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Verfolgte Greifvögel
Mindestens 44 Tiere wurden 2015 illegal getötet

Neue Dimension im Zusammenhang mit Windkraftanlagen-Bau

Mindestens 51 Mal wurden Greifvögel in den vergangenen 15 Monaten illegal verfolgt, 44 Tiere kamen dabei zu Tode. So lautet die Bilanz, die der NABU, sein bayerischer Partner, der Landesbund fĂŒr Vogelschutz (LBV), und das Komitee gegen den Vogelmord zum Jahreswechsel ziehen. AnlĂ€sslich der Wahl des Habichts zum „Vogel des Jahres 2015“ hatten die VerbĂ€nde die Bevölkerung dazu aufgerufen, FĂ€lle von illegaler Greifvogelverfolgung zu melden.

Am hĂ€ufigsten verwendeten die TĂ€ter verbotene Greifvogelfallen. Einige von ihnen konnten entdeckt werden bevor ein Vogel zu Schaden kam. In 25 Prozent der FĂ€lle wurden Tiere abgeschossen, in weiteren 25 Prozent Giftköder ausgelegt. Alle Greifvögel sind in Deutschland streng geschĂŒtzt. Ihre illegale Verfolgung stellt eine Straftat dar, die eine Freiheitsstrafe von bis zu fĂŒnf Jahren nach sich ziehen kann.

Besonders hĂ€ufig verfolgt wurden MĂ€usebussarde und Rotmilane mit 17 beziehungsweise zehn Opfern. Auch der „Vogel des Jahres 2015“, der Habicht, wurde sechsmal illegal getötet. „Dabei handelt es sich jedoch nur um einen kleinen Teil aller Straftaten. Wir gehen von einer hohen Dunkelziffer aus“, so Leif Miller, NABU-BundesgeschĂ€ftsfĂŒhrer. Gemeldet wurden auch zahlreiche weitere VerdachtsfĂ€lle, die bisher jedoch noch nicht eindeutig belegt werden konnten.

Traurige Hochburg der Greifvogelverfolgung ist Nordrhein-Westfalen. Hier wurden 14 FĂ€lle dokumentiert, gefolgt von Baden-WĂŒrttemberg mit zwölf, Niedersachsen mit neun und Bayern mit sieben FĂ€llen. Bundesweit ist derzeit keine Verbesserung der Lage in Sicht. Lediglich Nordrhein-Westfalen verzeichnete 2015 weniger AbschĂŒsse, Vergiftungen und FallenfĂ€nge – hier zeigt das koordinierte Vorgehen der Behörden Erfolge.

„Beim nordrhein-westfĂ€lischen Umweltministerium wurde eine Stabsstelle UmweltkriminalitĂ€t eingerichtet, die durch enge Zusammenarbeit mit Polizei, Staatsanwaltschaft und Naturschutzbehörden eine effektive Registrierung und Verfolgung entsprechender Straftaten ermöglicht und in den vergangenen zehn Jahren bereits zu ĂŒber 30 rechtskrĂ€ftigen Verurteilungen gefĂŒhrt hat“, erklĂ€rt Axel Hirschfeld, Sprecher des Komitees gegen den Vogelmord. In anderen LĂ€ndern, wie Niedersachsen oder Schleswig-Holstein, existiere bis heute nicht einmal ein Register fĂŒr gemeldete Straftaten gegen Greifvögel.

In Bayern erkennen die NaturschĂŒtzer des LBV erste Tendenzen zur Besserung. „Aufgrund der illegalen Übergriffe, nicht nur auf Greifvögel, sind wir 2015 in Bayern eindringlich auf die Politik und die Polizei zugegangen. Seitdem arbeiten und ermitteln die zustĂ€ndigen Behörden bei derartigen VorfĂ€llen nun deutlich konsequenter und zielfĂŒhrender", so der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert SchĂ€ffer.

Seit 2004 erfassen die VerbÀnde anhand von Behördenangaben und eigenen Daten FÀlle von Greifvogelverfolgung. In den vorangegangen zehn Jahren wurden dabei 800 FÀlle mit mehr als 1.200 toten Greifvögeln dokumentiert.

Neu ist die Verfolgung von Greifvögeln im Zusammenhang mit Windkraftanlagen. In 39 zusĂ€tzlich erfassten FĂ€llen aus den Jahren 2010 bis 2015 besteht dringender Verdacht auf die illegale Zerstörung von Großvogelhorsten in der NĂ€he von bestehenden und geplanten Windkraftanlagen. Auch bei drei der registrierten Tötungsdelikte liegt ein entsprechender Zusammenhang nahe.

Um eine GefĂ€hrdung von Vogelarten auszuschließen, mĂŒssen Windkraftanlagen bestimmte AbstĂ€nde zu Vogelhorsten einhalten. Damit dennoch manche Anlage errichtet kann, werden offenbar immer hĂ€ufiger Horste systematisch zerstört. Der NABU befĂŒrwortet den naturvertrĂ€glichen Ausbau der Windkraft, bemĂ€ngelt jedoch immer wieder gravierende VersĂ€umnisse bei der Wahl der Standorte und Umsetzung einzelner Projekte. „Die meisten Horste sind bereits vor den Planungen einer Windkraftanlage bekannt. Sie werden dementsprechend im Genehmigungsprozess berĂŒcksichtigt. Wenn Horste fĂŒr Windkraftanlagen zerstört werden, zeugt das vor allem von Ignoranz gegenĂŒber geltendem Planungsrecht“, so Miller.

Um die Situation fĂŒr Greifvögel zu verbessern, startete der NABU 2015 eine Petition. In dieser fordern inzwischen 43.000 BĂŒrger die BundeslĂ€nder dazu auf, engagierter gegen die illegale Verfolgung von Greifvögeln vorzugehen. DarĂŒber hinaus soll der Verkauf und Besitz spezieller Fallen fĂŒr den Greifvogelfang verboten werden. Der NABU ĂŒbergibt die Petition aller Voraussicht nach am 20. Januar an Bundesumweltministerin Barbara Hendricks.

FÀlle von illegaler Greifvogelverfolgung können auch in Zukunft bei der vom Komitee gegen den Vogelmord eingerichteten Erfassungs- und Dokumentationsstelle Greifvogelverfolgung und ArtenschutzkriminalitÀt (EDGAR) unter 0160-5813445 oder edgar@komitee.de gemeldet werden.
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Eintrag vom: 14.01.2016  




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