sprachgebrauch für die Zahl 1000 Milliarden.

Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass 2022 knapp 4000 Milliarden US-Dollar an Gewinnen und davon 2000 Milliarden US-Dollar Übergewinne aus der weltweiten Öl- und Gasförderung ­anfallen. Dazu kommen noch die globalen Profite der Kohle- und Atom-Konzerne. UNO-Generalsekretär António Guterres warf den Energiefirmen eine «groteske Gier» vor und sagte, es sei «unmoralisch, dass die Öl- und Gaskonzerne auf dem Rücken der ärmsten Menschen und Gemeinschaften Rekordgewinne aus der Energiekrise ziehen, und das zu massiven Kosten für das Klima».

Nochmal: Stellen Sie sich 4000 mal tausend Millionen Dollar Gewinne aus dem Öl- und Gasgeschäft vor.
Stellen Sie sich vor, welche politische und publizistische Macht mit solchen Summen in Verbindung steht. Die Kohle-, Öl- und Gasmultis sind verantwortlich für die Klimakatastrophe und die Gierflation. Sie mögen keine Solaranlagen und Windräder in privater Hand und auch Wärmepumpen schmälern ihre Gewinne. Sie mögen keine Steuern für Konzerne und Milliardäre und erst recht keine Übergewinnsteuern.
Eines von vielen Beispielen für ihren verheerenden Einfluss auf die Politik und die öffentliche Meinung ist der durch Erdöl reich gewordene amerikanische Multimilliardär Charles Koch. Er und sein verstorbener Bruder steckten viele Millionen Dollar in mehr als 30 konservative, rechts-libertäre Denkfabriken und Stiftungen und in die Organisationen der Energiewendegegner und Klimawandelleugner. Eine Vielzahl von Lobbygruppen, PR-Agenturen und Vorfeldorganisationen der fossilen Konzerne nehmen direkt und indirekt massiven Einfluss auf die Politik und die öffentlichen Debatten, auch in Deutschland. Sie tragen gerade den amerikanischen Kulturkampf nach Europa. Sie lieben den nützlichen Kampfbegriff "Technologieoffenheit" und die "Wir erlauben Konzernen & Milliardären immer alles-Parteien" und lassen ökologische und gemeinwohlorientierte Parteien als "Verbotsparteien" bekämpfen. Es ist einer ihrer größten PR-Erfolge, dass sich der gut organisierte öffentliche Zorn nicht gegen die Profiteure der Übergewinne richtet, sondern gegen Umweltaktive, Klimaschützer und GRÜNE.

Bei allem öffentlichen Streit um Demokratie, Inflation, Klimawandel, "Verbotsparteien", Technologieoffenheit, um Armut und Reichtum, Übergewinnsteuern, um den vorgeschlagenen "Shell-Ressortleiter" für die Klimapolitik der EU Herrn Wopke Hoekstra, um Wärmepumpen, Windräder und Solaranlagen sollten die 4000 Milliarden US-Dollar an Gewinnen der Öl- und Gasindustrie stets mitbedacht werden.
Warum folgen viele unserer Medien bei diesen Themen nicht mehr der Spur des Geldes?

Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein
Der Autor ist 50 Jahren in der Umweltbewegung aktiv und war 30 Jahre lang BUND-Geschäftsführer in Freiburg
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Eintrag vom: 05.10.2023  




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