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Slow Food Deutschland fordert die EU auf, der Ãœberfischung ein Ende zu setzen
Am 11. und 12. Dezember 2017 treffen sich die EU-Fischereiminister in Brüssel, um die zulässigen Gesamtfangmengen für Fischbestände in Nordsee und Atlantik für 2018 festzulegen. Die Entscheidung der Minister ist richtungsweisend dafür, ob die EU dem rechtlich festgelegten Ende der Überfischung bis zum Jahr 2020 nachkommt. "Fischerei ist ein Schlüsselthema für die Zukunft unseres Planeten und der Gesellschaft. Die EU muss dafür Verantwortung übernehmen und alles tun, um ihre eigene Gesetzgebung für eine nachhaltige Fischerei einzuhalten. Wir brauchen konsequentes Handeln, keine Verwässerungen", fordert Dr. Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland.

Im Jahr 2013 einigten sich die Entscheidungsträger der Europäischen Union auf eine weitreichende Reform ihrer Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP). Diese verpflichtet die EU rechtsverbindlich, die Überfischung wo immer möglich bis 2015, jedoch spätestens bis 2020, zu beenden. Ziel ist die Wiederherstellung der Fischbestände in EU-Gewässern, wobei die Größe jedes einzelnen Bestandes oberhalb des Niveaus liegen soll, mit dem der höchstmögliche Dauerertrag erzielt werden kann. Die Bestandsgröße einer Fischart in einem bestimmten Bewirtschaftungsgebiet muss so groß sein, dass sie nachhaltig befischt werden kann ohne Erträge oder Reproduktionsfähigkeit langfristig zu gefährden. Bezeichnet wird dies als Maximum Sustainable Yield (MSY).

Dies ist Voraussetzung für die Erholung der Fischbestände, den Schutz der marinen Ökosysteme sowie für die Steigerung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzen der Fischerei in der EU. Seit des Inkrafttretens der reformierten GFP Anfang 2014 nimmt die Biomasse der Bestände zwar zu, eine Erholung ist jedoch noch lange nicht in Sicht. Darauf weist der neue Bericht "Taking Stock: Progress Towards Ending Overfishing in the European Union" der international renommierten Beratungsfirma Poseidon Aquatic Resource Management Ltd. hin. Bei zu wenigen Beständen wurde eine ausreichende Erholung festgestellt. Alleine 2017 haben die politischen Entscheidungsträger 55 Prozent der Fangquoten zu hoch angesetzt, ungeachtet der wissenschaftlichen Empfehlungen. Hinzu kommen Lücken in den von der EU-Kommission veröffentlichten EU-Fischereidaten sowie mangelnde Transparenz im Verfahren von Kommission und Rat, mit dem die Fangquoten festgelegt werden. Das erschwert Rückschlüsse auf den erzielten Fortschritt bei der Umsetzung der GFP.

"Die derzeitige Situation vieler Fischbestände ist weiterhin kritisch und die aktuellen Entwicklungen schaffen weder die notwendigen Voraussetzungen noch das zivilgesellschaftliche Vertrauen dafür, dass die EU die Überfischung bis zum Jahr 2020 beendet. Dabei sprechen wir hier von Fristen, die in der EU-Gesetzgebung festgeschrieben sind. Deshalb hoffe ich für die Demokratie ebenso wie für Mensch, Tier und Umwelt, dass die Verantwortlichen anstelle von Kurzschlussreaktionen in letzter Minute ab sofort und über die nächsten drei Jahre hinweg signifikante Änderungen konsequent umsetzen", so Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland. Auch Mehrjahrespläne für Fischbestände und Meeresregionen müssen auf den Weg gebracht werden.

Um Fischerei und Aquakultur so umzugestalten, dass sie umweltverträglich sowie wirtschaftlich und sozial tragbar sind, ist aus Slow-Food-Sicht die Förderung der handwerklich arbeitenden Fischerei, die Vielfalt auf dem Teller sowie die Zusammenarbeit lokaler, öffentlicher und privatwirtschaftlicher Akteure mit Vertretern der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft über regionale und nationale Grenzen hinaus, zentral. Handwerklich arbeitende Fischer müssen in Entscheidungsprozesse und Ressourcenmanagement eingebunden werden. Sie kennen die lokale Ökosysteme und Bestände, verfügen über das Wissen, flexibel auf Änderungen in ihrer Region beispielsweise aufgrund des Klimawandels zu reagieren. Sie sind ein unverzichtbarer Faktor, wenn es um die Ernährungssicherheit in Küstenregionen geht. Die meisten Kleinfischer jedoch sind Zulieferer für Zwischenhändler, den Großhandel und Auktionen. Sie haben wenig Einfluss auf Preismechanismen und die Wertschöpfungskette. Hier muss die Politik regulierend eingreifen, um die notwendigen Voraussetzungen für Direktvermarktung und Diversifikationsmaßnahmen zu schaffen.
 
Eintrag vom: 07.12.2017  




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