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Was tun, wenn es heißer wird?
Seminar zu Klimawandel und Klimaanpassung

Freiburg, 18.04.2016: „Klimawandel und Klimaanpassung – Bürgerbeteiligung & Kommunikation" zu diesem immer wichtiger werdenden Thema hatten der fesa e.V., das Institut für Fortbildung und Projektmanagement (ifpro) und das Agenda 21-Büro Freiburg am 15. April in die Gertrud-Luckner-Gewerbeschule in Freiburg geladen. Rund 60 Interessierte waren der Einladung zum Seminar gefolgt.

„Klimawandel und Klimaschutz sind zwei zusammengehörige Themenkomplexe", eröffnete Dr. Wulf Westermann von ifpro das Seminar. Daher haben ifpro und der fesa e.V. ihr Fortbildungsangebot erweitert und im Rahmen des durch das Bundesumweltministerium geförderten Projektes „AKKlima Oberrhein" eine Veranstaltungsreihe konzipiert. Gerade die Region Südbaden ist besonders vom Klimawandel betroffen, so dass die Städte und Gemeinden nicht umhin kommen, über Anpassungsstrategien nachzudenken.

Prof. Dr. Eberhard Parlow, Klimaexperte der Universität Basel, zeichnete in seinem Eröffnungsvortrag ein bedrückendes Bild von den auf die Region zukommenden meteorologischen Veränderungen. „Die Zunahme der CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist trotz unzähliger Konferenzen nicht gesunken, sondern steigt immer noch – weltweit." Parlow hält eine Erreichung des in Paris beschlossenen 2-Grad-Ziels für unrealistisch. In Basel ist die mittlere Jahrestemperatur seit Beginn der Aufzeichnungen 1757 jetzt schon um über zwei Grad Celsius gestiegen. Die Zahl der heißen Tage (über 30 Grad Celsius) in der Region Südbaden lag im langjährigen Trend bei fünf Tagen jährlich, 2015 waren es schon zehn Tage, bis 2050 rechnen die Klimaforscher mit 30 Hitzetagen. „Und in den Städten ist es noch deutlich heißer", warnte Parlow. Eminent wichtig sei es daher, für ausreichende Belüftung in den Städten zu sorgen und die kühlenden nächtlichen Bergwinde, wie den Freiburger „Höllentäler", auf keinen Fall durch ungünstig platzierte Gebäude zu bremsen. Als Handwerkszeug für Stadtplaner haben die Forscher an der Uni Basel detaillierte Klimaanalysen für einzelne Städte und Regionen aufgestellt. Aus diesen können Karten mit Priorisierungen erstellt werden, um in einem sich aufheizenden Klima dennoch ein akzeptables Stadtklima zu erhalten.

Armin Bobsien vom fesa e.V. stellte in seinem Vortrag die Klimaanpassungsstrategie Baden-Württemberg vor. In neun Handlungsfeldern von Landwirtschaft über Gesundheit bis Bildung hat das Land 2013 ausgearbeitet, wo besondere Risiken bestehen (Vulnerabilitätsabschätzungen) und daraus konkrete Maßnahmenvorschläge abgeleitet. So ist die Entsiegelung und Begrünung von Flächen ein Mittel, um das Stadtklima abzukühlen, ebenso die Verschattung und Kühlung im öffentlichen Raum. Dabei ist die Kommunikation mit den BürgerInnen sehr wichtig. Sie müssen wissen, wer ihre AnsprechpartnerInnen sind, wo sie Informationen bekommen und wie sie sich beteiligen können. Die Verwaltungen müssen Strategien entwickeln, um das Thema Klimaanpassung an die BürgerInnen zu kommunizieren. „Großstädte haben die Mittel, um Studien zu erstellen", bemerkt Bobsien "aber bei kleineren Kommunen wird es schwierig."

Wie die BürgerInnen subjektiv das Thema Hitze empfinden und wie sie damit umgehen, hat Dr. Tina Kunz-Plapp vom Karlsruher Institut für Meteorologie und Klimaforschung untersucht. Objektiv gesehen sind die Folgen von Hitzewellen eine absolut erhöhte Mortalitätsrate, vor allem in urbanen Räumen und bei älteren Menschen. 20.000 zusätzliche Tote in Europa brachte der Jahrhundertsommer 2003. Und die Jahrhundertsommer häufen sich. Dr. Kunz-Plapp führte ihre Untersuchung direkt im Anschluss an die Hitzewelle 2013 durch, so dass den Befragten ihr subjektives Empfinden und ihre (möglichen) Verhaltensänderungen frisch in Erinnerung waren. Die subjektive Hitzebelastung war dabei für die Menschen sehr unterschiedlich. Deutlich zu erkennen war, dass die BewohnerInnen der Innenstadtviertel mit messbar erhöhter thermischer Belastung auch unter stärkerer subjektiver Belastung litten. Auch die Gebäudeart spielte eine große Rolle: Dachgeschosswohnungen, fehlende Rollläden oder Jalousien, keine Möglichkeit sich draußen aufzuhalten – all dies waren Faktoren, die erhöhte Hitzebelastungen nach sich zogen. Hier kann und muss die Stadtplanung reagieren. Erleichternd für die Befragten war es, wenn sie die Möglichkeit hatten, ihren Alltag flexibler zu gestalten, beispielsweise schon in den frühen Morgenstunden zu arbeiten und eine längere Siesta zu machen. „Doch wenn man Hitze als Extremereignis ansieht, fällt auf, dass die Menschen versuchen, ihre Alltagsstruktur möglichst aufrechtzuerhalten", erläutert Kunz-Plapp. Eine wichtige Frage sei, wie sich im Arbeitsleben mehr Flexibilität erreichen lasse, um mit der Hitze besser umzugehen. „Deshalb ist es wichtig, die Bevölkerung zu Wort kommen zu lassen."

Beispiele, wie die Bevölkerung angesprochen werden kann, zeigte Sascha Saad von agl Saarbrücken in seinem Vortrag auf. Im Saarbrücker „Ex-Wo-St-Modellprojekt“ war eine Vielzahl an Akteuren eingebunden: Städtische Ämter und Eigenbetriebe, landes- und kommunalpolitische Gremien, BürgerInnen und Firmen. „Klar ist: Heute stark belastete Gebiete werden in Zukunft stärker betroffen sein", erklärt Saar. „Dabei sind die Handlungsoptionen gerade auf baulicher Seite doch relativ groß." Die Stadt Saarbrücken leitete aus den Analysen des Stadtklimas und der besonders stark belasteten Gebiete integrierte Aktionspläne für alle Stadtteile ab. Wichtiges Element war die Öffentlichkeitsarbeit mit Stadtteilforen, einem Fotowettbewerb und Klimaspaziergängen. Die Bevölkerung sollte aktiviert werden. „Man muss die Perspektive der Bevölkerung und der Amtsträger einnehmen und von der abstrakten Sichtweise der Planer wegkommen", so Saad.

Weitere Seminare zur Klimaanpassung werden im Lauf des Jahres und bis April 2017 folgen. Das Projekt AKKlima ist ein Beitrag von ifpro und fesa e.V. zur Umsetzung der Deutschen Klimaanpassungsstrategie und ist aus Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau- und Reaktorsicherheit gefördert.
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Eintrag vom: 21.04.2016  




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