12.000 Jungtiere des Urzeitfisches in die Oder entlassen
Angermünde/Berlin – Der Baltische Stör soll in der Oder und damit im Einzugsgebiet der Ostsee wieder dauerhaft heimisch werden. 12.000 Jungtiere sind am heutigen Montagnachmittag in die Oder entlassen worden. Sie sollen helfen, den ehemals im Odereinzugsgebiet heimischen Fisch wieder anzusiedeln. „Damit haben wir ein wichtiges Etappenziel erreicht. Erstmals ist es uns gelungen, Störe in der Teichwirtschaft Blumberger Mühle aufzuziehen und sie auf ihre lange Reise in die Ostsee zu schicken“, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Gemeinsam mit der Gesellschaft zur Rettung des Störs (GRS) und der Teichwirtschaft Blumberger Mühle beteiligt sich der NABU, gefördert durch Mittel der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), an dem nationalen Wiederansiedlungsprojekt.
Drei Monate lang war das historische Bruthaus der Teichwirtschaft Blumberger Mühle im brandenburgischen Angermünde das Zuhause für tausende junger Störe. So lange dauerte die Aufzucht von der nur wenige Millimeter großen Larve bis zur Besatzgröße von etwa zehn Zentimetern Körperlänge. In dieser Zeit werden die Fische gehegt und gepflegt. Ständig müssen sie mit kaltem sauerstoffreichem Wasser versorgt werden und wurden mit Salinenkrebsen und später mit Zuckmückenlarven gefüttert. „Eine anspruchsvolle und zeitintensive Aufgabe. Wir freuen uns über jeden einzelnen Stör, der diesen gefährlichen ersten Schritt ins Leben überstanden hat und jetzt helfen kann, eine sich selbst erhaltende Population Baltischer Störe in Oder und Ostsee aufzubauen,“ so NABU-Projektleiter Kim Detloff.
1968 wurde der letzte Baltische Stör in der Oder gefangen. Fischerei, Gewässerverschmutzung und die Verbauung der Flüsse hatten die einst reichen Bestände ausgelöscht. Heute versuchen Fischereibiologen und Naturschützer den wohl ursprünglichsten aller Knochenfische mit viel Aufwand zurückzuholen. Der NABU beteiligt sich an dem nationalen Wiederansiedlungsprojekt durch die Aufzucht von zukünftigen Elterntieren in den Fischteichen der Blumberger Mühle, die für die Vermehrung in kommenden Jahren benötigt werden. Zudem werden für die Auswilderung in der Oder junge Störe im Wasser der Welse aufgezogen, ein wichtiger Schritt zur Anpassung der Tiere an ihre zukünftigen Heimatgewässer vor dem Besatz, um sie fit zu machen für das Leben in freier Wildbahn. Darüber hinaus wird das Störprojekt und die notwendigen begleitenden Schutz- und Erhaltungsmaßnahmen als zentraler Bestandteil in das Bildungs- und Informationsangebot des NABU Erlebniszentrums Blumberger Mühle aufgenommen. Ab sofort können Besucher im Aquarium junge Störe beobachten und heranwachsen sehen und sich über die Biologie des Urzeitfisches, seine Gefährdung sowie das Wiederansiedlungsprojekt informieren.
„Ein Stör benötigt acht bis zehn Jahre, bis er ausgewachsen ist. In diesem Zeitraum sollen die Jungtiere nun ihren Weg in die Ostsee finden. Wir hoffen, dass möglichst viele Fische dann ihren Rückweg in ihr Besatzgebiet finden, um dort zu Laichen. Ziel ist es, einen eigenständig überlebensfähigen Bestand des Baltischen Störs in unseren Gewässern aufzubauen“, so Detloff.
Der Baltische oder auch Atlantische Stör (Acipenser oxyrinchus) ist eine kälteresistente Art, die einst die Ostsee und ihr Einzugsgebiet besiedelte. Die Wanderfische ziehen zum Laichen aus dem Meer flussaufwärts in die Laichgründe ihrer Geburt, beim Baltischen Stör von der Ostsee in die Niederungen von Oder, Weichsel, Memel, Daugava, Narva und Neva. Die Jungfische wachsen dort einige Jahre heran und wandern anschließend ins Meer ab.
Überfischung, Gewässerverschmutzung und -verbauung rottete sie Ende des 19. Jahrhunderts aus. |