Stagnation bei den absoluten Freiburger CO2-Emissionen bzw. leichter Rückgang der CO2-Emissionen pro Einwohner
Neue Zielsetzung beim Klimaschutz geplant: Bis 2030 CO2-Emissionen
um 50 Prozent gesenkt werden - Langfristiges Ziel ist Klimaneutralität bis 2050
Die Klimabilanz zeigt für 2011 gegenüber 2009 einen nahezu
gleichbleibenden Stand der absoluten beziehungsweise einen
leichten Rückgang der spezifischen CO2-Emissionen
(bezogen auf die Einwohnerzahl) auf. Dies ist unter
Berücksichtigung des Bevölkerungswachstums in Freiburg ein
gutes Ergebnis. Damit wird sichtbar, dass die durch
Effizienzsteigerungen und Energieeinsparungen erzielten
CO2-Reduktionen durch das Bevölkerungswachstum quasi
wieder aufgezehrt werden.
Diese Bewertung ist das Ergebnis der aktuellen Freiburger
Klimaschutzbilanz für die Jahre 2010 und 2011, die heute der
Presse vorgestellt wird. Die Verwaltung will die städtischen
Klimaschutzziele fortschreiben und schlägt deshalb dem
Gemeinderat vor, die Reduktion der CO2-Emissionen um 50
Prozent, statt wie bisher 40 Prozent, bis 2030 als aktuelles
Klimaschutzziel für Freiburg zu beschließen. Und bis zum
Jahr 2050 soll Freiburg klimaneutral werden.
Fachliche Leitlinie für die Fortschreibung muss sein, dass das
"2-Grad-Ziel" (Begrenzung des Temperaturanstiegs auf
maximal 2 Grad) weiterhin als internationales Ziel gilt und
erreicht werden muss. Dies erfordert auf allen Ebenen die
entsprechenden politischen Vorgaben und Ziele zu
verschärfen und das konkrete Handeln dazu zu verstärken.
Insbesondere muss der Stillstand bei weltweiten
Klimaschutz-Konferenzen und auf der EU-Ebene überwunden werden,
auf Bundes- und Landesebene sind die Zielsetzungen zum
Klimaschutz zu ergänzen.
„Wir können und wollen diese Klimaschutzziele erreichen!
Aber dies ist für Freiburg nur machbar, wenn wir vom Land,
vom Bund und auch von der EU massiv unterstützt werden“,
betont Oberbürgermeister Dieter Salomon. „Wir und alle
verantwortlichen Handlungsträger müssen heute bereits die
Grundlagen für 2030 und 2050 schaffen“, so Salomon weiter.
„Die neue Zielsetzung erfordert von uns zusätzliche
Anstrengungen, weitere Maßnahmen und auch weitere
Projekte. Um sie realisieren zu können, sollten zusätzliche
Ressourcen zur Verfügung gestellt werden“, so
Umweltbürgermeisterin Gerda Stuchlik.
Die aktuelle Klimabilanz analysiert die
Treibhausgasemissionen und damit auch den
Energieverbrauch in Freiburg in den Jahren 2010 und 2011.
Vor sieben Jahren hatte der Gemeinderat das Klimaschutzziel
beschlossen, die CO2-Emissionen in Freiburg um 40 Prozent
bis 2030 gegenüber dem Basisjahr 1992 zu reduzieren. Alle
zwei Jahre wird vom Umweltschutzamt eine Klimabilanz
vorgelegt. Die letzte Klimabilanz im Juli 2011 wies einen
Rückgang der CO2-Emissionen bis 2009 um 17,1 Prozent
aus.
Die Bilanz für 2010 und 2011 wurde, wie in den Vorjahren,
vom Ifeu-Institut aus Heidelberg ermittelt. In der letzten
Klimabilanz konnten die Zahlen vom Uniklinikum-
Heizkraftwerk nur geschätzt werden; diese wurden aktualisiert
und für 2010 und 2011 liegen nun die tatsächlichen
Verbrauchsdaten vor.
2011 lagen die absoluten CO2-Emissionen mit rund 1,72 Mio.
Tonnen etwa auf dem Stand von 2009 und damit 17,0
Prozent unter dem Basisjahr 1992. Für das Jahr 2010 können
die CO2-Emissionen wegen noch offener Daten
Abgrenzungsprobleme beim Gasverbrauch der Badenova
derzeit nicht abschließend bewertet werden.
Die Pro-Kopf-Emissionen sind 2011 aufgrund des
Bevölkerungswachstums in Freiburg jedoch leicht gesunken.
Ausgehend von 10,7 Tonnen CO2 je Einwohner im Jahr 1992
lagen sie 2011 bei 8,1 Tonnen CO2 je Einwohner. Die CO2-Minderung
pro Kopf liegt damit 2011 bei 24,8 Prozent gegenüber 24,3 Prozent im
Jahr 2009. Trotz des Wachstums der Stadt konnte damit ein
leichter Rückgang der spezifischen CO2-Emissionen erreicht
werden.
Energie:
Der Gesamtverbrauch ist wieder leicht angestiegen. In der
Industrie stieg er weniger stark an als in Haushalten und im
Gewerbe. Die Ursachen für die Sprünge in der Energiebilanz
zwischen den Jahren 2009, 2010 und 2011 - zunächst starker
Anstieg, dann wieder Rückgang - resultieren vor allem aus
den Gasverbrauchsdaten der Badenova, die derzeit nicht
vollständig erklärt werden können.
Wird nur der Energiebereich betrachtet, sind die CO2-
Emissionen von 1992 bis 2011 um 19,3 Prozent
zurückgegangen und damit überproportional im Vergleich
zum Rückgang im Verkehr (dort 8 Prozent). Ursachen sind
vor allem eine gesteigerte Energieeffizienz, besonders im
Bereich der KWK, aber auch Energieeinsparungen. Auch
durch die Umstellung auf emissionsarme Energieträger haben
sich die CO2-Emissionen beim Uniheizkraftwerk in den letzten
Jahren deutlich verringert. Seit 2012 wird dort keine Kohle
mehr verbrannt.
Die beiden Kraftwerke, Uniheizkraftwerk und
Wärmeverbundkraftwerk (WVK) deckten 2011 zusammen 28
Prozent des Freiburger Wärmebedarfs. Der Gutachter geht
davon aus, dass die Effizienz- und Einsparpotenziale in den
beiden Kraftwerken und den jeweiligen Netzen bei weitem
noch nicht ausgeschöpft sind. So sollte aus Sicht des
IFEU-Institutes ein Gesamtkonzept zur Fernwärme in Freiburg
erarbeitet und umgesetzt werden, das unter anderem auch
die Einführung von Fernwärme mit niedrigen Temperaturen
fördert.
Verkehr:
Die gesamten CO2-Emissionen des Verkehrs in Freiburg sind
in den letzten Jahren relativ konstant geblieben; bezogen auf
die wachsende Bevölkerung nahmen die Emissionen pro Kopf
ab. Diese Abnahme dürfte unter anderem auch auf diese
Gründe zurückzuführen sein: im Durchschnitt fahren
emissionsärmere Fahrzeuge, das Auto wird häufiger stehen
gelassen und umweltfreundliche Verkehrsmittel werden
verstärkt genutzt. Dies belegen die seit Jahren kontinuierlich
steigenden Fahrgastzahlen bei der VAG und dem RVF. Beim
Radverkehr ist dies ebenso zu vermuten, wenn auch wegen
Witterungsschwankungen schwer messbar.
Aus diesen Gründen werden derzeit in Freiburg verstärkt
umweltfreundliche Verkehrsmittel ausgebaut. Beim
Stadtbahnnetz ist die Stadtbahnverlängerung Zähringen kurz
vor der Inbetriebnahme, die Stadtbahn Messe ist im Bau und
die Stadtbahn Rotteckring kurz vor Baubeginn. Auch die
Radinfrastruktur wird mit einem ehrgeizigen Ausbauprogramm
kontinuierlich erweitert.
Ausblick:
Die neueste Klimabilanz für Freiburg zeigt, dass die absoluten
CO2-Emissionen in Freiburg seit 1992 insgesamt rückläufig
sind. Allerdings konnte in den letzten beiden Jahren keine
wesentlichen Reduktionen für die wachsende Gesamtstadt
verzeichnet werden. Lediglich die pro-Kopf-Emissionen
nehmen leicht ab.
Die Verwaltung will die städtischen Klimaschutzziele
fortschreiben und schlägt deshalb dem Gemeinderat vor, die
Reduktion der Treibhausgasemissionen um mindestens 50
Prozent bis 2030 als aktuelles Klimaschutzziel für Freiburg
sowie die Klimaneutralität bis 2050 zu beschließen. Diese
neuen städtischen Klimaschutzziele sind sehr ambitioniert.
Um diese Ziele, trotz der aktuellen Stagnation bei der
Reduktion der CO2-Emissionen, zu erreichen, bedarf eines
einerseits eines klaren kommunalpolitischen Willens und
andererseits der Intensivierung der konkreten städtischen
Anstrengungen und Maßnahmen und der Erhöhung der
finanziellen Ressourcen.
Bereits laufende und geplante Projekte:
Unter dem Begriff „Maßnahmenplan Klimaschutz“ koordiniert
und steuert die Verwaltung die einzelnen laufenden Projekte.
Einige Beispiele: Förderprogramm „Energiebewusst
sanieren“, „Green Industry Park als grünes Industriegebiet,
Modellprojekt „Kraftwerk Wiehre“ und „Energiequartier
Haslach“ oder die Umsetzung des „Radkonzepts 2020“.
Einige geplante Projekte: Das neue Verwaltungszentrum an
der Fehrenbachallee als Netto-Plusenergiegebäude, eine
Fernwärmestrategie für ganz Freiburg, das Energiekonzept
Gutleutmatten, der Stadtbahnneubau Messe und der Bau der
„Rad-Vorrang-Routen“.
Um diese hochgesteckten Ziele erreichen zu können, bedarf
es zusätzlicher Ressourcen. Die Verwaltung schlägt vor, dass
Mittel, die aus der Konzessionsabgabe von Badenova für
zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen durch städtische Ämter
und Gesellschaften zur Verfügung gestellt werden, von 10
Prozent auf 20 Prozent erhöht werden.
Die städtische Klimaschutz-Arbeit zeigt Erfolge, sie muss
jedoch weiter intensiviert und in den kommenden Jahren
durch zusätzliche Maßnahmen und Projekte ausgebaut
werden. Die Klimabilanz der folgenden Jahre für Freiburg wird
auf das neue bundesweit einheitliche Berechnungssystem
umgestellt. Frühere Ergebnisse werden entsprechend
angepasst und sollen zukünftig mit anderen Städten
vergleichbar sein.
Für eine nachhaltige Breitenwirkung müssen jedoch
zusätzlich auf Landes- und Bundes- sowie EU-Ebene die
klimapolitischen Weichen ebenfalls richtig gestellt werden.
Diese Unterstützung der kommunalen Anstrengungen ist
zwingend erforderlich, kommunale Vorhaben und
Bemühungen alleine reichen nicht für einen nachhaltigen
Erfolg im Klimaschutz aus. |