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Neue Exoten fĂĽr den Mundenhof
Zwei Sibirische Buntmarder sollen im Herbst 2016 ins verwaiste Bärengehege ziehen

Und der Gewinner ist … Martes flavigula. Seit diesem Juni steht das
Bärengehege auf dem Mundenhof verwaist, jetzt hat das Forstamt in
Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat entschieden: Der
Sibirische Buntmarder (Martes flavigula) ist die Idealbesetzung fĂĽr
die „Exotische Mitte“. So wird die Tierart, die in mehreren deutschen
Tiergärten zu den Publikumslieblingen
zählt, vermutlich ab Herbst 2016
erstmals im Freiburger Tiergehege zu
sehen sein. Aus GrĂĽnden der GenderGerechtigkeit
und in der Hoffnung auf
baldigen Nachwuchs wird Frau Marder
ein Partner zur Seite gestellt.

Es kommt im Mundenhof nicht oft zum
Umzug oder Zuzug von neuen
Tierarten. Umso grĂĽndlicher wurde seit
dem Tod des letzten Mundenhof-Bären
Joschi am 9. Juni dieses Jahres
abgewogen, was mit dem Bärengehege
geschehen soll. Nun steht fest: Aus dem Gehege wird nach
gründlichem Umbau die Bleibe für ein Pärchen Sibirischer
Buntmarder.

Buntmarder sind sehr agile Raubtiere. Da sie mit unterschiedlichsten
Lebensräume zurecht kommen, reicht ihr Verbreitungsgebiet von der
sibirischen Taiga bis zu den tropischen Feuchtwäldern Südostasiens.
Von Korea bis Borneo und Afghanistan – nicht viele Tierarten haben
so viel Migrationshintergrund. Mit einer Gesamtgröße von bis zu
einem Meter gehören sie in der Familie der Marder zu den größten
Exemplaren. Ihr Vorname „Bunt“ kommt von der auffälligen
goldgelben, dunkelbraunen und weißen Fellfärbung.

Die Beziehung des Menschen zur Gattung der Marder ist komplex.
Wegen seines Felles wird er vielerorts gejagt, zum Teil sogar
domestiziert. Als Fressfeind von Mäusen und Ratten wird er dagegen
speziell in der Landwirtschaft geschätzt. Fischotter erfreuen in Zoos
besonders das jĂĽngste Publikum. Dagegen sind Autobesitzer dem
Steinmarder wegen seiner Vorliebe fĂĽr Kabel weniger wohlgesonnen.

Die Unterart Buntmarder selbst wird trotz ihres schönen Fells nicht in
groĂźem Stil bejagt. In manchen Regionen wird aber ihr Fleisch
verzehrt und ihr auch nachgestellt, weil sie Bienenstöcke aufbricht.
Zur Hauptbedrohung fĂĽr diese Tierart wird der Mensch aber in
anderer Weise: Weil er die Wälder Asiens zerstört, schwinden die
Lebensräume des Marders in dramatischem Tempo, gerade in der
sibirischen Tundra.

FĂĽr ein Tiergehege gilt der Buntmarder als Idealbesetzung. Er ist
tagaktiv, also gut zu beobachten, sehr neugierig und interagiert gern
mit den Besuchern. Er klettert äußerst geschickt, schwimmt oft und
ist auf der Suche nach Beute ständig in Baumkronen und am Boden
unterwegs. An sein Gehege stellt er im Vergleich zu anderen
Tierarten geringe Anforderungen. Im Wesentlichen geht es darum,
viele Beschäftigungselemente bereitzuhalten, um dieses lebhafte
Tier entsprechend auszulasten.

Als mittelgroĂźes Raubtier lebt der Buntmarder von kleinen
Säugetieren wie Ratten und Mäusen, verschmäht aber auch Fisch
nicht. Da er bis in die nördliche Tundra vorkommt, ist er winterfest
und braucht kein Warmhaus. Dank seiner großen ökologischen
Amplitude ist er aktuell nicht gefährdet, leidet aber unter dem
erwähnten Verlust seines Lebensraumes.

Bislang gibt es etwa 40 Buntmarder in ganz Europa. Sie werden erst
in wenigen europäischen Zoos gezeigt (z.B. Nürnberg, Münster,
Dresden), zählen dort aber zu den Publikumslieblingen. Ihre Haltung
in Zoos wird über das Europäische Zuchtbuchprogramm ESB zentral
in Schweden organisiert. Der Mundenhof steht dort auf der Warteliste
für die nächsten Nachzuchten und hofft, bei entsprechendem
Nachwuchs in den beteiligten Zoos im Herbst 2016 ein junges
Pärchen begrüßen zu können.

Dass Joschi, der am 9. Juni im Alter von 29 Jahren verstarb, der
letzte Bär auf dem Mundenhof sein würde, war schon vor mehreren
Jahren entschieden worden. In der bisherigen Bärenanlage ist aus
heutiger Sicht keine artgerechte Haltung eines GroĂźraubtieres
möglich. Allerdings war es immer ein Publikumsmagnet, so dass der
Mundenhof bemĂĽht ist, an dieser zentralen Stelle eine attraktive
Tierart zeigen zu können. In einem langen Prozess hat die Leitung
des Mundenhofs gemeinsam mit seinem wissenschaftlichen Beirat
diskutiert, welche Tierart in einem Gehege dieser Größe artgerecht
gehalten werden kann, und sie anhand von fĂĽnf Kriterien bewertet:

– Einbindung in das Konzept der „Exotischen Mitte“ im Innenbereich
des Mundenhofs: hier zeigen Tiere unterschiedlicher Herkunft
verschiedene Formen des sozialen Zusammenlebens;
– Attraktivität für die Besucher: Optik, Verhaltensvielfalt, Interaktion;
– ökologische Zusammenhänge, die mit dieser Tierart vor Augen
geführt werden können;
– ökonomische Bewertung und Investitionskosten beim Umbau;
– Pflegeintensität der Tierart in der Haltung.

Nach dieser Bewertung ist es nun der Wunsch aller Beteiligten, den
Buntmarder als neue Tierart auf den Mundenhof zu holen. Um ihm
eine angemessene Umgebung zu bieten, muss aber das bisherige
Bärengehege umfangreich umgebaut werden. Ein beton-betontes
Sicherheitsgehege in einen naturnahen Lebensraumausschnitt zu
verwandeln ist mit Kosten verbunden, die derzeit nicht zu beziffern
sind. Ihre Höhe hängt von zwei Fragen ab:

Wieviel Beton, der bisher das Erscheinungsbild des Geheges prägt,
kann durch andere Materialien ersetzt werden?
Und wie weit wird das Gehege nach oben geholt, damit das
Publikum nicht mehr das GefĂĽhl hat, in ein Loch hinabzuschauen?

Art, Umfang und Kosten des Umbaus werden nun in den
gemeinderätlichen Gremien diskutiert. Die Fördergemeinschaft
Mundenhof e.V. hat zugesagt, den Umbau mit 100.000 Euro zu
unterstĂĽtzen, ist aber auf weitere Spenden angewiesen. Sobald die
Finanzierung gesichert ist, kann die Arbeit beginnen.
 
Eintrag vom: 03.12.2015  




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