Freiburg, 23.3.2016 Umweltbürgermeisterin Stuchlik und das Forstamt erläutern die Bedeutung von Alt- und Totholz im Stadtwald
Im Jahr 1998 hat die Stadt Freiburg im Mooswald in der Abteilung „Hirschtrieb“ an der großen Richtstatt einen neun Hektar großen Eichenwald vertraglich still gelegt, als Teil eines ökologischen Ausgleichs für Waldrodung. Der damals 140-jährige ehemalige Mittelwald ist seither ohne forstliche Pflege und Holznutzung ganz den natürlichen Prozessen der Natur überlassen. Die Forstleute sind hier nur noch Beobachter.
Heute, ein Vierteljahrhundert nach der letzten Holzernte, fand am Ort des Geschehens ein Pressetermin mit Umweltbürgermeisterin Gerda Stuchlik, Hans Burgbacher, Leiter des städtischen Forstamtes, und seiner Stellvertreterin Nicole Schmalfuß, statt. Dabei betonte Gerda Stuchlik: „Flächenstilllegungen wie diese und das Alt- und Totholzkonzept des Stadtwaldes tragen wesentlich dazu bei, unsere Wälder als Lebensraum für unzählige Tier- und Pflanzenarten zu erhalten und weiter zu entwickeln“.
Bereits 1996 wurde für den Freiburger Stadtwald ein Alt- und Totholzkonzept entwickelt, das flächige Stilllegung mit dem Erhalt von Baumgruppen und Einzelbäumen auf der gesamten Fläche kombiniert. Heute gilt der Erhalt von Biotopbäumen und Totholz in fast allen öffentlichen Forstbetrieben in Deutschland als Standard naturnaher Waldbewirtschaftung.
Umgeben von schlanken Hainbuchen stehen dicke, alte Eichen mit abgebrochenen Baumkronen, Spechtlöchern, Pilzkonsolen und käferzerfressener Rinde. Am Boden liegen große Stämme und Trümmer umgestürzter Baumriesen, halb vermodert und moosbewachsen. In den entstehenden Lücken wachsen dicht an dicht junge Bäume dem spärlichen Licht entgegen. Diese Alters- und Zerfallsphase des Waldes ist Teil der natürlichen Waldentwicklung, in vielen Wirtschaftswäldern aber noch selten anzutreffen. Alt- und Totholz sind Schlüsselstrukturen der Biodiversität und Lebensraum für unzählige Tier-, Pilz- und Pflanzenarten. Dazu gehören auch geschützte und seltene Arten wie der Hirschkäfer, die Bechstein-Fledermaus und das grüne Besenmoos.
Dass Naturwaldentwicklung kein Patentrezept ist, sondern Zielkonflikte mit sich bringt, erklärte Forstamtschef Hans Burgbacher: „Auf rund 300 Hektar städtischer Waldflächen verzichten wir auf die Nutzung des nachwachsenden, naturverträglich und regional produzierten wertvollen Rohstoffes Holz. Damit verzichten wir nicht nur auf Einnahmen, sondern auch auf den Beitrag, den Holzprodukte zur Reduktion von CO2 leisten.“
Gerade bei den Eichenwäldern im Mooswald gibt es Zielkonflikte. Die Lebensraumverbesserung für Alt- und Totholzarten geht bei flächiger Stilllegung nämlich zu Lasten lichter Waldstrukturen. Schmetterlinge und wärmeliebende Arten verschwinden, Lichtbaumarten wie die Eiche können sich kaum verjüngen.
Daher gibt es im Stadtwald neben Naturwaldentwicklungsflächen auf weiteren 300 Hektar Naturschutzvorrangflächen, die regelmäßig gepflegt werden. Pflanzspaten und Säge dienen dort vorrangig dem Arten- und Lebensraumschutz – und bei Bedarf der Verkehrssicherung. Ein Beispiel dafür ist der Schonwald Eichelgarten, wo das Forstamt in den nächsten Jahren geeignete Lücken zwischen den alten Mittelwaldbäumen mit fast 20.000 jungen Eichen bepflanzen wird.
Insgesamt ist ein Zehntel des Freiburger Stadtwaldes als Naturschutzvorrangfläche ausgewiesen. Auf der restlichen Waldfläche bleibt es bei dem wichtigen Ziel, im Rahmen naturnaher Waldbewirtschaftung wertvolles Holz zu erziehen und zu ernten. Hier wird der Alt- und Totholzerhalt integriert, indem alte Bäume mit Höhlen und Totholz als „Trittsteine“ weit verbreitet stehen bleiben. An Wegen und Orten, die bei Waldbesuchenden besonders beliebt sind, stehen bei forstlichen Maßnahmen zudem die Sicherheit der Menschen und die Erholungsnutzung im Vordergrund. |