Neueste Zahlen zum CO2-Ausstoß: Emissionen pro Kopf seit 1992 um 30 Prozent gesunken
Stadt führt zum ersten Mal Erfolgsmonitoring der seit 2014 umgesetzten Klimaschutzmaßnahmen durch und legt eine Gesamtschau aller bis 2020 geplanten Maßnahmen zum Klimaschutz vor
OB Salomon: Der bisherige Erfolg unserer Klimaschutzstrategie beruht auf dem Engagement vieler Akteure. Um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, müssen wir aber auch massiv vom Land, dem Bund und der EU unterstützt werden
Bürgermeisterin Stuchlik: Das integrierte Klimaschutzkonzept von 2007 soll ab Januar 2018 unter Beteiligung von Experten und der Bürgerschaft fortgeschrieben werden
Die Freiburger CO2-Bilanz wurde aktualisiert. Es liegen nun Zahlen für die Jahre 2013 und 2014 vor. Wie bereits in den vergangenen Jahren wurde diese Bilanzierung vom Ifeu-Institut aus Heidelberg als unabhängigem Gutachter erstellt.
In der aktuellen Klimabilanz von 2014 sind gegenüber dem Basisjahr 1992 die CO2-Emissionen pro Einwohner um 30 Prozent zurückgegangen. Die CO2-Emissionen sind in diesem Zeitraum von 11,38 Tonnen pro Einwohner auf 7,97 Tonnen pro Einwohner gesunken. Damit setzt sich der seit 1992 kontinuierlich rückläufige Trend fort, so das Fazit des IfeuInstituts.
Im Jahr 2014 wurden in Freiburg insgesamt 1,756 Millionen Tonnen CO2 emittiert. 21,9 Prozent entfallen auf den Verkehr, 19,2 Prozent auf Industrie und der überwiegende Teil von 58,9 Prozent auf Haushalte und Gewerbe. Die Zahlen für die Gesamtemissionen stagnieren seit 2010, was vor allem daran liegt, dass die Erfolge bei CO2-Einsparungen durch die kontinuierlich steigende Einwohnerzahl und die damit verbundene größere Nachfrage nach Energie kompensiert werden.
Durch den Einsatz erneuerbarer Energien werden pro Jahr 38.000 Tonnen CO2 vermieden. Weiterhin konnten im Vergleich zur herkömmlichen Wärmeversorgung durch die Fernwärmeanlagen und durch die vielen dezentralen Blockheizkraftwerke jährlich 68.000 Tonnen CO2 eingespart werden.
Die CO2-Emissionen des Verkehrs sind in den letzten Jahren auf konstantem Niveau geblieben. Die großen Erfolge im Bereich des Ausbaus umweltfreundlicher Verkehrsträger, wie Stadtbahn und Radverkehr, werden durch den Anstieg der Pkw-Zahlen und des Autoverkehrs aufgehoben.
Unter der Berücksichtigung, dass die Stadt weiter wächst und immer mehr Bürgerinnen und Bürger hier leben, ist der bisher erreichte Rückgang der CO2-Emissionen in Freiburg ein positives Ergebnis. Dennoch müssen die Bemühungen im Klimaschutz auf allen Ebenen weiter verstärkt und intensiviert werden.
Umweltbürgermeisterin Gerda Stuchlik: „Für unser mittelfristiges Ziel, bis 2030 die CO2-Emissionen um 50 Prozent zu senken, müssen wir zusätzliche Maßnahmen und Projekte anstoßen und umsetzen. Daher wollen wir ab Herbst das Klimaschutzkonzept unter Beteiligung aller relevanten Stakeholder-Gruppen fortschreiben“.
Erfolgsmonitoring
Die im Jahr 2007 erarbeitete Klimaschutzstrategie der Stadt Freiburg ist mittlerweile zehn Jahre alt. Daher war jetzt der richtige Zeitpunkt eine Standortbestimmung durch das Umweltschutzamt gemeinsam mit anderen beteiligten Ämtern sowie den städtischen Gesellschaften durchzuführen. Wo stehen wir bei der Umsetzung des damaligen Maßnahmenplans? Es hat sich gezeigt, dass die geplanten Maßnahmen inzwischen weitgehend umgesetzt worden sind. Zudem wurden von vielen Akteuren noch zahlreiche weitere Maßnahmen aufgegriffen. Über die Jahre 2014 bis 2016 wurden dadurch insgesamt 67 Projekte erfolgreich realisiert.
„Der bisherige Erfolg unserer Freiburger Klimaschutzstrategie beruht auf dem beeindruckenden Engagement vieler Freiburgerinnen und Freiburger, vieler städtischer Ämter und Gesellschaften sowie zahlreichen Einrichtungen und Unternehmen. Diese unterschiedlichen Akteure müssen wir auch künftig einbinden, um unser ambitioniertes Ziel einer klimaneutralen Stadt bis 2050 zu erreichen. Dazu müssen wir aber auch vom Land, dem Bund und der EU massiv unterstützt werden“, so Oberbürgermeister Dieter Salomon.
Ein äußerst relevanter Bereich für den Klimaschutz ist der Energieverbrauch in Gebäuden. Die 2009 beschlossenen und 2012 überarbeiteten Freiburger Effizienzhausstandards für neue Wohn- und Bürogebäude sowie die Energiekonzepte bei neuen Bebauungsplänen sind zentrale Steuerungselemente der Stadtverwaltung. Die Anforderungen liegen deutlich über den allgemein gültigen gesetzlichen Standards. Angesichts der regen Bautätigkeit in Freiburg sind die CO2-Einsparungen daher erheblich.
Bei den städtischen Gebäuden konnte die Vorgabe - 50 Prozent Reduktion von CO2-Emissionen bis 2030 - bereits heute fast erreicht werden. Durch den Bezug des neuen Rathauses im Stühlinger, das als Netto-Plus Energiehaus gebaut wurde, sind künftig weitere Einsparungen zu erwarten. Für den derzeit in Planung befindlichen Neubau der Staudinger-Gesamtschule soll der Plusenergie-Standard erreicht werden. Bei Neubauten gilt: Die Passivhausbauweise ist grundsätzlich umzusetzen. Für Sanierungen in bestehenden Gebäuden strebt die Stadt grundsätzlich Passivhausstandard an. Die städtischen Gebäude werden seit 2012 zudem mit 100 Prozent zertifiziertem Ökostrom versorgt. Der Einsatz von Blockheizkraftwerken in städtischen Gebäuden, zuletzt mit drei bis vier Neuanlagen jährlich, trägt ebenfalls zu Einsparungen bei.
Bei den bestehenden privaten Gebäuden hat das Förderprogramm „Energiebewusst Sanieren“ seit 2002 rund 10 Prozent der Freiburger Eigentümerinnen und Eigentümer erreicht. Die Sanierungsquote in Freiburg ist im bundesdeutschen Vergleich deutlich überdurchschnittlich.
Die Freiburger Stadtbau (FSB) hat von 2014 bis 2016 insgesamt 681 Wohnungen energetisch saniert sowie 754 neue Wohnungen im Freiburger Effizienzhausstandard gebaut oder umgebaut. Bis 2024 will die FSB insgesamt 29 neue Gebäude mit knapp 3000 Wohnungen errichten.
In den vergangenen drei Jahren investierte die Badenova erheblich in Fernwärmenetze in Landwasser, Weingarten, im Vauban und im Stadttheater. Damit konnten 18.250 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden.
Das Heizkraftwerk der Uni-Klinik hat seit 2011 die Verfeuerung von Steinkohle eingestellt. Das Heizkraftwerk wird inzwischen zu 20 Prozent mit Industrieholzpellets und zu 80 Prozent mit Erdgas betrieben. Das war der größte Klimaerfolg der vergangenen Jahre in Freiburg. Rund 45.000 Tonnen CO2 pro Jahr beziehungsweise 2,5 Prozent bezogen auf die Gesamtemissionen der Stadt wurden mit der Umrüstung eingespart.
Gewerbe und Industrie erhielten in den vergangenen Jahren Unterstützung durch verschiedene städtische Angebote, wie dem erfolgreichen Programm „ECO-fit“, sowie dem Nachfolgeprojekt „Energieeffizienznetzwerk“ oder dem Projekt „Klimamanager für Kliniken“.
Ein bundesweit herausragendes Projekt im Bereich Gewerbe und Industrie ist der „Green Industry Park“, in dem seit 2013 das Umweltschutzamt gemeinsam mit der FWTM, der Badenova und dem Fraunhofer ISE sowie den im Industriegebiet Nord ansässigen Unternehmen Konzepte für ein energie- und ressourceneffizientes Industriegebiet entwickelt hat. Ein weiteres ambitioniertes Projekt wird in den kommenden Jahren der Aufbau eines neuen Fernwärmenetzes zur Nutzung der Abwärme der Rhodia sein, die bisher weitgehend ungenutzt verloren ging. Damit soll künftig unter anderem das neue SC-Stadion sowie die Messe versorgt werden. Seit Juli gibt es zudem eine städtische Klimaschutzmanagerin für die Umsetzung weiterer Maßnahmen und Ausweitung des Projekts auf andere Gewerbegebiete - beginnend mit dem Gewerbegebiet Haid.
Im Bereich erneuerbare Energien/Solarstrom wird die städtische PV-Kampagne, die in diesem Jahr für Besitzerinnen und Besitzer von Wohngebäuden gestartet ist, ab Herbst auch auf die Industrie und das Gewerbe ausgeweitet. Außerdem wird mit diversen Veranstaltungen eine zweite Offensive bei Hausbesitzern gestartet. Schließlich soll das Thema „Mieterstrom“ in die PV-Kampagne integriert werden. Auch eine Ausweitung der Kampagne in die angrenzenden Landkreise wird derzeit diskutiert.
Auf dem Gelände der ehemaligen Hausmülldeponie Eichelbuck werden durch die ASF und die ASF Solar erhebliche Mengen regenerativer Energien gewonnen: Durch die energetische Nutzung von Deponiegas (ab 1991), den Bau einer Aufbereitungsanlage für Speisereste und Lebensmittelabfälle (2007) sowie die Inbetriebnahme von Freiburgs größter Photovoltaikanlage mit 2,6 Megawatt Leistung (2011).
Im Rahmen der Teilfortschreibung des Flächennutzungsplans Windkraft sollen auf fünf Flächen Standorte für sieben bis elf Windkraftanlagen ausgewiesen werden. Die Stromerzeugung aus Windkraft könnte damit unter optimalen Voraussetzungen von aktuell rund 1 Prozent auf etwa 8,8 Prozent gesteigert werden.
Weitere wichtige Schritte wurden im Mobilitätsbereich umgesetzt: Beispielsweise sei der Ausbau des ÖPNV und hier des Straßenbahnnetzes mit der Fertigstellung des Rotteckrings und der Stadtbahn Messe durch die VAG, der Ausbau des Radwegenetzes mit den Radvorrangrouten, aber auch die Schaffung weiterer Car-Sharing-Parkplätze oder die Aktivitäten der VAG zu „FREI.MOBIL“ genannt. Den Bereich der E-Mobilität werden die Verwaltung und die städtischen Gesellschaften durch die Beschaffung von Elektrofahrzeugen in großem Umfang unterstützen. Dafür investiert die Stadt auch in die eigene Ladeinfrastruktur. Die seit Anfang 2017 vorliegenden Ergebnisse des Modal-Splits belegen, dass diese bisherige Strategie in Bezug auf das Verkehrsverhalten der Freiburger Bürgerinnen und Bürger sehr erfolgreich ist.
Maßnahmen bis 2020
Parallel hat die Stadtverwaltung mit allen betroffenen Ämtern und Tochtergesellschaften einen vorläufigen Maßnahmenplan für die nächsten Jahre erstellt. In diesem sind aktuell über 90 Projekte aufgelistet. Allerdings zeigt die Analyse der CO2-Bilanz auch, dass weiterhin viel im Klimaschutz investiert werden muss, um die Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen.
Fortschreibung Klimaschutzkonzept
Freiburg war eine der ersten bundesdeutschen Städte, die zwei neue Stadtteile, Rieselfeld und Vauban, in Niedrigenergiebauweise errichtete. Dieses damals noch weitgehend unbekannte energieeffiziente Bauen war wegweisend und hat national aber auch international viel zum Ruf Freiburgs als Umwelthauptstadt beigetragen. In diesem Jahr feiern die Freiburger Effizienzhausstandards ihr 25-jähriges Jubiläum. Und mit der aktuellen Entwicklung des neuen Stadtteils Dietenbach ist die einmalige Chance gegeben, die Weichenstellungen für eine nachhaltige und klimaneutrale Stadtentwicklung bereits von Beginn an in der Konzeption und Planung vorzunehmen. Doch auf diesen Erfolgen will sich die Stadt Freiburg nicht ausruhen. Daher soll das Klimaschutzkonzept der Stadt Freiburg aus dem Jahr 2007 fortgeschrieben werden. Bei positivem Votum des Gemeinderats soll der Prozess im Januar 2018 starten.
Entscheidende Impulse des politischen Prozesses gingen in Freiburg immer schon vom Bewusstsein und Lebensstil der Bürgerinnen und Bürger sowie von dem Engagement vieler relevanter Akteure aus. Diese auch künftig einzubinden und dadurch das in Freiburg besonders ausgeprägte ökologische Bewusstsein für neue Maßnahmen und Impulse zu mobilisieren, gehört zur Fortschreibung der Freiburger Klimaschutzstrategie dazu. Hierfür sind Veranstaltungen zur Bürgerbeteiligung, Workshops sowie eine Online-Plattform vorgesehen, an denen sich die interessierten Freiburgerinnen und Freiburger sowie Experten umfassend beteiligen können.
Am Ende des geplanten einjährigen Prozesses soll ein neuer, mittelfristiger Maßnahmenplan stehen, der die jetzt bis zum Jahr 2020 vorgesehen Maßnahmen ergänzt. Damit wird nach dem Beschluss durch die politischen Gremien für die Verwaltung der Stadt Freiburg mit allen ihren Ämtern, aber auch für die städtischen Tochtergesellschaften eine abgestimmte Planung vorliegen, nach der alle Akteure ihre Finanz- und Ressourcenplanungen ausrichten können. Durch dieses abstimmte Vorgehen wird das Erreichen der ambitionierten Klimaschutzziele realistisch.
OB Salomon: „Klimaschutz ist eine wichtige Aufgabe für die heutigen, aber vor allem für die nachfolgenden Generationen. Wir wollen hier in Freiburg ein Zeichen für den Klimaschutz setzen und damit auch überregional ein Vorbild für andere Kommunen sein“.
Klimaschutz in Freiburg – ein kurzer Rückblick:
Bereits vor 21 Jahren hat der Gemeinderat ein erstes Klimaschutzkonzept für Freiburg mit einem Maßnahmenplan sowie den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen. Damit war Freiburg bundesweit eine der ersten Städte, die das noch unbekannte Thema Klimaschutz auf ihrer Agenda hatte. Im Jahr 2007 erstellte das Öko-Institut eine Klimaschutz-Strategie für Freiburg und der Gemeinderat fasste den Beschluss, die Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 40 Prozent gegenüber 1992 zu reduzieren. Dieses Ziel wurde 2014 verschärft. Der Gemeinderat beschloss die Emissionen bis zum Jahr 2030 zu halbieren und bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Gleichzeitig wurden die Mittel aus der Konzessionsabgabe, die für Maßnahmen im Bereich Klimaschutz verwendet werden, von 10 auf 25 Prozent erhöht. |