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Zwischen Ölpest und Dorschwunder: Das Naturjahr 2010
WWF-Chronologie: Jahr der Biologischen Vielfalt mit menschgemachten Katastrophen

Der WWF Deutschland beurteilt das Jahr 2010 grĂ¶ĂŸtenteils als Katastrophenjahr fĂŒr die Natur. Angefangen bei der Ölpest im Golf von Mexiko ĂŒber die verheerenden WaldbrĂ€nde in Russland bis zur Giftschlammlawine in Ungarn: im UN-Jahr der Biologischen Vielfalt gab es kaum positive Nachrichten fĂŒr die Umwelt, so der WWF. Vor allem auf politischer Ebene sei zu wenig fĂŒr den Naturschutz geschehen. Besonders auffĂ€llig: Die Naturkatastrophen des Jahres 2010 waren allesamt menschgemacht.

Die WWF-Chronologie des Jahres 2010:

Januar
UN-Jahr der Biologischen Vielfalt: Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnet in Berlin offiziell das internationale UN-Jahr der Biologischen Vielfalt. Umwelt zerstörende Subventionen, beispielsweise fĂŒr die Landwirtschaft und die Fischerei, spielen dabei keine Rolle. Weltweit fließen jĂ€hrlich 670 Milliarden Euro Staatshilfen in Branchen, die Anteil an der Zerstörung der Natur haben.
Olympia-Countdown: In Sotschi werden in Vorbereitung der Olympischen Winterspiele 2014 rund 14.000 Hektar Wald abgeholzt.

Februar
Ölpest I: In Italien fließen Tausende Kubikmeter Altöl in den Lambro, einen Zufluss des Pos. KlĂ€ranlagen der Region fallen als Folge aus, AbwĂ€sser gelangen ungereinigt in den Fluss.

MĂ€rz
Artenschutzkonferenz: Die 15. Washingtoner Artenschutzkonferenz in Katar endet ernĂŒchternd. Bedrohte Arten wie Roter Tunfisch, Rote Koralle, Heringshai und Blauflossentunfisch dĂŒrfen weiter gehandelt werden – ein Sieg auf ganzer Linie fĂŒr die Fischereilobby. Im chinesischen Jahr des Tigers wird immerhin beschlossen, die Zusammenarbeit im Kampf gegen Tiger-Wilderei und -Schmuggel zu verbessern. Nur 3.200 Tiger leben noch in freier Wildbahn.
„Earth Hour“: Rund um den Globus schalten am 27. MĂ€rz Millionen Teilnehmer der WWF „Earth Hour“ fĂŒr eine Stunde symbolisch das Licht aus. Weltweit nehmen ĂŒber 3450 StĂ€dte in 121 LĂ€ndern teil. In Deutschland liegen u.a. MĂŒnchen, Berlin, Köln, Leipzig und Flensburg im Dunkeln.

April
Ölpest II: Die Havarie des chinesischen Kohlefrachters Sheng Neng 1 bedroht das Great Barrier Reef vor Australien mit einer Ölpest. FĂŒr den WWF zeigt der Unfall einmal mehr die mangelnden Sicherheitsstandards auf See, er fordert eine Lotsenpflicht fĂŒr ökosensible Gebiete und das Verbot des giftigen Schweröls als Schiffstreibstoff.
Neuentdeckung: Begeisternder Fund im „Herzen Borneos“: Dort werden 123 bislang unbekannte Tier- und Pflanzenarten entdeckt. Darunter sind ein fliegender Frosch, der seine Haut- und Augenfarbe Ă€ndert, und eine flammenfarbene Schlange. Insgesamt finden die Forscher 67 Pflanzen, 17 Fische, fĂŒnf Frösche, drei Schlangen, einen Vogel, 29 Wirbellose und zwei Echsen

Mai
Ölpest III: Nach der Explosion der Bohrplattform Deep Water Horizon im Golf von Mexiko sprudeln wochenlang Millionen Liter Rohöl vor der KĂŒste des US-Staates Louisiana ins Meer. Die Ölpest trifft mit der beginnenden Brut- und Laichsaison vieler Arten zusammen, so dass der Nachwuchsjahrgang massiv geschwĂ€cht wird. Angesichts der unabsehbaren UmweltschĂ€den fordert der WWF den Stopp neuer Bohrvorhaben auf See.
Hochwasser: Die Flut in SĂŒd-Polen ist fĂŒr den WWF eine Folge des ineffizienten Hochwasserschutzes in Polen. Er fordert, Flut-Risikogebiete als solche auszuweisen, dort keine Bebauung mehr zu erlauben und AuwĂ€lder und Flusslandschaften zu renaturieren.
„Dorschwunder“: Der Wissenschaftliche Rat zur Erforschung der Meere (ICES) prĂ€sentiert eine gute Nachricht: Seit 2006 ist der östliche Bestand des Dorsches in der Ostsee auf das Dreifache angewachsen. Die GrĂŒnde fĂŒr das „Dorschwunder“ sind ein konsequenter Wiederaufbauplan mit Schonung des Dorsches, Verkleinerung der Fangflotte sowie die EindĂ€mmung der illegalen Fischerei um 30 Prozent.

Juni
Überfischung: Die Fangsaison fĂŒr den bedrohten Roten Tunfisch im Mittelmeer wird vorzeitig beendet, nachdem die industriellen Fangflotten der EU ihre jĂ€hrlichen Quoten bereits nach der HĂ€lfte der vierwöchigen Saison erfĂŒllt haben.
Wal-Konferenz: Die Verhandlungen ĂŒber einen Kompromissvorschlag zum Walfang scheitern auf der Internationalen Walfangkommission (IWC) in Agadir. Damit bleiben bedrohte Arten wie Finn- und Seiwal auf der Abschussliste Japans.

Juli
„Hitzewelle“ am Nordpol: Ein Report zum arktischen Meereis weist einen neuen Rekord-Tiefststand aus. Demnach war die EisflĂ€che im Juni so klein wie in keinem Juni seit Beginn der Satelliten-Aufzeichnungen im Jahr 1979. Nach WWF-SchĂ€tzung mĂŒssen einige EisbĂ€ren durch die verĂ€nderten klimatischen Bedingungen eine Fastenperiode von bis zu 160 Tagen ĂŒberstehen.
Trinkwasser: Die UN verankern das Recht auf sauberes Wasser. Daran mangelt es bereits ĂŒber einer Milliarde Menschen, Tendenz steigend. Im Kampf gegen die weltweite Wasserkrise fordert der WWF, GewĂ€sser und Wasserressourcen grenzĂŒberschreitend zu managen und zu bewirtschaften. Nur drei Prozent des Wassers auf der Erde ist SĂŒĂŸwasser.

August
WaldbrĂ€nde: Mehr als 7.000 WaldbrĂ€nde lodern rund um Moskau und im russischen Fernen Osten. Schuld ist nicht allein die aktuelle Hitzewelle, sondern vor allem mangelhafte Vorsorge und ein miserables Waldmanagement. Die Rauchschwaden enthalten Kohlenmonoxid, Feinstaub, Formaldehyd und andere giftige Verbindungen, die zu starken gesundheitlichen Belastungen der Bevölkerung fĂŒhren.

September
LaufzeitverlĂ€ngerung: Der WWF reagiert bestĂŒrzt auf die LaufzeitverlĂ€ngerung der deutschen Kernkraftwerke. In einer umfassenden Studie hatte der WWF gezeigt, dass die fast vollstĂ€ndige Vermeidung von CO2 bis 2050 ohne jegliche LaufzeitverlĂ€ngerung möglich und bezahlbar ist. Das Energiekonzept der Bundesregierung bewertet der WWF als „Wegweiser in die klimapolitische Sackgasse“.
Schimpansen-Entdeckung: Ein WWF-Forscherteam stĂ¶ĂŸt in der Demokratischen Republik Kongo auf einige hundert Schimpansen, die einen Teil des Jahres fast komplett auf BĂ€umen verbringen. In der Regenzeit verlagern die Schimpansen ihr Leben auf die Baumwipfel.

Oktober
Rotschlamm-Lawine: Im ungarischen Kolontar birst der Speicher einer AluminiumhĂŒtte der Ajka Aluminia Company. Bauxitschlamm ergießt sich auf 40 Quadratkilometern. Die Giftlawine erreicht auch die Donau. Der WWF belegt, dass bereits Wochen zuvor Risse die Behörden zum Handeln hĂ€tten bewegen mĂŒssen.
BĂŒcher ohne Tropenholz: PĂŒnktlich zur Frankfurter Buchmesse bestĂ€tigen die VerlagshĂ€user Oetinger, Lingen und die Buchverlage der Holtzbrinck-Gruppe dem WWF schriftlich, im Laufe des kommenden Jahres vollstĂ€ndig auf FSC-Papier zu drucken oder Recyclingpapiere zu verwenden. Vorangegangen waren der Kosmos-Verlag, Piper und die Verlagsgruppe Random House.

November
EU-Gesetz gegen illegales Holz: Der EU-Rat nimmt in BrĂŒssel das EU-Holzhandelsgesetz an. Damit ist die Einfuhr illegaler Holzprodukte nach Europa ab 2013verboten. Die EU ist einer der grĂ¶ĂŸten MĂ€rkte fĂŒr Holzprodukte aus illegaler Herkunft, deshalb hat der WWF seit Jahren fĂŒr dieses Gesetz gekĂ€mpft. Perfekt ist es noch nicht, aber ein Meilenstein gegen illegale Abholzung weltweit.

Dezember
Klimaverhandlungen: Unerwartet gut enden in CancĂșn die Klimaverhandlungen. Jetzt liegt der Ball wieder im Feld der einzelnen Staaten, die CancĂșn-BeschlĂŒsse mit Leben zu fĂŒllen. Dies bedeutet fĂŒr die EU, schnellstmöglich die CO2-Reduktionsziele bis 2020 von 20 auf 30 Prozent zu erhöhen.
VolkszĂ€hlung bei Berggorillas: Die Zahl der vom Aussterben bedrohten Berggorillas ist grĂ¶ĂŸer als angenommen. Eine „VolkszĂ€hlung“ im „Virunga Massiv“ im Grenzgebiet von Uganda, Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo kommt auf 480 Gorillas. Hinzu kommen noch ungefĂ€hr 300 Tiere in einem weiteren Nationalpark in Uganda. GegenĂŒber der letzten Bestandsaufnahme von 2003 ist das ein Zuwachs von ĂŒber 25 Prozent.

Zu den Fotos: Explosion der Bohrplattform Deep Water Horizon im Golf von Mexiko und das Dorschwunder in der Ostsee. © U.S. Coast Guard und WWF
 
Eintrag vom: 24.12.2010  




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