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Trinkwasser: Nitrat in Wyhl und im Landkreis Emmendingen
Sanieren statt verdünnen

Kleinkinder sollen aus Gesundheitsgründen das Wyhler Leitungswasser nicht trinken, denn der Grenzwert für Nitrat im Trinkwasser von 50 Milligramm Nitrat pro Liter (mg/l) ist überschritten. Der Wyhler Wert liegt aktuell bei 52,9 mg/l, nachdem er im Sept. 2014 noch bei 48,3 mg/l lag. Gemäß EU-Richtlinie existieren zusätzlich Richtwerte (keine Grenzwerte) von 25 mg/l für Leitungs- und 10 mg/l für Mineralwasser. Abgepacktes Wasser aus dem Handel wird jetzt für Kleinkinder in Wyhl empfohlen.

Am 1 Juli 2015 hat Dr. Armin Dietz vom Gesundheitsamt Emmendingen dem BUND die aktuellen Nitratwerte im Landkreis mitgeteilt, nach denen wir Landrat Hurth gefragt hatten. (Anlage)

Sie zeigen erstaunliche Unterschiede im Kreis. Der EU-Richtwert wird erfreulicherweise nur in Wyhl und Kenzingen Kernstadt überschritten. Doch viele Gemeinden im Kreis würden die guten Werte nur mit den eigenen Brunnen nicht erreichen. Da wird Wasser zugekauft, gemischt und verdünnt, um nitratarmes Wasser zu erhalten.

Die Nitratbelastung des Grundwassers ist hauptsächlich auf den Einsatz von mineralischem und organischem Dünger zurückzuführen. Die Art und Weise der Bewirtschaftung spiegelt sich im Grundwasser wieder. Der Anbau von Mais in der Rheinebene zeigt sich in einer flächenhaften Belastungsfahne. Auch der intensiv gedüngte Wein bringt starke Belastungen in den Vorbergzonen von Schwarzwald und Vogesen und im Abstrom des Kaiserstuhls. Dies zeigt gerade auch die aktuelle Grenzwertüberschreitung in Wyhl. Wenn Gemeinden wie Sasbach oder Endingen in der Vergangenheit auf Grund der Nitratbelastungen neue, viele Millionen Euro teure Brunnen bohren mussten, dann gab es erstaunlicherweise keine öffentliche Diskussion zu den Ursachen des Problems. Ähnlich ist es in Herbolzheim, wo die Stadt mit dem Bau eines neuen Tiefbrunnens die Wasserqualität verbessern muss. Bei Konflikten um Düngung und die Ausweisung von neuen Wasserschutzgebieten haben die "Wassertrinker” die schwächste Lobby und die Behörden agieren eigenartig still.

Die Themen Grundwasser und Grundwasserschutz sind wichtige Aufgaben des BUND und wir verstehen uns auch als Lobby der „Wassertrinker“ und des Bodenschutzes. Wir sehen mit Sorgen den wachsenden Einfluss der Agrarmultis und Konzerne auf die europäische Gesetzgebung und die EU-Nahrungsmittelbehörde. Die aktuelle Glyphosat Entscheidung der EU-Nahrungsmittelbehörde zeigt die wachsende undemokratische und umweltgefährdende Macht der Lobbys, die mit dem geplanten Freihandelsabkommen TTIP noch massiv zunehmen wird.
Theoretisch dürfte die Trinkwasserbeschaffung im Landkreis Emmendingen kein Problem sein, denn der Landkreis „sitzt“ auf einem der größten Grundwasserseen Europas mit geschätzten 45 Milliarden Kubikmetern Volumen im Oberrheingraben.

Der große unterirdische Trinkwassersee am Oberrhein ist an vielen Stellen mit Schadstoffen aus Altlasten, aber auch mit Problemstoffen aus der Landwirtschaft, mit Pestiziden und Nitrat belastet.
„Wenn man das Problem nicht in den Griff bekomme, müsse sich der Gemeinderat mit dem Gedanken befassen, das Wyhler Wassernetz an den Sasbacher Tiefbrunnen anzuhängen“ wird der Wyhler Bürgermeister Ruth in der BZ zitiert.

Aus Sicht eines örtlichen Bürgermeisters, auf dessen Gemarkung das Problem nur zum kleinen Teil entsteht, ist dies ein nachvollziehbares Argument. Doch damit wird das Grundproblem des zu großen Düngemitteleintrages in das Grundwasser nicht gelöst. Nicht die Verursacher und die gut verdienenden Düngemittelkonzerne kommen für die Kosten auf, sondern die Verbraucher und Verbraucherinnen.
Der BUND fordert „kontrollieren und sanieren statt verdünnen“ und mehr Anstrengungen der Behörden, um das Grund- und Trinkwasser im Landkreis zu schützen und Bäche, Flüsse und Meere zu entlasten.
 
Eintrag vom: 26.11.2015 Autor: Axel Mayer, BUND Geschäftsführer




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