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Der andere Harrisburg-Bericht zum 30. JT Atomkraftunfall Harrisburg TMI 2 1979
Zahlreiche Strahlenopfer des Atomkraft-Unfalls Harrisburg/TMI-2 1979 inzwischen erwiesen.
Bei älterem Reaktor wäre der Unfall eine Riesenkatastrophe geworden.
Als Menschen zu Meßinstrumenten wurden. Beschwichtigungen und Vertuschungen


1. Beim Unfall des Atomreaktors TMI 2 gab es erhebliche Strahlenschäden bei der Bevölkerung.

Diese Frage der Strahlenschäden bei der Bevölkerung wurde offiziell schon früh verneint. Beobachtungen aufmerksamer Menschen, die schon bald am 1. Unfalltag 28.3.1979 und danach strahlenbedingte Krankheitssymptome bei sich selber und bei Tieren feststellten mit Hunderten an sich überzeugenden schriftlichen Berichten, wurden nicht anerkannt. Unkontrollierte Freisetzungen von Radioaktivität in die Umwelt begannen aber schon kurz nach Unfallbeginn. Messgeräte im Kraftwerk überschritten ihre Meßbereiche. Radioaktives Edelgas des TMI-2-Unfalls wurde sogar in Albany gemessen, der rund 500 km entfernten Hauptstadt des Staates New York. Die Hälfte der Einwohner in der 5-km-Zone um TMI floh aber erst nach zwei Tagen. Viele Menschen berichteten von Beobachtungen wie Metallgeschmack, starkem Haarausfall, Hautrötungen, Tod von Tieren mit Merkmalen sehr hoher Strahlendosen und von Pflanzenschäden. Vor allem Metallgeschmack und starker Haarausfall sind bekannt als Symptome bei hoher Strahlenbelastung. Offiziell wurde dies aber fälschlich als Stress in Abrede gestellt.

Aber die Messgerätezeiger am Reaktorgebäude am oberen Anschlag, als man angeblich notgedrungen Überdruck aus dem Reaktor durch ein gebohrtes Loch ablies. Mangels ausreichender offizieller Messungen wurden die Menschen der Umgebung selber zu „Messinstrumenten“ degradiert. Mehr Wahrheit über das Unfallausmaß kam erst im Laufe der Jahre ans Tageslicht, als man mit Robotern entdeckte, dass ein großer Teil der Reaktorkerns doch geschmolzen war und viel Radioaktivität aus ihm ins Gebäude und ein Teil in die Außenwelt freigesetzt worden sein musste - und als mehr Krebstote auftraten als offiziell und von der Atomlobby erwartet.

Heute ist von unabhängiger Seite geklärt, dass der Unfall von TMI-2 eine große Anzahl Strahlenopfer hatte. Nachdem versierte Bürger der Region um TMI 1984 schon für 1980-1984 in der Umgebung 19 Krebstote statt der erwarteten 2,6 Fälle feststellten, kamen wissenschaftliche Untersuchungen in Gang. Untersuchungen der Columbia University von1990 und 1991 zu auffälligen Erhöhungen bei Blutkrebs (Leukämie) und einigen Krebsarten, litten unter beengenden gerichtlichen Auflagen und anderen unterschätzenden Schwächen. Professor Steve Wing, Epidemiologe der University of North Carolina, und Mitarbeiter haben im 10-km-Umkreis verbessert untersucht und berichteten 1997 und 2003 in Fachzeitschriften über 440 zusätzliche Lungenkrebsfälle in den hauptbetroffenen Zonen der Umgebung, sowie über deutlich vermehrtes Auftreten anderer Krebsarten und von Leukämie.

Laut deutschem Umweltlexikon wurde in der Umgebung von TMI „eine erhöhte Säuglingssterblichkeit, Schilddrüsenfehlfunktionen bei Neugeborenen und eine über dem Landesschnitt liegende Häufigkeit von Krebsfällen registriert“. Die Entseuchungsarbeiten des Reaktors haben trotz teilweisen Einsatzes von Robotern zu „einer Kollektivdosis der Belegschaft von mindestens 130 bis 460 Personen-Sievert geführt, was etwa 13 bis 46 Krebstoten entspricht (…).“ Und laut Joseph Mangano ist zwei Jahre nach dem Unfall eine vorübergehende Erhöhung der Kindersterblichkeit in Gemeinden in der Hauptwindrichtung aufgetreten, siehe Bulletin of the Atomic Scientists, 2004.


2. Bei späterem Unfallbeginn wäre es wahrscheinlich zur Riesen-Katastrophe gekommen:

Das Atomkraftwerk TMI 2 war erst am 28.12.1978 in Betrieb gegangen. Es hatte bis zum 28. März 1979 noch wenig Strom produziert entsprechend rund 2 Wochen Vollastbetrieb. Deshalb hatte es im Vergleich zu einem älteren Reaktor noch wenig Spaltprodukte erzeugt, trotzdem schon ungeheure Mengen, und nach erfolgtem Abschalten relativ wenig sogenannte Nachzerfallswärme, die durch Kühlsysteme abgeführt werden muß, um das äußerst gefährliche Schmelzen des Reaktorkerns zu verhindern. Trotzdem kam es zur Katastrophe und fast zur Riesen-Katastrophe. Bei älterem Reaktor mit viel mehr Spaltproduktinventar und größerer Nachzerfallswärme wären die teilweise Kernschmelze und die Wasserstoffexplosion, die sich wenige Stunden nach Unfallbeginn ereigneten und von denen letztere fast den Auslegungsdruck des Sicherheitsbehälters von TMI 2 erreichte, deutlich stärker gewesen. Die Explosion hätte den Sicherheitsbehälter wahrscheinlich zum Platzen gebracht. Ein Großteil der im Inneren des Reaktorgebäudes freigesetzten Radioaktivität wäre entwichen: eine Strahlenkatastrophe, für die Region schlimmer als die von Tschernobyl dort. Viele Menschen hätte schon der frühe Strahlentod bedroht. Und es wären in Folgejahren extrem viele Strahlenkrebsfälle und andere strahlenbedingte Krankheiten aufgetreten. TMI hätte keinen Graphitbrand gehabt, der bei Tschernobyl 1986 einen Großteil der Radioaktivität in höhere Luftschichten und andere Länder, ja um die halbe Erdkugel verteilte.


3. Bei den Strahlen- und Krankheitsfolgen des TMI-Unfalls gibt es viele Anzeichen für eine große Beschwichtigungs- und Vertuschungskampagne.

Im März 2009 fasste der bekannte Historiker und Journalist Harvey Wassermann einen Teil der Vertuschungsmaßnahmen so zusammen (übersetzt): „In der Tat verbarg der Staat Pennsylvania die Gesundheitsfolgen, einschließlich Entfernung von Krebsfällen aus der öffentlichen Statistik, Abschaffung des staatlichen Tumorregisters, Fehldarstellung der Auswirkungen, die er nicht verstecken konnte (einschließlich einer ersichtlichen Verdreifachung der Kleinkindersterblichkeit im nahen Harrisburg) und vieles mehr.“ Weiter Wassermann: Die US-Bundesregierung habe nichts unternommen, um die Gesundheitsgeschichte der Bewohner der Region zu verfolgen. Die Bevölkerung war auf sich selbst gestellt. Die verlässlichsten Untersuchungen kamen zunächst von den Bürgern selber: Die Eigner von TMI zahlten Bewohnern der Umgebung viele Millionen Dollar außergerichtlich, um Klagen wegen missgebildeter Kinder zum Schweigen zu bringen.


Dr.rer.nat. Georg Löser, Physiker und Biologe,
79194 Gundelfingen im Breisgau, 6. April 2009
 
Eintrag vom: 08.04.2009  




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