WWF: Szenario einer Hafenkooperation zeigt Alternative zur Vertiefung von Elbe und Weser
Hamburg/Berlin – Eine Kooperation der Häfen Hamburg und Bremerhaven mit dem JadeWeserPort würde den Hafenstandort Deutschland im internationalen Wettbewerb stärken und eine erneute Vertiefung von Elbe und Weser für den Containerverkehr überflüssig machen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie im Auftrag des WWF, die ein entsprechendes Szenario für die Zusammenarbeit der norddeutschen Containerhäfen entwickelt hat. „Eine ernsthafte Kooperation der norddeutschen Seehäfen ist eine ökologisch und wirtschaftlich tragfähige Alternative zur Vertiefung von Elbe und Weser“, sagt Beatrice Claus, Naturschutzreferentin des WWF. „Wenn die norddeutschen Häfen nicht länger um dieselben Containerschiffe konkurrieren, wird der Hafenstandort Deutschland gestärkt, die Natur an den Flüssen geschützt und der Steuerzahler entlastet.“ 750 Millionen Euro würden laut Studie bei einem Verzicht auf Vertiefungen von Elbe und Weser frei und könnten zur Sicherung des Hafenstandorts Deutschland u.a. in den Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals investiert werden. Der WWF fordert, den Subventionswettlauf zu beenden und durch eine Zusammenarbeit der norddeutschen Seehäfen zu ersetzen.
JadeWeserPort erste Anlaufstelle im Asienverkehr – statt Rotterdam und Antwerpen
Die Studie sieht vor, den JadeWeserPort, konsequent als zentralen deutschen Transshipmenthafen zu profilieren, also als Umschlagplatz von großen auf kleinere Frachtschiffe. Umfangreiche Kosten- und Zeitanalysen zeigen: Die Reihenfolge, in der Containerschiffe aus Asien europäische Häfen anlaufen, könnte sich verändern – zugunsten der deutschen Seehäfen. Statt wie bislang entweder Rotterdam oder Antwerpen zuerst anzulaufen, wäre es wirtschaftlich attraktiv, den JadeWeserPort zum ersten Löschhafen zu machen. Dieser einzige deutsche Tiefwasserhafen kann zudem Schiffe mit 18 Meter Tiefgang abfertigen. Von der Neupositionierung des JWP als Transshipmenthafen würden mittelfristig alle deutschen Containerhäfen profitieren. Teilentladen, und somit leichter, können auch die weltgrößten Containerschiffe mit weniger Tiefgang Elbe und Weser befahren. Für Europa bestimmte Importcontainer erreichen ihren Empfänger bei einer solchen Weiterfahrt schneller über Hamburg und Bremerhaven als über Rotterdam oder Antwerpen. Ein Feedershuttle zwischen Rotterdam und Hamburg wäre zudem teurer als die Weiterfahrt der teilentladenen Containerriesen nach Hamburg.
Hamburg und Bremerhaven bleiben international bedeutende Containerhäfen
Prognosen stellen einen deutlichen Zuwachs des Containerumschlags für die nächsten zwölf Jahre in Aussicht. Obwohl Hamburg und Bremerhaven in dem Szenario das Transshipmentsegment an den JadeWeserPort abgeben würden, erwartet die Studie für beide Häfen eine positive wirtschaftliche Entwicklung. Ohne Transshipmentgüter würden knappe Hafenflächen frei, so dass Hamburg und Bremerhaven sich verstärkt auf den Umschlag von Containern konzentrieren können, mit denen eine größer Wertschöpfung verbunden ist, etwa über Distributionsdienstleistungen. „Auch ohne Flussvertiefung blieben Hamburg und Bremerhaven im Kooperationsfall international bedeutende Seehäfen“, so Claus. Durch die Zusammenarbeit mit dem JadeWeserPort können Hamburg und Bremerhaven den zukünftigen Tiefgangsrestriktionen für die weltgrößten Containerschiffe begegnen. Eine Anpassung der Fahrwassertiefen in der Elbe an die stetig fortschreitende Schiffsgrößenentwicklung ist schon heute nicht mehr möglich.
„Die Natur würde von einer Kooperation ebenfalls profitieren, denn den Flüssen bliebe ein weiterer Eingriff mit unkalkulierbaren Folgen für das Ökosystem erspart“, so WWF-Expertin Claus. „Auch der Konflikt mit europäischem Naturschutzrecht würde aufgelöst.“ Die Flussmündungen der Elbe und Weser – gleichzeitig die Hafenzufahrten von Hamburg und Bremerhaven – sind auf Grund ihrer hohen ökologischen Bedeutung als europäische Naturschutzgebiete geschützt aber bereits jetzt in einem schlechten ökologischen Zustand.
Zum Hintergrund:
Durch eine Klage der Umweltverbände BUND und NABU, mit Unterstützung des WWF, wurde die geplante Elbvertiefung gestoppt. Nach Einschätzung der Verbände verstoßen die geplanten Vertiefungen von Weser und Elbe gegen die europäische Flora-Fauna-Habitat-, europäische Vogelschutz- und europäische Wasserrahmenrichtlinie und schädigen die Wattenmeernationalparke in Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen. Gegen die Vertiefung der Weser klagt der BUND. Das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Leipzig, das auch die Klage gegen die Elbvertiefung behandelt, wird am 15.Mai eröffnet.
Bereits 2000 hatten die Länder Hamburg, Bremen und Niedersachen einen Kooperationsvertrag unterschrieben und das Ende der Hafenkonkurrenz verkündet. Sie wollten einen deutschen Tiefwasserhafen - den JadeWeserPort – gemeinsam bauen und betreiben. 2002 stieg Hamburg nach Regierungswechsel wieder aus und beantragte die Elbvertiefung. Der Bau des JWP kostete 650 Millionen Euro. Er ging im Herbst 2012 in Betrieb, seit Monaten herrscht dort Kurzarbeit. |