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Qualität auf dem Teller?!
Seminar der Umweltakademie am Wentzinger Gymnasium. Schulleiter und andere Entscheidungsträger informieren sich über nachhaltige Schulverpflegung

Freiburg, 09.12.2008 – Manch Jugendlicher greift in der Pause lieber zu Burger, Schokoriegel oder Chips als zu Vollkornbrot und Apfel. Und vielen Kindern wird nicht mal ein Pausenbrot mitgegeben. Was ihnen fehlt, ist jedoch nicht allein eine gesunde Verpflegung, sondern auch das damit zusammenhängende Natur- und Alltagswissen.

Dies war einer von mehreren Beweggründen für das Modellprojekt „Wissenshunger – Wege zu einer nachhaltigen Schulverpflegung“ der Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg. Das Projekt zeigt Wege auf, gesunde Ernährung an Schulen mit Themen der Natur- und Umweltbildung zu verknüpfen. Am Wentzinger Gymnasium Freiburg, einem von vier Modellstandorten in Baden-Württemberg, fand nun eine entsprechende Veranstaltung statt. Sie richtete sich speziell an Schulleiter, Mitarbeiter von Kommunen und andere Schulträger, welche gerade vor der Herausforderung stehen, eine adäquate Schulverpflegung einzurichten.

Welche ökologischen und ökonomischen Vorteile bietet eine Mittagsverpflegung durch lokale Gastronomen und mit regionalen Produkten? Welche Zusammenhänge bestehen zwischen Ernährung und Nachhaltigkeit oder zwischen Ernährung und biologischer Vielfalt? – Diesen Fragen widmete sich das Fachseminar der Umweltakademie.

Es ermutigte die Teilnehmer dazu, über rein ökonomische Überlegungen hinaus auch soziale und insbesondere ökologische Aspekte zu berücksichtigen. Dabei ging es nicht allein um die Belieferung der Schulmensen mit regionalen Erzeugnissen, sondern auch darum, Verknüpfungen herzustellen – zwischen Küche, heimischer Landwirtschaft, Landschaft, Natur und Umwelt – und diese den Schülerinnen und Schülern auf anschauliche Weise zu vermitteln.

„Falsche Ernährung und Bewegungsmangel führen vielfach dazu, dass immer mehr junge Menschen übergewichtig sind. Ein mindestens ebenso großes Problem betrifft die zunehmende Naturentfremdung und die schwindenden Kenntnisse in weiten Bereichen des Natur- und Alltagswissens. Dass man darüber hinaus mit der Wahl seines Essens einen Beitrag zur eigenen Gesundheit und zum Umweltschutz leisten kann, ist nur wenigen bewusst“, berichtete Nicole Welsch von der Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg. Ziel des Projektes „Wissenshunger – Wege zu einer nachhaltigen Schulverpflegung“ sei es daher, eine Verknüpfung zwischen Küche, heimischer Natur und Landschaft herzustellen. Denn wenn mit regional und saisonal erzeugten Produkten aus umweltschonender Landwirtschaft ein gesundes Mittagessen für die Schüler gekocht werde, würden nicht nur Landwirte und das Lebensmittelhandwerk vor Ort unterstützt, sondern ebenso die Erhaltung der biologischen Vielfalt in der heimischen Kulturlandschaft.

Georg Weiser, Stellvertretender Schulleiter des Wentzinger Gymnasiums Freiburg, zeigte auf, welche Qualitätskriterien für die Verpflegung an den Wentzinger Schulen künftig gelten sollten. Der Verwendung von biologischen Produkten aus der Region komme dabei eine zentrale Rolle zu. Ganz in diesem Sinne verdeutlichte Christian Hiss, Vorstand der Regionalwert AG in Eichstetten am Kaiserstuhl, die Möglichkeiten der Vernetzung von Schulverpflegung und regionaler Landwirtschaft. Seiner Ansicht nach könnten heimische Erzeuger rund um Freiburg noch stärker in die Überlegungen und Planungen zur Schulverpflegung einbezogen werden. Nachhaltige Ernährung sei allerdings nicht allein eine Frage der Wirtschaftlichkeit, so Thomas Weidner, Fachbeirat für Wein bei Slow Food Deutschland. Er wies in seinem Beitrag auf die vielfältigen Verknüpfungen zwischen unserem Essverhalten und dem Schutz der biologischen Vielfalt – der Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten oder auch von Lebensräumen – hin. Anschließend stellte Heide Bergmann, Mitarbeiterin der Ökostation Freiburg, ein lokales Projekt für gesundes Essen an Freiburger Schulen vor, initiiert durch die Stadt Freiburg in Kooperation mit der Ökostation. In zahlreichen Einzelaktivitäten in Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren gehe es in erster Linie darum, den Schülerinnen und Schülern die Verbindungen zwischen Essen, Natur und Landschaft aufzuzeigen. Schulen auf dem Weg zu einem bestmöglichen individuellen Verpflegungskonzept zu begleiten, sei indessen Ziel der Vernetzungsstelle Schulverpflegung Baden-Württemberg, berichtete Britta Selig, Mitarbeiterin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Unter anderem bündle die Vernetzungsstelle unter der Trägerschaft der Sektion Baden-Württemberg der Deutschen Gesellschaft für Ernährung Informationen aus dem Bereich Schulverpflegung in einem Informationsnetzwerk.

„Eine wirklich nachhaltige Schulverpflegung sollte soziale, ökonomische und ökologische Aspekte gleichermaßen berücksichtigen und möglichst viele Partner miteinander vernetzen“, so Nicole Welsch. Eben diesem Ziel habe sich auch das Modellprojekt „Wissenshunger“ verschrieben.

Hintergrundinformationen zum Modellprojekt:

„Wissenshunger – Wege zu einer nachhaltigen Schulverpflegung“

Viele Schüler kennen heute mehr Handyklingeltöne als Vogelstimmen und mehr Automarken als Pflanzenarten. Immer weiter schreitet die Wissenserosion in Sachen Natur- und Alltagswissen voran.

Das Projekt »Wissenshunger – Wege zu einer nachhaltigen Schulverpflegung« wirkt dem in vielfacher Hinsicht entgegen. Modellhaft wird an mehreren Ganztagsschulen in Baden-Württemberg eine nachhaltige Schulverpflegung eingeführt und aufgezeigt, wie Ernährung und Schutz der Biodiversität ebenso zusammen kommen wie Ökologie und Ökonomie: Ortsansässige Gastwirte kochen mit heimischen Erzeugnissen ein leckeres und gesundes Mittagessen für die Schüler. Dabei soll eine regionale Wertschöpfungs- und Verbraucherinformationskette entstehen – von der Landwirtschaft über die Gastronomie bis zu den Schülern als Konsumenten.

Begleitet wird die Zubereitung der Essen von informativen Einheiten zu Nutzpflanzen, Nutztieren, Natur und Landschaft, regionalem Handwerk sowie zum Kochen selbst. Stets geht es bei diesen Aktivitäten darum, die Zusammenhänge zwischen naturverträglichem Anbau von gesunden Nahrungsmitteln, der täglichen Arbeit der Landwirte, dem Boden- und Grundwasserschutz sowie der Erhaltung der Biodiversität und der Bewahrung erlebnisreicher Kulturlandschaften aufzuzeigen.

Am Ende des zweijährigen Projekts wird ein Leitfaden entstehen, in welchem dargestellt wird, wie interessierte Ganztagesschulen diesen nachhaltigen Ansatz Schritt für Schritt in die Praxis umsetzen können.

Im Dialog mit vielen Partnern und Akteuren vor Ort wird das Projekt »Wissenshunger« an verschiedenen Modellschulen in Baden-Württemberg umgesetzt, unter anderem in Oberderdingen, Brackenheim, Freiburg und Tübingen.

Unterstützt wird das Modellprojekt der Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg und von Slow Food Deutschland e. V. durch die Stiftung NatureLife-International und die Glücksspirale Baden-Württemberg.
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Eintrag vom: 12.12.2008  




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