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Rotmilan-Paar wird von Windbauern vertrieben
Wegen des Verstoßes gegen geltendes Naturschutzrecht hat der NABU gegen einen Betreiber und den FlĂ€chenverpĂ€chter eines Windenergieparks im nordhessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg Anzeige erstattet. NABU-Mitglieder hatten den Betreiber und den FlĂ€chenverpĂ€chter dabei erwischt, wie sie die Ansiedlung eines Rotmilan-Brutpaars in der NĂ€he ihrer Windenergieanlagen durch massive Störung zu verhindern versuchten. GemĂ€ĂŸ Genehmigungsbescheid mĂŒsste dieser Windpark bei einer aktiven Brut von Rotmilanen in der Umgebung vom 1. Mai bis zum 31. Juli tagsĂŒber still stehen.

Die Zeugen beobachteten, wie die zwei MĂ€nner minutenlang mit Stöcken gegen den Stamm des traditionellen Brutbaumes schlugen, um die Rotmilane vom Brutplatz zu vertreiben. „Dieses Vorgehen gegen einen gesetzlich streng geschĂŒtzten Greifvogel ist eine Straftat. Da sie in diesem Zusammenhang auch als ‚gewerblich motiviert‘ eingestuft werden dĂŒrfte, droht den beiden MĂ€nnern bei einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fĂŒnf Jahren“, sagt NABU-BundesgeschĂ€ftsfĂŒhrer Leif Miller.

Der Rotmilan ist in Deutschland streng geschĂŒtzt, er zĂ€hlt zu den durch Windenergieanlagen am stĂ€rksten gefĂ€hrdeten Vogelarten. „Deutschland hat fĂŒr das weltweite Überleben des Rotmilans die - im Vergleich zu allen anderen heimischen Vogelarten - mit Abstand grĂ¶ĂŸte Verantwortung. Über die HĂ€lfte des weltweiten Bestands brĂŒtet hierzulande“, sagt NABU-Vogelschutzexperte Lars Lachmann. Bei der Planung von neuen Windenergieanlagen sind daher die Vorkommen von Rotmilanen und anderen potenziell gefĂ€hrdeten Großvogelarten zu berĂŒcksichtigen. Ausreichende AbstĂ€nde zwischen den BrutplĂ€tzen der Vögel und den WindrĂ€dern mĂŒssen ein erhöhtes Tötungsrisiko verhindern.

In der Praxis wird diese Schutzerfordernis fĂŒr manche Greifvögel zunehmend zum Boomerang. Bereits Anfang 2016 machte der NABU darauf aufmerksam, dass allein fĂŒr den Zeitraum 2010 bis 2015 in 42 FĂ€llen dringender Verdacht auf die illegale Zerstörung von Großvogelhorsten in Zusammenhang mit bestehenden und geplanten Windenergieanlagen bestand.

Wenig hilfreich ist es, wenn wie im vorliegenden Fall eine zeitweise Abschaltung der WindrĂ€der als Maßnahme zur Vermeidung eines Totschlagrisikos nur dann in Kraft tritt, wenn im jeweiligen Jahr eine Ansiedlung der betroffenen Vogelart erfolgt. „In diesem Genehmigungsbescheid gibt es die Auflage, dass die Anlage vom 1. MĂ€rz bis 31. Juli tagsĂŒber ruhen muss. Erst wenn bis zum 20. April sichergestellt ist, dass es zu keiner Ansiedlung des Rotmilans kommt, kann die Anlage ab Ende April ohne EinschrĂ€nkungen weiterlaufen“, erklĂ€rt Maik Sommerhage, Vogelschutzexperte des NABU Hessen. „Das ist praktisch eine Einladung dazu, ansiedlungswillige Brutpaare zu vertreiben – ein klassisches Beispiel fĂŒr eine ineffektive Maßnahme zur Umweltschadensabwehr bei der Genehmigung von WindrĂ€dern“, sagt Sommerhage, der die Sinnhaftigkeit dieser Auflage bereits seit Langem kritisiert. Aus Sicht des NABU ist es daher dringend erforderlich, die EffektivitĂ€t dieser und Ă€hnlicher sogenannter Verminderungs- und Vermeidungsmaßnahmen zu ĂŒberprĂŒfen.

Um den effektiven Schutz windenergiesensibler Vogelarten zu erreichen, fordert der NABU, unbedingt die wissenschaftlich empfohlenen MindestabstĂ€nde einzuhalten und bereits bei der Genehmigung von Windparks den Umfang notwendiger Abschaltzeiten fest vorzuschreiben. So kann vermieden werden, dass LandverpĂ€chter oder Betreiber von Windenergieanlagen dazu verleitet werden, Abschaltzeiten auf illegale Weise zu umgehen. Als beste fachliche Grundlage fĂŒr MindestabstĂ€nde zu Vorkommen besonders gefĂ€hrdeter Vogelarten gilt das so genannte „HelgolĂ€nder Papier“ der Staatlichen Vogelschutzwarten.

Der NABU befĂŒrwortet den naturvertrĂ€glichen Ausbau der Windenergie, weist jedoch auf gravierende VersĂ€umnisse bei der Standortwahl und der qualitativen Umsetzung einzelner Projekte hin. Eine Optimierung der rĂ€umlichen Steuerung bei der Planung und Genehmigung von Anlagen ist dringend erforderlich, damit Naturschutzbelange beim Windenergieausbau endlich adĂ€quat und von Anfang berĂŒcksichtigt werden und somit die Planungs- und Rechtssicherheit erhöht wird.
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Eintrag vom: 18.05.2017  




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