Anfrage der Linken setzt Bundeswehr unter Druck
Der NABU fordert von der Bundeswehr, ihre Sprengungen im Meer künftig nur noch mit entsprechendem Schallschutz vorzunehmen. Aktuellen Anlass zur Sorge bietet unter anderem der Tod mehrerer Schweinswale Anfang September. Wie hoch die Gefahr für die Meeresbewohner tatsächlich ist, zeigt jetzt auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsabgeordneten der Linken Dr. Kirsten Tackmann und Cornelia Möhring. Demnach kamen bei knapp 300 Sprengungen der Bundeswehr nur unzureichende Schutzmaßnahmen für die Meeresumwelt zum Einsatz – vermutlich aus Kostengründen.
„Unterwasserexplosionen sind die lautesten Schallquellen im Meer. Noch in mehreren Kilometern Entfernung können sie Fische, Vögel und Wale töten. Während sich zivile Projekte im Meer an strenge Schallschutzauflagen halten müssen, sprengt die Bundeswehr mit unverantwortlicher Laustärke und Häufigkeit“, kritisierte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.
Der NABU fordert die Bundeswehr auf, ihre Sprengungen auf ein Minimum zu reduzieren und bei allen unvermeidbaren Unterwasserdetonationen einen sogenannten Blasenschleier einzusetzen. Dieser ist zum Beispiel beim Rammen der Fundamente für Offshore-Windparks inzwischen Stand der Technik. Er dämpft durch Luftblasen, die aus einem perforierten Schlauch oder Rohr strömen, die Schockwelle der Explosionen erheblich ab und reduziert so den lebensgefährlichen Aufenthaltsbereich für Schweinswale. „An der Weiterentwicklung des Geräts war die Bundeswehr selbst beteiligt. Warum sich die Marine aber bis heute weigert, den Blasenschleier bei ihren Übungen einzusetzen, ist vollkommen unklar. Es können eigentlich nur Kostengründe dahinterstecken“, so der NABU-Bundesgeschäftsführer.
Um die Gefahr für die Meeressäuger zu verringern, sucht die Bundeswehr derzeit, laut Antwort der Bundesregierung, vor ihren Sprengungen akustisch und mit Beobachtern nach Schweinswalen im Seegebiet. Zusätzlich würden mit Sonar und Vorsprengungen mit sogenannten Kleinladungen anwesende Tiere vertrieben. „Das ist aber völlig unzureichend. Ein Gebiet von zwei Seemeilen mit Beobachtern zu überwachen, ist nahezu unmöglich. Schon ab zwei Windstärken kann man die kleinen Rückenflossen der Tiere zwischen den Wellen kaum mehr erkennen“, erklärte NABU-Meeresexperte Kim Detloff. Und selbst die vorgesehenen Mini-Explosionen würden eine Schockwelle erzeugen, die auf 650 Meter Entfernung einem Taucher oder einem Schweinswal die Lunge zerreißen könne.
Seit dem Jahr 2009 hat die Bundeswehr, laut Antwort der Bundesregierung, fast 300 Unterwassersprengungen im Übungsgebiet Schönhagen in der westlichen Ostsee durchgeführt. Nach der Sprengung am 6. September dieses Jahres wurden zehn Tage später in unmittelbarer Nähe sieben tote Schweinswale angespült. Ein Zusammenhang mit der Sprengung ist zwar nicht erwiesen, an einen Zufall können die Naturschützer aber auch nicht so recht glauben. „Schweinswale sind streng geschützt und für ihr Überleben auf ein intaktes Gehör angewiesen. Wird dieses durch eine Unterwasserexplosion geschädigt, können die kleinen Wale nicht mehr navigieren, kommunizieren und jagen. Das kommt einem Todesurteil gleich“, warnt Detloff.
Um den Schutz von Deutschlands einzigem heimischen Wal zu verbessern, hat der NABU Schleswig-Holstein in diesem Jahr eine Landesstelle Schweinswalschutz geschaffen. Hier wird Öffentlichkeitsarbeit für die kleinen Wale gemacht, Sichtungsmeldungen werden gesammelt und regionale Akteure und Institutionen vernetzt. |